Schlafende Hunde...?

Beitragssätze, Kassenwahlrecht, Versicherungspflicht, SGB V, usw.

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Charly
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Schlafende Hunde...?

Beitragvon Charly » 23.05.2013, 11:48

Bekannte von uns, Türkin mit sehr schlechten Deutschkenntnissen, ist von ihrem türkischen Mann verlassen worden. Wir hatten uns angeboten, ihr mit Papierkram zu helfen, und es stellte sich heraus, der Mann hat ein Chaos von Schulden, Mahnbescheiden, etc. hinterlassen. Vieles konnten wir schon klären, sie hat seit April einen sozialversicherungspflichtigen Job, vorher einige Monate Minijob.

Problem jetzt: Es kam ein Brief von ihrer Krankenkasse, die eine versicherungsfreie Zeit von 10/2011-02/2012 klären will.

Mitte 2011 ist sie offiziell geschieden worden von ihrem früheren Mann, sie war dort offensichtlich mitversichert.

Von der Scheidung weiss aber die Krankenkasse offenbar nichts, nur von einem Getrenntleben, das geht aus dem Anschreiben hervor - das schlägt nämlich vor, dass sie ein komplett vorbereitetes Formular zur nachträglichen Familienversicherung unterschreiben soll. Damit wäre die Sache für sie gegessen. Andernfalls müsse sie für die 5 Monate Nachzahlen, mindestens 145€, bei Nichtmeldung 634€/Monat.

Es ist absehbar, dass die Frau auf absehbare Zeit am Existenzminimum leben wird.

Problem - ich weiss nicht, was mit den Zeiträumen zwischen 3/2012 und 3/2013 ist - in der Zeit hatte sie einen Minijob bei uns, ab 10/2012 auch bei einem zweiten Abeitgeber (jetzt dort auf Lohnsteuerkarte).

Wenn ich jetzt die Krankenkasse anrufe, um das zu klären, wecke ich vermutlich schlafende Hunde, und auf ihre bereits existierenden Schulden kommen ggfs. noch weitere drauf.

Frage mich, wie sie während 2012 mit den Minijobs versichert war - ich sehe keinerlei Zahlungsabgänge von ihrem Konto. Der Mann, mit dem sie zusammen lebte (unverheiratet) ist bei einer anderen KV versichert.

Leider ist ihr Deutsch so schlecht, dass ihr jedes Verständnis für diese Zusammenhänge abgeht, Fragen, wie sie in 2012 krankenversichert war, kann sie schlicht nicht beantworten... Sie hatte zumindest seit Ende letzten Jahres eine Versichertenkarte dieser Krankenkasse, habe aber keine Ahnung, wer da die Beiträge bezahlt hat.

Bis 31.5. muss sie der Krankenkasse eine Rückmeldung liefern, sonst wird sie zwangsveranlagt.


Ich überlege ernsthaft, ob ich sie einfach das vorbereitete Formular zur Familienversicherung unterschreiben lasse und hoffe, dass die KV das einfach abheftet und gut ist. Offiziell ist das freilich Betrug, aber ich weiss mir keinen anderen Rat. Als Entschuldigung könnte man angesichts ihrer mangelhaften Deutschkenntnisse bestenfalls dann werten, dass das Formular komplett vorausgefüllt ist und nur ein Kreuz an der Stelle ist, wo sie unterschreiben soll... dünnes Brett...

Dummerweise weiss ich davon, kann die jetzt also nicht sehenden Auges in die Zwangsveranlagung mit 634€/Monat und eine Nachzahlung von über 3000€ (eventuell für 2012 noch mehr) rennen lassen, da kommt die nie wieder raus...


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Beitragvon Rossi » 23.05.2013, 19:01

Nun ja, offensichtlich hat die Kasse noch keine Kenntnis von der damaligen Scheidung. Die Kassen sind verpflichtet in regelmäßigen Abständen die Voraussetzungen für die Familienversicherung zu prüfen. Aus diesem Grunde werden sog. Familienmeldebögen verschickt. Bei Eheleuten sollen die Voraussetzungen alle 3 Jahre geprüft werden.

