Mit über 55 Jahren zurück in die GKV?

Beitragssätze, Kassenwahlrecht, Versicherungspflicht, SGB V, usw.

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Steier
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Mit über 55 Jahren zurück in die GKV?

Beitragvon Steier » 12.01.2009, 01:20

Hallo, es betrifft meinen Vater:
Er ist selbstständig mit geringem Einkommen und im Sommer 2000 wegen 2 nichtgezahlten Monatsbeiträgen mit 57 Jahren aus der gesetzlichen Krankenkasse rausgeflogen. Seitdem unversichert, seit Sommer 2008 bezieht er eine kaum nennenswerte Rente und ist immer noch selbstständig.

Ich hatte Ende Dezember beim Bürgertelefon des Gesundheitsministeriums angerufen, die sagten mir, das die gesetzliche ihn nach SGB 5 §5 Abs. 1 Nr. 13 wieder als freiwilliges Mitglied aufnehmen müssten, er müsse "nur" die Beiträge ab 01.04.2007 nachzahlen - stimmt das so - obwohl er über 55 ist?

Oder bleibt ihm nur der Basistarif in der PKV, nach allem, was ich jetzt im Internet gefunden habe, scheint es so zu sein, also, das die Rückkehr in die GKV unmöglich ist ?!

Bitte, die Frage mag sich für die Experten hier naiv anhören... ich verstehe gerade garnichts mehr... :(

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Beitragvon Rossi » 12.01.2009, 07:43

Jooh, die Auskunft ist richtig.

Da Vati zuletzt gesetzlich versichert war (Sommer 2000) ist er ab dem 01.04.2007 in dem Heimathafen der gesetzlichen Kv versicherungspflichtig.

Die Hürde des § 6 Abs. 3 a SGB V (über 55 jährige) gilt hier nicht!

Aber damit muss er leider Gottes auch die Beiträge ab dem 01.04.2007 nachlöhnen.

Steier
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Beitragvon Steier » 12.01.2009, 11:11

Vielen Dank! Ich war schon fast überzeugt, das die Auskunft falsch war... hoffentlich stellt sich die Krankenkasse nicht quer.

Ich bin seit Jahren in Panik, das irgendetwas passiert, er hat das Risiko des Nicht-versichert-seins nie richtig erfasst... kurz nach der Gesundheitsreform hatte ich von verschiedenen Stellen (auch von seiner alten Krankenkasse) die Auskunft bekommen, das er nur in die PKV gehen könne - der Basistarif wäre der endgültige Ruin gewesen, den verminderten Beitrag für die gesetzliche und die Nachzahlung werden wir hoffentlich irgendwie aufbringen können.

Wie sieht das aus, nachzahlen muss er die Beiträge ja so oder so - hat er auch schon vor der vollständigen Nachzahlung Anspruch auf Leistungen? Oder können die sich bis zur vollständigen Nachzahlung sperren!? Er müsste dringend zum Zahnarzt...

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Beitragvon JarvisCocker » 12.01.2009, 14:41

Steier hat geschrieben:Wie sieht das aus, nachzahlen muss er die Beiträge ja so oder so - hat er auch schon vor der vollständigen Nachzahlung Anspruch auf Leistungen? Oder können die sich bis zur vollständigen Nachzahlung sperren!? Er müsste dringend zum Zahnarzt...


Ja er hat Anspruch auf die Leistungen !

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Beitragvon Steier » 12.01.2009, 16:46

Heute mittag hatte ich ein längeres Telefongespräch mit einem Sachbearbeiter der DAK, der sagte mir, das Sie (die DAK) mittlerweile sogar wieder Mitglieder wegen Nichtzahlung der Beiträge kündigen würden (widerspricht das nicht völlig der Versicherungspflicht?!), und wenn Sie meinen Vater überhaupt wieder aufnehmen würden - das sei wegen des langen Zeitraums des Nichtversichertseins erstmal abzuklären - müsse er auf jeden Fall sofort die Beiträge nachzahlen, vorher bestände keine Leistungspflicht :!:

Dazu kommt auch noch, das es wohl nicht zum ermässigten Satz ginge, dafür müsse er nicht nur sein Einkommen mit Einkommenssteuererklärung und Rentenbescheid offenlegen, sondern sämtliche Vermögensverhältnisse... das wird noch richtig problematisch, nicht, weil er so viel Vermögen hat, aber das, was er hat, bringt auch durch Verkauf kaum was ein, ein Verkauf wird längere Zeit in Anspruch nehmen - abgesehen davon, das es seine einzige Einkommensmöglichkeit ist, eine kleine Werkstatt - und die Besitzverhältnisse sind auch noch durch eine Erbengemeinschaft kompliziert.

