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Pflichtversicherung gem. § 5 Abs. 1 Nr. 13
Verfasst: 08.03.2010, 15:33
von PKL
Hallo zusammen,
folgender Sachverhalt:
Eine Person befindet sich am 08.10. in stationärer Behandlung in einem Krankenhaus. Bis zum 30.09. bestand Versicherungspflicht kraft Gesetz gem. § 5 SGB V. Die besagte Person ist zwischenzeitlich nicht mehr auffindbar. Eine Kündigungserklärung hat die besagte Person gegenüber der bisherigen Krankenkasse nicht vorgenommen. Somit kann eine andere Krankenkasse die besagte Person nicht krankenversichern, da keine Kündigungsbestätigung vorgelegt werden kann bei der neuen Kasse.
Frage: Hat nun der Leistungserbringer einen Vergütungsanspruch gegenüber der bisherigen Krankenkasse aus § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V i. V. m. § 175 Abs. 2 Satz 2 SGb V. Die Krankenkasse sagt NEIN.
Was meint ihr dazu...
Gruß
PKL
Verfasst: 08.03.2010, 19:05
von heinrich
Jetzt würde mich zunächst mal interessieren, in welcher Funktion Du hier schreibst.
Bist Du vom Krankenhaus, welches nicht weiß wie es die Kohle einfahren soll und will hier "hintenrum" von Krankenkassenmitarbeitern erfahren, wie es doch noch funktionieren soll.
Verfasst: 08.03.2010, 21:29
von ratte1
Hallo,
eine Versicherung nach § 5/1/13 SGB V setzt voraus, dass eine Erklärung des Versicherten vorliegt. Ohne eine solche Erklärung darf keine gesetzliche KK eine Zwangsversicherung kraft Gesetzes durchführen.
Die Versicherung nach § 5/1/13 SGB muss nicht mit Kündigung beendet werden, vielmehr reicht hier die Vorlage eines anderweitigen Krankenversicherungsschutzes aus.
Zusammenfassend: Die KK hat Recht.
MfG
ratte1
Verfasst: 08.03.2010, 23:58
von Rossi
eine Versicherung nach § 5/1/13 SGB V setzt voraus, dass eine Erklärung des Versicherten vorliegt. Ohne eine solche Erklärung darf keine gesetzliche KK eine Zwangsversicherung kraft Gesetzes durchführen.
Hm, woher kommt diese Bauernweißheit?
Etwa aus § 186 Abs. 11 SGB V, weil dort etwas von einer Anzeige steht?
Die ersten LSG-Verfahren hauen diese Klamotte Gott sei Dank den Kassen schon um die Ohren.
Es kommt auf den Gesamtfall an!
Für mich ist egal, aus welcher Eigenschaft der Poster hier schreibt.
In der hier eingestellten Konstellation gibt es im Ansatz keinen Anhaltspunkt, dass der Kunde vielleicht privat versichert war. Er war zuletzt gesetzlich versichert und ist somit kraft Gesetzes bei der letzten Kasse versicherungspflichtig nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V.
Der Posters scheint wohl aus dem Bereich des Sozialamtes zu kommen und hat einen Nothelferantrag auf dem Tisch.
Mein Tipp, lass Dich vom Krankenhaus verklagen und lasse die Kasse beiladen.
Im Aachener-Raum sind in dieser Konstellation dann auch zwei Kassen verdonnert worden die Kosten für den Krankenhausaufenthalt zu übernehmen und der Sozialhilfeträger war raus.
Der Sozialhilfeträger war mal der Kostenausfallbürge für solche Klamotten, aber jenes ist vorbei!
Kraft Gesetzes heißt für mich, wenn die Voraussetzungen für die Versicherungspflicht vorliegen. Entweder liegen sie vor, oder sie liegen nicht vor. Das hat mit einer Anzeige nicht viel zu tun. Zudem gibt es den Grundsatz der Amtsermittlung!
Verfasst: 09.03.2010, 00:19
von Rossi
Aha, ich sehe gerade woher Du kommst. Du bist bei einer Klinik tätig.
