Seit 08/2008 ohne KK und nun ALGII, was kommt auf mich zu?

Beitragssätze, Kassenwahlrecht, Versicherungspflicht, SGB V, usw.

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Dipling
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Beitragvon Dipling » 27.05.2010, 19:01

Gibt es einen triftigen Grund dafür, warum die GKV ehemals privat Versicherte und nunmehr nichtversicherte ALG2-Bezieher trotz eindeutigen Gesetzestextes nicht aufnehmen will? Weil diese im Durchschnitt vermutlich bei schlechterer Gesundheit sind und daher mutmaßlich höhere Kosten verursachen?

Sicher sind die Beitragszahlungen der ARGE relativ gering, aber das Geld geht ohnehin erst mal in den großen Topf (Gesundheitsfonds), das kann der einzelnen Krankenkasse unter dem Gesichtspunkt der Beitragseinnahmen also egal sein.

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Beitragvon Rossi » 29.05.2010, 21:43

Jooh, ist auch besser, dass die Kunden wieder in der Solidargemeinschaft landen. So werden sie zumindest in der priv. Kv. auch nicht in die staatlich verordnete Schuldenfalle gedrängt!

Nicht nur die Schuldenfalle, sondern auch die Vorbeugung vor den fetten Strafzuschlägen!

Daher kann ich nach wie vor allen Betroffenen nur raten, nutzt dieses Schlupfloch aus.

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Beitragvon Rossi » 29.05.2010, 23:48

Gibt es einen triftigen Grund dafür, warum die GKV ehemals privat Versicherte und nunmehr nichtversicherte ALG2-Bezieher trotz eindeutigen Gesetzestextes nicht aufnehmen will?


Na ja, einmal würde ich es als sog. Scheuklappenblick betrachten. Wenn es der Kasse nicht schmeckt, dann wird es abgelehnt. Ist zumindest meine Erfahrung.

Darüber hinaus sollte man beachten, dass es in der Regel Kunden sind, die sich schütteln. Hm, was heißt das jetzt. Diese Kunden sind schon aus der priv. Kv. herausgeflogen, weil sie nicht bezahlt haben.

Vorübergehend bekommen sie nunmehr ALG II. Wenn Sie dann hierdurch wieder Mitglied der Solidargemeinschaft werden, kann es sein, dass sie nach dem Ausscheiden aus dem ALG II-Bezug wieder nicht zahlen werden. Und dann hat die Solidargemeinschaft wieder ein faules Ei im Netz!

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Beitragvon Vergil09owl » 30.05.2010, 16:12

Mag sein, ist im Zeiwfelsfall eh nur denn wieder eine negiatve Deckungsbeitragsrechnung, warum sollte das man denn nehmen, einmal PKV immer PKV, eine Entscheidung die getroffen wurde sollt in aller Konzequenz denn aus gelebt werden.
Eigenverantwortung ist gefragt.
Wenn die PKV schon für alle offen sein sollte, denn muß die Politk gefälligst auch dafür sorgen das § 5 Abs . Nr .13 auch gelebt wird,, ansosnten ist alles wisch waschi.
Oder nan hat denn die Wahl und kann ohne Bedingungen wechseln.
Das heißt denn natürlich auch wer nicht zahlt flieggt raus und kriegt nix oder geht zum Sozialamt und stellt einen antrag auf Koostenübernahm,e, das Lebensit so isses und nich wünsch dir was.

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Beitragvon Rossi » 30.05.2010, 21:40

Tja,

Wenn die PKV schon für alle offen sein sollte, denn muß die Politk gefälligst auch dafür sorgen das § 5 Abs . Nr .13 auch gelebt wird,, ansosnten ist alles wisch waschi.


Aha, die Politik hat eindeutige Regelungen getroffen, die leider nicht dem Wunschdenken der Kassen entspricht.

Für mich ist das offenbar sogar gewollt.

Warum benutzt der liebe Gesetzgeber bei § 5 Abs. 1 Nr. 13 a SGB V den Begriff "zuletzt" und bei § 5 Abs. 5a SGB V hingegen "unmittelbar"?

Es wäre doch ein leichtes gewesen, auch in § 5 Abs. 5a SGB V den Begriff "wer zuletzt privat versichert war" einzubauen. Beide Vorschriften wurden mit dem GKV-WSG zeitgleich geschaffen.

Nicht nur der Wortlaut des § 5 Abs. 5a SGB V als auch der Wille des lieben Gesetzgebers dürfte dann wohl klar sein. Man wollte hier absichtlich eine Unterscheidung!

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Beitragvon Vergil09owl » 31.05.2010, 22:03

zuletzt und unmittelbar, da läßt sich so herrlich darüber streiten.
Unmittelbar = direkt
Zuletzt, als letztes davor.

Was soll ich denn jetzt den Willen des Gesetzes erkennen?

Hm taja was will man denn jetzt dazu sagen.

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Beitragvon Rossi » 31.05.2010, 22:14

zuletzt und unmittelbar, da läßt sich so herrlich darüber streiten.


Hä?

Da liegen Welten dazwischen! Es sei denn, man betreibt Wunschdenken!