Wenn Du den Familienmeldebogen nicht ausfüllst, dann muss die Kasse allerdings die Familieversicherung 1 Jahr nach der letzten Überprüfung beenden.

Ich denke mal hierum geht es.

Derzeit ist deine Bekannte wieder selber durch die Beschäftigung versichert.

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Beitragvon Charly » 23.05.2013, 23:11

Ja, ich vermute, dass eher ihre sozialversicherungspflichtige Tätigkeit jetzt diese Prüfung ausgelöst hat, das passt zeitlich nämlich zusammen, zeitgleich ging ihr auch eine neue Versichertenkarte zu, obwohl sie erst vor 3 Monaten eine mit Foto bekommen hatte.

Ich bin jetzt den 'dreckigen Weg' gegangen - habe heute ein Schreiben der Ausländerbehörde gelesen, in dem festgehalten wurde, dass ihre Ehe im April 2012 geschieden wurde - also nach der festgestellten Versicherungslücke. Meines Wissens nach ist sie früher geschieden, aber wenn man es so quasi amtlich hat...

Ich bin mal dreist und nehme an, dass das als Irrtumserklärung notfalls ausreichen wird, das vollständig ausgefüllte Formular mit Kreuz bei ihrer Unterschrift mit der Aufforderung 'es nur an der markierten Stelle zu unterschreiben und zurückzuschicken', dazu die Feststellung der Scheidung in einem aktuellen Anschreiben der Ausländerbehörde. Da darf ich mich sogar als 'Berater' noch auf Irrtum rausreden.
Nicht schön, aber wer hat schon was davon, wenn die KV hinterher einen vierstelligen Betrag titulieren muss, den sie eh nie mehr kriegt...

Jetzt hoffe ich nur, dass im vergangenen Jahr nicht auch noch eine Lücke festgestellt wird. Aber ich denke mal, wenn, dann werden die auch komplett geprüft haben.


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Beitragvon Rossi » 24.05.2013, 20:37

Nun ja, was sollen wir Dir hierzu schreiben?!

Denke immer daran, dass Du wahrheitsgemäße Angaben machen muss.

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Beitragvon Charly » 25.05.2013, 00:37

I know, I know. Aber welchen Sinn soll es haben, da noch mehr Schulden drauf zu satteln, die eh nie bezahlt werden können.

Wenn wir uns nicht bereit erklärt hätten, uns ihre Unterlagen anzuschauen, wäre das auf 5*630 Euro geendet.

Gott, ich möchte mir gar nicht vorstellen, bei wie vielen Leuten das mit der Versicherungspflicht solche Auswüchse annimmt, nicht nur bei Ausländern mit Sprachschwierigkeiten. Keine Wunder, dass die Kassen derartige enorme Aussenstände bzw. Ausfälle haben...


- Charly

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Zukunft.

Beitragvon Vergil09owl » 25.05.2013, 13:06

http://www.sueddeutsche.de/geld/kranken ... -1.1680681

Wahrscheinlich hat sich die Problematik bald erledigt..

Aber kucken wir mal was da noch so passiert.

Gruss.

jochen

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Beitragvon Rossi » 25.05.2013, 15:30

Okay, jenes hört sich im ersten Anlauf nicht schlecht an.

Zitat:

Die gesetzlichen Krankenkassen sollen nach Spahns Worten zudem den Auftrag erhalten, sich um eine Regelung zu bemühen, durch die Beiträge ermäßigt, gestundet oder ganz erlassen werden können. Das gelte für Beitragsrückstände, die seit April 2007 aufgelaufen seien. Wer davon profitieren wolle, müsse sich bis Ende 2013 an seine zuständige Krankenkasse wenden. Insgesamt stehen zwei Milliarden Euro an Beiträgen aus.