Für die Zukunft rate ich Dir dringend, stelle nicht nur beim Sozialamt den Nothelferantrag. Packe Dir in der Schubalde auch den Formularsatz zur Anzeige der Versicherungspflicht gem. § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V. Du brauchst nur einer Unterschrift des Patienten, dass er bei der Kasse X zuletzt versichert war, dann ist Ruhe im Karton. Das Teil hast Du in 2 Minuten ausgefüllt und Du bekommst die Kosten für den Krankenhausaufenthalt. Du musst Dir einfach hinter die Ohren schreiben, dass der Sozialhilfeträger nicht mehr der Ausfallbürge ist.
Woher die Beiträge für diese Versicherung kommen, interessiert keinen. Auch bei fetten Beitragsrückständen (dein Kunde löhnt nicht) bekommst Du die Krankhausbehandlungskosten im Notfall (und jenes sind die meisten Fälle) ersetzt.
Die ganze Klamotte ist nicht meine Erfindung, sondern die Ziele des GKV-WSG. Dort wird nämlich festgehalten, dass Deutschland ein moderner Sozialstaat ist, indem niemand durch die Gegend rennt, der nicht abgesichert ist.
An diesem Absicherungssystem nimmt Gott sei Dank überwiegend der Sozialhilfeträger für solche Klamotten nicht mehr teil.
Gleichwohl denken die Kassen teilweise noch anders, aber die Rechtsprechung sieht es anders.
Wenn Du mehr wissen willst, dann musst Du an einem Spezialseminar (dauert min. 2 Tage) teilnehmen, wo die ablehnende Haltung der Kassen thematisiert wird.
@sorry Heinrich; es geht hier um das matierelle Recht und nicht um Deine Dollarzeichen in den persönlichen Augen!
Verfasst: 09.03.2010, 00:35
von Czauderna
Hallo,
ich sehe das eher etwas einfacher - für mich ist die alte Kasse zuständig, denn selbst wenn der 13er nicht greifen würde, muesste die alte Kasse den nachgehenden Leistungsanspruch prüfen, oder sehe ich das falsch ??
Mich würde aber auch mal interessieren wie der Fragesteller auf eine zweite Kasse kommt wenn doch der Patient abhanden gekommen ist.
Gruß
Czauderna
Re: Pflichtversicherung gem. § 5 Abs. 1 Nr. 13
Verfasst: 09.03.2010, 07:54
von ratte1
Hallo Rossi,
hallo Czauderna,
wie passen diese Antworten
Rossi hat geschrieben:Du brauchst nur einer Unterschrift des Patienten, dass er bei der Kasse X zuletzt versichert war..
Czauderna hat geschrieben:muesste die alte Kasse den nachgehenden Leistungsanspruch prüfen,
hierzu
PKL hat geschrieben:Die besagte Person ist zwischenzeitlich nicht mehr auffindbar.
???
Gruß
ratte1
Verfasst: 09.03.2010, 07:54
von PKL
Hallo zusammen,
zunächst mal DANKE für die zahlreichen Antworten. Und ja ich gebe es zu, ich erhalte meine Brötchen von einer Klinik. Ich denke aber, dass eine sachliche Diskusion zu diesem Thema trotzdem stattfinden kann.
Ich habe mich evtl. bei meiner Fragestellung etwas unklar ausgedrückt. Es gibt keine zweite Kasse. Der Versicherungsschutz endete einfach aufgrund einer Abmeldung eines Sozialleistungsträgers. Der Patient ist zwischenzeitlich ohne festen Wohnsitz. Leider kommt es bei uns sehr häufig vor, dass Patienten stundenweise behandlet werden müssen und anschließend die Kostenträgerfrage im Raum steht. Die Sozialämter verweisen auf 5/1/13 SGB V. Die Kostenräger verweisen dann an dieser Stelle auf den fehlenden Antrag. Die Antworten hier im Forum bestätigen jedoch überwiegend auch meine Rechtsauffassung.
Da ich hier Rechtssicherheit benötige trage ich mich mit dem Gedanken so einen Fall mal einzuklagen.
Ich habe schon ein weinig gegoogelt zu dem Thema. Ein Urteil zu diesem Thema konnte ich allerdings nicht finden. Kennt jemand Urteile zu solch gelagerten Fällen? Für einen Link wäre ich dankbar.