Aber Richter Heiland von SG Gelsenkirchen hat es euch schon in seinen Urteilssprüchen (1 x einstweilige AO/ 1 x Urteil) deutlich erklärt!

Boah, kann mich noch gut erinnern, als die Kassen bei der Kralle auch mit dem Begriff "zuletzt" versuchten ihr Wunschdenken durchzusetzen.

Bei Inhaftierten, die vor der Inhaftierung gesetzlich versichert waren, versuchte man auch eine Abwimmelungstaktik, in dem man behauptete, dass sie nicht zuletzt GKV versichert waren, sondern die Gesundheitsfürsorge nach dem StVollzuGG genossen hat! Hat dann ca. 1 Jahr gedauert und alle Nase lang gab es etwas an die Bummelbacken! Jetzt ist Ruhe und alles geklärt, leider nicht im Sinne der Kassen.

Sorry, Vergil09owl, mit so einer Klamotte ziehe ich erst gar nicht los!

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Beitragvon Vergil09owl » 31.05.2010, 23:11

Schön, das du dich auf das Urteil berufst, nur für mich wäre das instige Häftling gesetzlich versichert gewesen.
Von wegen das hie ja nicht solch ein Fall gemeint ist.

Mit geht es denn im Prinzip darumd das klar gestellt wird das das zuletzt und unmittelbar das gleiche meinen und auch so verstanden werden.

Aber ein theologische Diskussion ,wie Luther und Zwingli, möchte ich jetzt hier nicht veranstallten, weil es eh unproduktiv ist.

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Beitragvon Rossi » 08.06.2010, 10:56

So langsam trudeln auch die ersten LSG-Beschlüsse ein.

Das LSG Berlin-Brandenburg stellt auch auf den Wortlaut des § 5 Abs. 5a SGB V ab und verdonnerte zunächst die Kasse.

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 9 KR 33/10 B ER 21.05.2010 rechtskräftig

http://www.sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=130313&s0=Basistarif&s1=&s2=&words=&sensitive=

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Beitragvon Rossi » 08.06.2010, 11:00

Ferner verweist das LSG Berlin auch noch auch weitere Beschlüsse in diesem Bereich:

(SG Berlin, Beschluss vom 1. März 2010, S 36 KR 182/10 ER, m.w.N., bestätigt durch den Beschluss des Senats vom 6. Mai 2010, - L 9 KR 102/10 B ER -).

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Beitragvon Rossi » 13.06.2010, 23:38

Manchmal ist es doch schon eine Frechheit - oder gar völlige Unwissenheit - von den Kassen:

Zitat von Chamberlain´s Ablehung:

Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a Sozialgesetzbuch (SGB) besteht zwar grundsätzlich Versicherungspflicht bei Bezug von Arbeitlosgengeld 2

Na suppi sagt der Rossi, die geseztliche Grundlage wurde verstanden. Aber dann geht es weiter:

Jedoch nach § 5 Abs. 5a SGB V ist nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert, wer unmittelbar vor dem Bezug von Arbeitslosengeld 2 privat versichert war.

Noch einmal ein großes Lob an die Kasse, gesetzliche Bestimmungen zu finden und sie anzuwenden.

Und dann kommmt der Hammer:


Bitte setzen Sie zwecks Abschluss einer Kranken- und Pflegeversicherung mit Ihrer privaten Krankenversicherung in Verbindung

Chamberlain war de facto unmittelbar vor der ALG-II Antragstellung nicht privat versichert. Aha; nu beginnt der Vertrag bei der PKV - weil die GKV es sich wünscht - rückwirkend! Somit ist dem Wunschdenken der Kasse entsprochen worden und sie müssen den Kunden nicht nehmen, oder wie?


Ich glaube es de facto nicht, dass hier der Vertrag über die PKV rückwirkend beginnt.

Ach ja, die 2. Alternative von § 5 Abs. 5a SGB V hat man erst gar nicht angesprochen.

Sorry, wenn ich solche Bescheide lesen, dann sage, dann fällt mir der Draht aus der Mütze!!!

Und zum Schluss kommt die Krönung:

Weiterhin bitten wir um Mitteilung, ob Sie Ihren Widerspruch weiterhin aufrecht erhalten!

Boah, wat iss dat denn?

Man hat Widerspruch eingelegt und dann wird man aufgefordert sich es noch einmal zu überlegen?

Wo ist diese Vorgehensweise verankert? Ich kenne so eine Vorschrift nicht, Ihr vielleicht?

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Beitragvon Rossi » 15.06.2010, 23:56

Immer wieder niedlich diese Problematik.

Ich habe mir einen Wolf vertelefoniert und versucht die Grundsatzabteilung einer BKK zu überzeugen. Sie hörten jedoch nicht zu und es kam ein lapidares Ablehnungsschreiben ohne jegliches Fundament.

Der Kunde rennt zum Fachanwalt für Sozialrecht; der Fachanwalt legt nen fetten Widerspruch ein und nach 1 Woche bekommt der Kunde die Mitgliedsbescheinigung.

