erhöhter Beitrag der Ehefrau

Beitragssätze, Kassenwahlrecht, Versicherungspflicht, SGB V, usw.

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erhöhter Beitrag der Ehefrau

Beitragvon Beamter2007 » 29.05.2009, 08:50

Leider konnte ich im entsprechenden Forum keinen Beitrag dazu schreiben. Ich bin selbst betroffen. Erhöhung auf über 200 Prozent des bisherigen Beitrags. Meines Erachtens ist die Satzung des GKV-Spitzenverbandes rechtswidrig. Sie verstößt gg. die Grundsätze des Großen Senats des Bundessozialgerichts, Beschluss vom 24.6.1985, GS 1/84, bei juris Rn. 64 ff. Dort heißt es nämlich auszugsweise:

„Der Hinweis der Beklagten, auch bei eigenen Einkünften des freiwillig Versicherten würde der Grundlohn nach dem Brutto-Prinzip ohne vorherigen Abzug der Unterhaltsansprüche von Familienangehörigen berechnet, verkennt, daß es hier nicht um Einkünfte iS des § 180 Abs 4 Satz 1 RVO geht, sondern um einen erst aus den Einkünften eines Dritten - des Ehegatten - abgeleiteten Maßstab für einen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des freiwillig Versicherten entsprechenden Grundlohn. Es handelt sich bei der Berücksichtigung von Aufwendungen für anderweitig Unterhaltsberechtigte also nicht um Absetzungen von den Brutto-Einkünften des freiwillig Versicherten, sondern von denen des verdienenden Ehegatten. Erst danach steht der Wert der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Versicherten fest, der seinerseits allerdings - aber erst jetzt - dem Brutto-Prinzip unterfällt. Im übrigen bewirkt dieses Verfahren eine erwünschte Gleichbehandlung des freiwillig versicherten Ehegatten in der intakten Ehe mit dem freiwillig versicherten geschiedenen Ehegatten; denn dessen Unterhaltsrente wird ebenfalls nur unter Berücksichtigung eines Aufwandes des unterhaltspflichtigen Ehegatten für andere Unterhaltsberechtigte (zB Kinder) ermittelt und ist nur in dieser Höhe (insoweit also ‚netto’) der Beitragsmaßstab nach § 180 Abs 4 Satz 1 RVO.“

sowie

„Die Kasse verletzt ihr Regelungsermessen …, wenn sie die aus dem Einkommen des Ehegatten ableitbare wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Versicherten gänzlich ohne Berücksichtigung anderweitiger Belastungen dieses Familieneinkommens bestimmt. Dies gilt insbesondere für den Aufwand des Unterhalts gemeinsamer Kinder. Es liegt zB auf der Hand, daß die Bestimmung des halben Brutto-Einkommens des verdienenden Ehegatten als Grundlohn für den freiwillig versicherten, nicht verdienenden Ehegatten die verbleibende Einkommenshälfte als rechnerischen Basiswert für die Finanzierung der Krankenversicherungen der übrigen Familienmitglieder um so stärker entwertet, je mehr Kinder vorhanden sind. … Bedeutet … das Prinzip des ‚halben Bruttolohnes’ eine steigende Benachteiligung von Familien mit Kindern im Verhältnis zur Kinderzahl, enthält es eine in hohem Maße familienschädliche Wirkung; der GS ist der Auffassung, dass eine solche Handhabung des Ermessensrechts aus § 180 Abs. 4 Satz 3 RVO das besonders für sozialrechtliche Gestaltungen empfindliche Gebot aus Art. 6 GG verletzt, Ehe und Familie zu schützen … Es verstößt nämlich gegen dieses Gebot, wenn wirtschaftliche Nachteile gerade an das Bestehen einer Familie geknüpft sind (BVerfGE 28, 104, 112; 28, 324, 347; 48, 346, 366).