Gruß
PKL
Verfasst: 10.03.2010, 12:03
von husch
Hallo PKL,
eine der von Rossi in Beitrag #4 genannten Entscheidungen ist mir aus JURIS bekannt (SG Aachen, Urteil vom 24.11.2009, S 20 SO 95/08 ). Im Zusammenhang mit Deinen Fragen finden sich dazu folgende schöne Zitate:
"Der Mitgliedschaft des ... vom 09.08.2007 bis 16.03.2008 bei der Beigeladenen [GKV] steht nicht entgegen, dass ... dort weder einen Antrag noch eine Anzeige zur Mitgliedschaft gem. § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V gestellt hat. Die Bürgerversicherung ist keine Antragsversicherung. Ein Antrag bzw. eine Anzeige (vgl. § 186 Abs. 1 Satz 4 SGB V) ist ledgilich auf deklaratorische Feststellung der Versicherungspflicht gerichtet, löst die Amtsermittlungspflicht der angegangenen Krankenkasse gem. § 20 SGB X aus und mündet in eine Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens der Versicherungspflicht. Die Versicherungspflicht selbst entsteht kraft Gesetzes..."
"Im Regelfall wird sich der für die Feststellung der Versicherungspflicht entscheidungserhebliche Sachverhalt vor allem durch Mitwirkung des Versicherten klären lassen. Fall dies aber nicht möglich ist, insbesondere deshalb, weil - wie im hier vorliegenden Fall - die betreffende Person bereits verstorben ist und andere Beweismittel nicht zur Verfügung stehen, muss die Versicherungspflicht und/oder die zuständige Krankenkasse allein anhand der bekannten Umstände festgestellt werden."
Die in Beitrag #3 als erforderlich erachtete "Erklärung des Versicherten" ist damit lediglich Wunschdenken der GKV.
Verfasst: 10.03.2010, 20:48
von ratte1
husch hat geschrieben:Die in Beitrag #3 als erforderlich erachtete "Erklärung des Versicherten" ist damit lediglich Wunschdenken der GKV.
Vielleicht habe ich es etwas verkürzt dargestellt, ein Wunschdenken von wem auch immer, war damit jedenfalls nicht verknüpft.
Fakt ist, dass das Bundesgesundheitsministerium 2008 die gesetzlichen KK verpflichtet hat, im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes festzustellen, ob eine Versicherungspflicht besteht. Eine Erklärung des Versicherten ist hierfür - da haben Rossi und husch Recht - nicht zwingend erforderlich.
Jedoch hat das BM Gesundheit festgestellt:
Kann die Krankenkasse mangels Mitwirkung des Versicherten den entscheidungserheblichen Sachverhalt nicht klären, gelten die allgemeinen Beweislastregeln. Danach kann die Versicherungspflicht nicht angenommen oder möglicherweise gar unterstellt werden.
MfG
ratte1
mit sChreiben vom 17.0ministeriumIch habe
Verfasst: 11.03.2010, 11:43
von husch
Hallo ratte1,
die Ansicht des BM Gesundheit wurde in der von mir genannten Entscheidung (SG Aachen, Urteil vom 24.11.2009, S 20 SO 95/08 ) vom Sozialgericht nicht geteilt. Dort wurde über einen Fall entschieden, in welchem die letzte gesetzliche Krankenversicherung in 04/1958 (!) bestand. Die beklagte Krankenkasse versuchte, mit allen möglichen Argumenten ("später bei anderer GKV oder privat versichert", "freiwillige KV bei anderer Kasse") Zweifel daran zu erwecken, dass sie die nach 5/1/13 SGB V zuständige Kasse war. Das Sozialgericht bügelte diese Einwände ab ("keine Anhaltspunkte vorhanden", "Spekulationen", "Mutmaßungen") und kam zu folgendem Schluss:
"Da nichts anderes bekannt ist und unter Ausschöpfung zumutbarer Ermittlungsmöglichkeiten auch nicht ermittelt werden kann, steht fest, dass ... vor dem 09.08.2007 zuletzt vom 06.01. bis 03.04.1958 bei der Knappschaft gesetzlich krankenversichert war."
Verfasst: 11.03.2010, 14:17
von PKL
Jedoch hat das BM Gesundheit festgestellt:
Kann die Krankenkasse mangels Mitwirkung des Versicherten den entscheidungserheblichen Sachverhalt nicht klären, gelten die allgemeinen Beweislastregeln. Danach kann die Versicherungspflicht nicht angenommen oder möglicherweise gar unterstellt werden.