Am Ende - nach Verbrauch des Verkaufserlös, ohne weitere Einkommensmöglichkeit - muß er dann Grundsicherung beantragen.
Die Perspektive ist übel, aber es gibt wohl keine Alternativen... ich war selbst das ganze letzte Jahr schwer krank (sonst hätte ich mich früher weiter um die ganze Angelegenheit gekümmert) und bin erst seit kurzem wieder auf Arbeitssuche, kann ihn also auch nicht finanziell unterstützen. Mir ist gerade echt zum heulen zumute...

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Beitragvon Czauderna » 12.01.2009, 19:18

Hallo,
das mit der Kündigung bei Nichtzahlung der Beiträge stimmt nicht !!!
Zum Rest enthalte ich mich eines Kommentars.
Gruß
Czauderna

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Beitragvon Rossi » 12.01.2009, 23:29

Nun denn, die Auskunft der Kv ist sehr creativ und abenteuerlich.

Kündigung der Pflichtversicherung?! Ich falle gerade rückwärts vom Stuhl. Finde ich im SGB V nicht; vielleicht hat die creative Krankenkasse ein anderes SGB V als ich.

Aber ziehe doch einen Schlußstrich. Es wird vermutlich eh darauf hinaus laufen, dass Vati Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII beantragen muss.

Wenn er die Leistungen dann tatsächlich erhält, dann ist Feierabend mit der Leistungseinschränkung aufgrund des Beitragsrückstandes.

D. h., er hat bspw. 5.000,00 Euro Beitragsrückstand, kann sie nicht zahlen und beantragt dann Leistungen nach dem SGB XII. In dieser Konstellation - sobald er die Leistungen nach dem SGB XII erhält - bekommt er wieder das volle Leistungspaket der GKV. Auch wenn es der GKV nicht schmeckt. So ist es eben!!

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Beitragvon Steier » 13.01.2009, 02:04

Schlaflosigkeit :? :(
Morgen (heute...) rufe ich beim Sozialamt an und versuche mit denen zu klären, wie die die Sache sehen - im SGB XII steht was von unzumutbaren Härten bei der Vermögensverwertung:
"SGB XII, §90, Einzusetzendes Vermögen:
5. von Gegenständen, die zur Aufnahme oder Fortsetzung der Berufsausbildung oder der Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind

Die Notlage entsteht durch die Nachzahlung und die Höhe der Beiträge, wenn er nicht zum ermässigten Beitragssatz reinkommt.
Er hat es bisher immer noch so eben geschafft, sich über Wasser zu halten, seine Rente würde den ermässigten Beitragssatz fast abdecken.

Die Alternative ist zu vernichtend, wenn er dazu verurteilt wird, nur noch zu Hause zu sitzen und von Grundsicherung zu leben, alles aufzugeben, ist er todunglücklich... ich würde ihm das gern noch irgendwie ersparen, auch wenn es irgendwann doch dazu kommen sollte - noch kann und will er arbeiten.

Mir ist heute noch eine andere Konstellation durch den Kopf gegangen, die aber voraussetzt, das ich schnell Arbeit finde- wenn ich sein Gewerbe als Nebenerwerb übernehmen würde, er die Selbstständigkeit so aufgibt, dann müssten sie ihn doch zum freiwilligen Mindestbeitrag nehmen - derzeit 125 Euro + Pflegeversicherung, und er könnte als mithelfendes Familienmitglied (offiziell in begrenztem Rahmen) trotzdem weiter arbeiten, oder sehe ich das falsch?

Für mich ergäbe sich in dem Fall die gesamte Abgabenlast, das unternehmerische Risiko, ich bin derzeit auch nicht voll erwerbsfähig (kann nicht in meinem erlernten Beruf arbeiten), es wird bei mir auf einen schlecht bezahlten Callcenterjob rauslaufen. Dann bleibt auch immer noch seine Nachzahlung von je nach Beitragssatz ca. 4000 - 6000 Euro, und ich dürfte auf keinen Fall je wieder krank werden und/oder die Arbeit verlieren. Bei erneuter Erkrankung und Arbeitslosigkeit wäre ich dann gegenüber dem Arbeitsamt (derzeit Hartz IV) auf verlorenem Posten und stände selbst vor dem Problem, wie ich mich versichere... alles unrealistisch und unausgegoren :(.
Ich muß wieder ins Bett, unausgeschlafen wird das sonst heute nichts...


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