Hinzu kommt eine beträchtlich benachteiligende Behandlung familiärer Sachverhalte der in Rede stehenden Art gegenüber vergleichbaren Sachverhalten bei anderen freiwillig Versicherten. …
Nach Auffassung des GS führt jedenfalls allein der Umstand, daß der freiwillig Versicherte in oder aus einer gescheiterten Ehe günstiger behandelt wird als der freiwillig Versicherte in der intakten Ehe und daraus folgend auch die Belastung durch den Aufwand für unterhaltsberechtigte Kinder entsprechend verringert ist, zu einer nicht mehr sachgerechten (vgl dazu Maunz-Dürig ua, aaO, RdNrn 310 ff zu Art 3) Ungleichbehandlung iS des Art 3 GG. Gerade im Bereich der Ermessensausübung hat aber der Gleichheitssatz eine besondere Bedeutung (vgl Maunz-Dürig ua, aaO, RdNrn 426 ff zu Art 3).“

Ihr sollten deshalb Widerspruch einlegen und Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (adV) stellen. Ich werde ggf. bereits einen adV-Antrag vor dem Sozialgericht Speyer stellen. Verfahren sind kostenlos. Ich bin ohnehin Volljurist. Viel Glück! Hoffentlich wird diese bodenlose Ungerechtigkeit aufgehoben.

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Beitragvon Rossi » 29.05.2009, 17:11

Hm, nicht schlecht Beamter2007; klingt sehr überzeugend.

Aber glaubst Du, dass Du zunächst mit einem Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung durchkommst?

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Aussetzung der Vollziehung

Beitragvon Beamter2007 » 02.06.2009, 10:22

Ich glaube, der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (adV) hat Aussicht auf Erfolg (zumindest vor dem Sozialgericht; die Kasse wird wohl ablehnen). Das Sozialgerichtsgesetz, in dem die adV geregelt ist, enthält eine inhaltsgleiche Vorschrift zur adV in Steuerverfahren (geregelt in der Abgabenordnung, AO). Im Anwendungserlass zur AO ist unter Verweis auf ein Urteil des Bundesfinanzhofs geregelt, dass adV zu gewähren ist, wenn eine Behörde von einer dem Antragsteller günstigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs abweicht. Meines Erachtens gilt das auch hier (entsprechend).

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Beitragvon Rossi » 02.06.2009, 19:42

Dann mal viel Erfolg.

Ich würde Dich bitten, das Ergebnis nachher hier einzustellen!

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Beitragvon Beamter2007 » 19.06.2009, 07:16

Die Kasse hat erwartungsgemäß den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abgeleht und will auch dem Widerspruch nicht abhelfen. Die Kasse hat sich nicht mit den von mir vorgebrachten Argumenten auseinandergesetzt. Sie übernahm größtenteils die Argumente des GKV-Spitzenverbandes.

Nun entscheidet innerhalb der Kasse der Widerspruchsausschuss über meinen Widerspruch. Das Ergebnis dürfte aber bleiben. Nach meinem Urlaub werde ich beim Sozialgericht einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung stellen.

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Beitragvon Rossi » 19.06.2009, 08:18

Vielleicht hat sich das Thema ja schon von selbst erledigt.

Am 18.06.2009 sollte diese Problemtik im Bundestag beraten werden. Man wollte einen zusätzlichen Beitrag für jedes Kind (auch wenn familienversichert) einführen.

Kann natürlich sein, dass die Herrschaften sogar noch parlamentieren.

Die Sitzung sollte gestern um 09:00 Uhr beginnen und lt. Plan um 02:00 Uhr enden. Wer weiss, wie lange dort gekaspert wird.

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Beitragvon Beamter2007 » 19.06.2009, 16:58

Meinst Du, der Änderungsantrag von CDU und SPD, wonach Kinder wieder zu berücksichtigen sind (siehe Thread: "Erheblich erhöhter Beitrag der Ehefrau"), ging durch? Woher hast Du Deine Informationen (gibt es eine aussagekräftige Website)?

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Beitragvon Rossi » 19.06.2009, 17:08

Hier hast Du das Protokoll der Megasitzung; ich habe es noch nicht durchforstet.

http://dip21.bundestag.de/dip21/btp/16/16227.pdf

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Beitragvon Rossi » 20.06.2009, 00:25

Also, das Protokoll hilft nicht viel weiter. Es wird auf gewisse BT-DRS verwiesen. Aber was steht so alles in diesen BT-DRS drinne?

Aber nur mal so von der Logik her. Bei dem neuen Freibetrag handelte es sich um einen Änderungsantrag der CDU/CSU und der SPD in den Ausschüßen.

Bekanntlich haben diese beiden Fraktionen die Mehrheit; ergo warum sollte der Änderungsantrag nicht durchgegangen sein?