Das bedeutet aber dann im Umkehrschluss: Wenn der Krankenkasse alle Fakten vorliegen bzw. wenn diese zu ermitteln sind, dann ist die Pflichtversicherung nach 5/1/13 SGB V vorzunehmen. Und zwar mit oder ohne Mitwirkung des Versicherten.
Gruß
PKL
Verfasst: 11.03.2010, 16:28
von ratte1
PKL hat geschrieben:Jedoch hat das BM Gesundheit festgestellt:
Kann die Krankenkasse mangels Mitwirkung des Versicherten den entscheidungserheblichen Sachverhalt nicht klären, gelten die allgemeinen Beweislastregeln. Danach kann die Versicherungspflicht nicht angenommen oder möglicherweise gar unterstellt werden.
Das bedeutet aber dann im Umkehrschluss: Wenn der Krankenkasse alle Fakten vorliegen bzw. wenn diese zu ermitteln sind, dann ist die Pflichtversicherung nach 5/1/13 SGB V vorzunehmen. Und zwar mit oder ohne Mitwirkung des Versicherten.
Gruß
PKL
Die Frage ist nur, wie soll die KK an alle entscheidenden Fakten kommen soll, wenn der Versicherte nicht aufzutreiben ist. Er könnte ja zwischenzeitlich seinen Wohnsitz im Ausland genommen haben, sich privat krankenversichert haben, geheiratet haben und gemäß § 10 SGB V familienversichert sein u.s.w. In all den vorgenannten Fällen würde die Versicherung nach § 5/1/13 SGB V nicht zustande kommen.
Es gibt auch noch keine gesicherte Rechtsprechung. Das Urteil eines einzelnen Sozialgerichtes reicht für diese Annahme jedenfalls nicht aus.
MfG
ratte1
Verfasst: 11.03.2010, 21:08
von Rossi
jooh ratte1
Es gibt auch noch keine gesicherte Rechtsprechung. Das Urteil eines einzelnen Sozialgerichtes reicht für diese Annahme jedenfalls nicht aus.
Diese Aussage kennen all diejenigen, die Tag für Tag gegen die Kassen kämpfen und versuchen sich gegen die Abwehrhaltung zu wehren.
Meines Erachtens muss es genau umdrehen. Wenn nicht anderes als eine zuletzt gesetzliche Versicherung bekannt ist, dann hat die Krankenkasse es durchzuführen. Sie kann natürlich das Gegenteil beweisen, indem sie selber ermittelt und genau das Gegenteil beweist, nämlich dass der Kunde zuletzt privat versichert war.
Ich bin mir aber jetzt schon sicher, die Kassen werden die Klamotte wieder bis zum BSG peitschen und dort vermutlich wieden den Bach hinunter gehen.
Genauso, wie sie mit der Publizitätswirkung von Gesezten und der Ermäßigung nach § 186 Abs. 11 SGB V den Bach hinunter gehen werden.
Verfasst: 11.03.2010, 21:15
von Rossi
@PKL
Ich kann Dir nur empfehlen, schlabbere Dir beiliegendes Rundschreiben der Spitzenverbände der Krankenkasse herunter.
In der Anlage 1 findest Du den Formularsatz für die Anzeige zur Versicherungspflicht. Es ist nur 1 schlappe Seite, die man mit dem Patienten in 5 Minuten ausgeüllt hat. Dann noch einer Unterschrift und ab zur letzten Kasse.
Dann ist nämlich Ruhe im Karton und es kommen keine Spekulationen mehr auf, dass man im Ausland gewesen ist, oder 3 x geheiratet hat und deswegen evtl. familienversichert hätte sein können. Die Diskussion ersticken dann im Keim und rückt die evtl. Argumente der Kasse in dunkeles Jenseits.
Du bekommst Deine Kohle für den Patienten. Woher die Beiträge für diese Versicherung kommen, interessiert dem Grunde nach keinen Bagger. Selbst bei 10.000,00 Euro Beitragsrückstand bekommt das Krankenhaus für Notfallbehandlungen etc. die Kosten ersetzt!
Wir sind in einem modernen Sozialstaat, dort soll jeder abgesichert sein. Jenes ist nicht meine Erfindung, sondern die Erfindung der von uns gewählten Volksvertreter.
http://www.aok-business.de/rundschreiben/pdf/rds_20070320-5Abs1Nr13SGBV.pdf