Obwohl ja schon ein gesetzgeberischer Auftrag besteht (Erlass, Ermäßígung). Leider führt er ein Schattendasein, weil die Vorausseztungen hierfür noch sehr eng ausgelegt werden.

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Beitragvon Vergil09owl » 27.05.2013, 06:54

http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/w ... ml#Drucken

Schon heute haben die Kassen die Möglichkeit, Beitragsschulden zu stunden und zu erlassen. Allerdings ist das an Bedingungen geknüpft, die die Koalition entschärfen will. So soll aus der „Kann“-Regelung eine „Soll“-Vorschrift werden. Ähnlich soll das für die Pflegeversicherung gelten, die ebenfalls auf hohen Beitragsforderungen sitzt. Die geplante Neuregelung stößt allerdings noch auf verfassungsrechtliche Bedenken, weil die Streichung der Schulden eine Ungleichbehandlung gegenüber den pünktlichen Beitragszahlern darstellt.

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Beitragvon GS » 27.05.2013, 07:20

Vergil09owl hat geschrieben:... Die geplante Neuregelung stößt allerdings noch auf verfassungsrechtliche Bedenken, weil die Streichung der Schulden eine Ungleichbehandlung gegenüber den pünktlichen Beitragszahlern darstellt.
Das ist auch ein ernst zu nehmender Aspekt. Nicht zuletzt deshalb, weil viele dieser pünktlichen oder auch zunächst säumigen Beitragszahler sich anderweitig verschuldet haben, um die Kassenbeiträge bedienen zu können. Von ihren Gläubigern werden sie keinen Schuldenerlass erhalten und sich, gelinde gesagt, wie die Deppen vorkommen.

Ein zweites Mal werden sie diesen "Fehler" nicht mehr machen, und andere dann auch nicht beim ersten Mal. Einmal mehr wird deutlich, wie vermurkst diese großkoalitionäre Gesundheitsreform 2007-2009 war.

Gruß von
Gerhard

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Beitragvon Vergil09owl » 27.05.2013, 07:25

Jo man sollte doch denn bitte auch gleich die Beiträge anders stufen , für Kleinunternhemer bis 15000,- 152 € denn entsprechend ab 18000 - 25 000 € 224 € alles was denn darüber hinausgeht denn die jetzigen Beitagsberechnungsformel ansetzten. Un denn bitte das Ganze so fassen das jeder jedes Jahr schön seine Einkommenssteuererklärung einreichen muss.

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Beitragvon Vergil09owl » 27.05.2013, 07:43

http://www.sueddeutsche.de/politik/aerz ... -1.1681717

Nach Bahrs Worten steht im kommenden Jahr eine Überprüfung des Beitragssatzes der gesetzlichen Krankenversicherung an, der im Augenblick bei 15,5 Prozent des Bruttolohns liegt. "Die FDP wollte den Satz nie so hoch haben, das war Bedingung aus der Union. Wir werden uns das nach der Wahl in Ruhe anschauen", sagte er. Er persönlich sei aber nicht der Meinung, dass der Beitrag gesenkt werden müsse.

"Ich glaube, auch die Versicherten sind froh, dass wir mal eine gewisse Stabilität bei den Beiträgen haben." Auch unter den Gesundheitspolitkern der Union heißt es, dass eine Beitragssenkung angesichts der milliardenschweren Überschüsse im System und der anhaltend guten Wirtschaftsdaten überprüft werden müsse.

Dipling
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Beitragvon Dipling » 28.05.2013, 08:26

GS hat geschrieben:
Vergil09owl hat geschrieben:... Die geplante Neuregelung stößt allerdings noch auf verfassungsrechtliche Bedenken, weil die Streichung der Schulden eine Ungleichbehandlung gegenüber den pünktlichen Beitragszahlern darstellt.
Das ist auch ein ernst zu nehmender Aspekt. Nicht zuletzt deshalb, weil viele dieser pünktlichen oder auch zunächst säumigen Beitragszahler sich anderweitig verschuldet haben, um die Kassenbeiträge bedienen zu können. Von ihren Gläubigern werden sie keinen Schuldenerlass erhalten und sich, gelinde gesagt, wie die Deppen vorkommen.