Wir werden die Erleuchtung bekommen, wenn die Klamotte im BGBL veröffentlicht wird!

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Beitragvon Beamter2007 » 28.06.2009, 00:18

habe auch nichts entdecken können. ich hoffe nur, die große koalition hat sich nicht vom gkv-spitzenverband umstimmen lassen...

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Beitragvon kritti » 14.07.2009, 04:47

Mich hat es auch voll erwischt. Klassische Konstellation: Ich bin privat versichert, unsere beiden Kinder daher ebenfalls. Meine Frau ist in der Kasse (BKK) und hatte bislang den sogenannten "Hausfrauentarif". Mein Einkommen wurde nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze angerechnet, dann fuer die Kinder ein Freibetrag abgezogen. Seit Anfang des Jahres wird mein volles Gehalt angesetzt sowie der Beitragssatz vereinheitlicht. Ergebnis: Verdoppelung des GKV-Beitrages fuer meine Frau auf 320 Euro. Da gleichzeitig meine PKV (Allianz) mal eben den Beitrag um 10% angehoben hat, zahle ich jetzt ca. 240 Euro/Monat mehr. Erstaunlicherweise findet man im Internet kaum Beitraege hierzu. Ich haette hier einen Zehntausendfachen Aufschrei der Empoerung erwartet.

Kennt irgend jemand inzwishen einen Ausweg aus der Misere? Ich empfind in der aktuellen wirtschaftlichen Situation 150 Euro pro Monat als ausserst schmerzhaft. Gibt es schon aktuelle Urteile?

Gruss

Christian

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Beitragvon Czauderna » 14.07.2009, 06:57

Hallo,

nein, bisher sind mir zumindest keine bekannt, was allerdings nix heissen muss.

Wenn man aber bedenkt dass diese Vorschrift erst seit dem 01.01.2009 in Kraft ist und dann die Schnelligkeit unserer Justiz kennt und es sich um einen Grundsatz, gültig für alle Kassen handelt, dann wird das auch etwas dauern.

In solchen Fällen wäre es angeraten ggf. gegen die Einstufung Widerspruch einzulegen und die Widerspruchsbearbeitung bis zu rechtlichen Klärung aussetzen zu lassen - dann hat man nichts versäumt - zahlen muss man aber trotzdem den höheren Beitrag.

Man kann natürlich auch selbst klagen, sollte sich aber vorher auf jeden Fall fachanwaltlich beraten lassen.

Gruß

Czauderna

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Beitragvon Beamter2007 » 31.07.2009, 07:52

Das neue Gesetz (15. AMG-Novelle) ist zwar soweit ich weiß noch nicht im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und damit noch nicht in kraft. Allerdings habe ich bereits gestern ein Schreiben von der Kasse meiner Frau bekommen, wonach nach dem neuen Gesetz Kinderfreibeträge in Höhe von einem Fünftel der monatlichen Bezugsgröße für familienversicherte Kinder wieder zu berücksichtigen sind und ich deshalb in den nächsten Tagen einen neuen Bescheid erhielte. Zuviel gezahlte Beiträge würden zurückerstattet. Da bin ich mal gespannt!

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Beitragvon Czauderna » 31.07.2009, 08:16

Hallo

5) Soweit bei der Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder das Einkommen von Ehegatten oder Lebenspartnern nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz, die nicht einer Krankenkasse nach § 4 Absatz 2 angehören, berücksichtigt wird, ist von diesem Einkommen für jedes gemeinsame unterhaltsberechtigte Kind, für das eine Familienversicherung wegen der Regelung des § 10 Absatz 3 nicht besteht, ein Betrag in Höhe von einem Drittel der monatlichen Bezugsgröße, für nach § 10 versicherte Kinder ein Betrag in Höhe von einem Fünftel der monatlichen Bezugsgröße abzusetzen

1/3 = 840,00 €

1/5 = 504,00 € (2009)

So wird es im Gesetz stehen !!

Gruß

Czauderna

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Beitragvon Rossi » 31.07.2009, 08:38

Es steht schon drinne, Veröffentlichung am 22.07.2009

Guckt ihr hier: http://www.aus-portal.de/aktuell/gesetze/media/BGBl._Arzneimittelrechtliche_Vorschr.pdf

Seite 28


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