Nun denn, jetzt kostet es halt eben Rechtsanwaltsgebühren, weil man dem Widerspruch stattgeben musste.

Ich frage mich, was das soll? Der betroffene Kunde ist sogar erbost; warum muss man in Deutschland erst zu einem kostenpflichtigen Anwalt rennen!

Was soll das?



Entweder ziehe ich es auch vorm Sozialgericht durch, oder gebe sofort nach!

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Beitragvon Rossi » 02.07.2010, 16:44

Ich habe die mir bekannte Rechtsprechung in dieser Problematik mal zusammengetragen. In allen Fällen wurden die Kassen verdonnert. Gegenteilige Rechtsprechung ist mir nicht bekannt:

- Beschluss Sozialgericht Augsburg 01.09.2009 Az.: S 12 KR 235/09 ER (veröffentlicht unter sozialgerichtsbarkeit.de)
- Beschluss Sozialgericht Gelsenkirchen 02.07.2009 Az.: S 17 KR 96/09 ER (nicht veröffentlicht)
- Urteil Sozialgericht Gelsenkirchen 25.03.2010 Az.: S 17 KR 147/09 (Bestätigung Beschluss SG Gelsenkirchen 02.07.2009/nicht veröffentlicht)
- Beschluss Sozialgericht Berlin 01.03.2010 Az.: S 36 KR 182/10 ER (nicht veröffentlicht)
- Beschluss LSG Berlin-Brandenburg 06.05.2010 Az.: L 9 KR 102/10 B ER (Bestätigung Beschluss SG Berlin 01.03.2010/nicht veröffentlich)
- Beschluss LSG Berlin-Brandenburg 21.05.2010 Az.: L 9 KR/33/10 B ER (veröffentlich unter sozialgerichtsbarkeit.de)


Besonders interessant ist der Beschluss des SG Berlin vom 01.03.2010. Dort wird nachfolgendes festgehalten:

Dass der Gesetzgeber diese Personengruppe bei der Fassung des § 5 Abs. 5a SGB V übersehen hat, ist ausweislich der Gesetzesbegründung nicht anzunehmen. Dort (a.a.O.) heißt es insofern wörtlich:

„Da die privaten Krankenversicherungen künftig einen bezahlbaren Basistarif im Umfang des Leistungsangebots der gesetzlichen Krankenversicherung für Personen anbieten müssen, die privat krankenversichert sind oder sein können, erscheint es nicht länger erforderlich, Arbeitslosengeld-II-Bezieher auch dann in die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung einzubeziehen, wenn sie unmittelbar vor dem Leistungsbezug privat krankenversichert waren. Gleiches gilt für die Personen, die unmittelbar vor dem Leistungsbezug weder gesetzlich noch privat krankenversichert waren und als hauptberuflich selbständig Erwerbstätige oder als versicherungsfreie Personen zu dem Personenkreis gehören, der grundsätzlich der privaten Krankenversicherung zuzuordnen ist. Die Regelung dient damit auch einer gleichmäßigeren Lastenverteilung zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung.“ (Hervorhebungen nur hier)

Die Begründung zeigt, dass der Gesetzgeber die Personengruppe, die nicht privat versichert ist, aber sein kann (bzw. muss) gesehen hat, gleichwohl aber in den Ausschlusstatbestand nur diejenigen aufgenommen hat, die unmittelbar vor Beginn des Leistungsbezuges privat versichert waren oder zu den grundsätzlich der PKV zuzuordnenden Personen gehören. Dafür spricht auch die Regelung in § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V, in der der Gesetzgeber für die Zuordnung ausdrücklich darauf abstellt, ob zuletzt eine Versicherung in der GKV noch gar keine Versicherung in der GKV oder PKV bestanden hat. Die zeitgleich beschlossenen Regelungen in § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V und § 5 Abs. 5a SGB V belegen, dass der Gesetzgeber in beiden Regelungen bewusst eine unterschiedliche Zuordnung getroffen hat.



Das LSG Berlin-Brandenburg hält ausdrücklich in den Entscheidungen vom 06. und 21.05.2010 fest, dass das SG Berlin umfassend, fehlerfrei und überzeugend begründet hat, warum die Ausschlusskriterien des § 5 Abs. 5a SGB V nicht vorliegen.

Nun denn, denn schauen wir mal, wohin weiterhin die Reise geht!

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Beitragvon Vergil09owl » 03.07.2010, 08:09

Ich würde mal vorschlagen § 5 Abs. 5a sollte im Zuge der geq. Sch. , genannt Gesundheitsreform am 05.07 erstatzlos gestrichen werden und die Beiträge für Leistungsempfänger nach § 5 abs. 1 Nr 2a werden denn wieder auf 240 € erhöht , sukseesive den nach 264 SGB V Betreuten.
Und gut ist.

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Beitragvon Rossi » 03.07.2010, 10:22

Na ja, den § 5 Abs. 5a SGB V könnte man natürlich streichen und die Kunden wieder in die Solidargemeinschaft bringen.

Was aber definitiv voraussichtlich nicht passieren wird, dass man die beitragspflichtigen Einnahmen für die ALG II-Empfänger erhöht.


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