Ein zweites Mal werden sie diesen "Fehler" nicht mehr machen, und andere dann auch nicht beim ersten Mal. Einmal mehr wird deutlich, wie vermurkst diese großkoalitionäre Gesundheitsreform 2007-2009 war.

Gruß von
Gerhard


Nachdem die Regierungen die schweren Probleme ihrer eigenen Gesetze einige Jahre ignoriert haben, scheint endlich Bewegung in die Sache zu kommen.
Im Gespräch ist, dass auch die bereits zahlenden "Altfälle" zwar nicht befreit, aber entlastet werden sollen - nicht nur vom horrenden Säumniszuschlag von 5% pro Monat.

http://www.versicherungsjournal.de/markt-und-politik/koalition-will-auch-alten-kv-beitragsschuldnern-helfen-115529.php?vc=rss_artikel&vk=115529

Als sicher kann gelten, zumal der Bundesrat nicht zustimmen muss:
-Reduzierung des Strafzinses von 5% auf 1% pro Monat
-Notlagentarif für PKV-Versicherte; d.h. statt 600 EUR im Basistarif fallen monatlich nur noch ca. 100 EUR an.

Unsicher hingegen, da noch in Diskussion:
-Vollständiger Beitragserlass für Nichtversicherte, die sich erst künftig, aber noch in 2013 bei der GKV melden (bzw. entsprechend Erlass des Strafzuschlages bei der PKV).
-Teilweiser Beitragserlass für Altfälle

Charly
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Beitragvon Charly » 28.05.2013, 22:47

Um mal wieder auf den konkreten Ausgangsfall zurückzukommen - heute kam unsere Bekannte mit einem weiteren Schreiben der BKK an - eine weitere Verlaufsprüfung, nun mit einer festgestellten Lücke vom 31.10.2012 bis 31.3.2013.

Das Datum des Schreibens ist der 22.5., wie man am Datum meines Erstbeitrages sieht, habe ich also keine schlafenden Hunde geweckt, sondern, die prüfen da wohl sukzessive nach nicht ganz nachvollziehbaren Kriterien. Auch der Name der Sachbearbeiterin ist ein anderer als beim ersten Schreiben.


Nunja, in dieser Zeit hatte sie nur zwei Minijobs, war (größtenteils) nicht verheiratet, und nicht beim Job-Center 'unter Vertrag'. Ich fürchte, aus der Nummer kommt sie nicht mehr raus. Bleibt wohl nur, auf den Mindestbeitragssatz (angeboten ca. 150 Euro/Monat) zu plädieren und zu hoffen, dass sie nach einigen Monaten der vergeblichen Beitreibung in den Genuss eines solchen Erlasses kommt wie ihn die zahlreichen Vorposter nun nahelegen...

Seit Ende Januar 2013 ist sie verheiratet, da wird sie wohl zumindest Februar und März über die Familienversicherung ihres Mannes unterkommen. Nur - sie war bisher bei der BKK xxx, Ihr jetziger Mann bei der IKK xxx. Kann sie trotzdem nachträglich in der Familienversicherung einer anderen KV unterkommen und dann wieder zu 'ihrer' BKK wechseln, in die ja schon Beiträge eingezahlt wurden? Ab April hat sie ja einen sozialversichungspflichtigen Job, über den bisher Beiträge bei der BKK eingezahlt wurden?


- Charly

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Beitragvon Vergil09owl » 29.05.2013, 13:12

zwei minnijobs beide unter 400,-?

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Beitragvon Charly » 02.06.2013, 21:44

Ja, zusammen unter 400, einen davon nur in den letzten 3 Monaten des Jahres. Aus diesem Verhältnis heraus wurde sie dann im April in einen sozialversicherungspflichtigen Job übernommen.

- Charly


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