Beitragsberechnung freiwillig gesetzlich Selbständiger

Beitragssätze, Kassenwahlrecht, Versicherungspflicht, SGB V, usw.

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vondennen
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Beitragsberechnung freiwillig gesetzlich Selbständiger

Beitragvon vondennen » 08.06.2017, 23:09

Guten Abend in die Runde,

habe schon diverse Threads zum Thema gefunden, aber leider noch nicht die Antwort (die ich hören möchte) - letztendlich ist es halt wie immer ein Einzelfall.

Situation:
Selbständig seit 2015, Grundlage für die Beitragsberechnung wurde wissentlich niedrig angegeben, Einkünfte waren höher, Geld zur Seite gelegt.
2015 war gut, Einkünfte aus Gewerbebetrieb knapp über der Beitragsbemessungsgrenze.
2016 war weniger gut, Einkünfte ca. die Hälfte im Vergleich zu 2015
2017 Start sehr gut, könnte 2015 toppen.

In 03/2017 liegt der erste Einkommensteuerbescheid (2015) vor.
Dieser liegt der KK vor. Eine BWA von 2016 liegt der KK ebenfalls vor.
Einkommensteuervorauszahlungen für 2016 müssen nach Absprache mit dem FA nicht geleistet werden.

Die KK fordert jetzt eine Nachzahlung für den Zeitraum 2015 bis jetzt. Grundlage ist der Bescheid von 2015.
Für 2015 sehe ich es voll und ganz ein den Höchstbetrag zu bezahlen. Wer viel verdient, soll auch viel bezahlen.
Aber 2016 wäre es ca. der halbe Betrag gewesen.

Kommt hier evtl. § 6 Abs.3a BVSzGs
https://www.gkv-spitzenverband.de/media ... derung.pdf
ins Spiel?
Die KK bekommt eine BWA oder auch etwas vom FA, woraus ersichtlich ist das 2016 nicht so rosig wie 2015 war?

Warum wird nicht einfach am Ende abgerechnet? Es kann doch nicht sein, dass rückwirkend zu viel bezahlte Beiträge nicht erstattet werden, zu wenig bezahlte Beiträge nachgefordert werden können.
Damit macht man Unternehmen kaputt.

heinrich
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Re: Beitragsberechnung freiwillig gesetzlich Selbständiger

Beitragvon heinrich » 09.06.2017, 06:22

zu Beginn wird der Beitrag vorläufig (unter Vorbehalt) festgesetzt, weil es ja noch keinen STB (Steuerbescheid) gibt.

Dann kommt STB; natürlich nur das 1. Jahr (2015)

also 1. Jahr hohe Einnahme

2 Jahr niedrigere Einnahmen (noch kein STB vorhanden)


KK setzt richtigerweise mit dem 1. STB (2015) den Beitrag rüüüüückwirkend fest.
Zukünftig gilt: das zeitversetzte Verbeitragungsverfahren.

Wäre der Fall umgekehrt (erstes Jahr niedrig, 2 Jahr hoch,, wie es zu 99 % der Existenzgründer ist)
würdest Du das ganze toooll finden und Dich nicht beschweren. Ich habe in meinem Leben über 10.000 STB gesehen.
Noch niemals hat sich jemand im umgekehrten Fall beschwert.

Mit der von Dir gefundenen Regelung des § 6 3a kannst Du jetzt jedoch (jedoch nur für die Zukunft) mittels eines
Vorauszahlungsbescheides bei der KK eine Senkung beantragen

Frank1
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Re: Beitragsberechnung freiwillig gesetzlich Selbständiger

Beitragvon Frank1 » 09.06.2017, 07:18

@vondennen:
"dass rückwirkend zu viel bezahlte Beiträge nicht erstattet werden"

Was veranlaßt dich zu dieser Aussage?

vondennen
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Re: Beitragsberechnung freiwillig gesetzlich Selbständiger

Beitragvon vondennen » 09.06.2017, 09:28

Danke für die Infos.

Klar, wäre der Fall umgekehrt, könnte ich mich freuen - aber da ist doch was faul im System.

99% der Existenzgründer haben im ersten Jahr weniger als im zweiten Jahr? Kann ich mir nicht vorstellen.

@Frank1
Ist es nicht so?

Frank1
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Re: Beitragsberechnung freiwillig gesetzlich Selbständiger

Beitragvon Frank1 » 09.06.2017, 10:27

Zuviel gezahlte Beiträge werden erstattet.

Ich sehe die derzeitigen Forderungen positiv.

2016: wenig Gewinn, geringe Einkommensteuer
2017: hoher Gewinn, hohe Einkommensteuer.
Da kommt die Forderung der KV doch gerade recht. Denn die Zahlung mindert die Einkommensteuer.
Für 2016 erwirbst du ein Guthaben. Ob du dies 2017 oder 2018 in deiner Steuererklärung berücksichtigen willst, liegt bei dir.
Den Steuerbescheid für 2016 erhälst du normalerweise 2017. Halte diesen ggf. bis 2018 gegenüber der KV zurück.

Das gleiche Spielchen gibt es bei der letzten Umsatzsteuervoranmeldung. Einreichung bis zum 10. Januar 2018 und die USt. gilt
als Betriebsausgabe für 2017. Bei Einreichung ab dem 11. Januar 2018 wird diese erst 2018 als Betriebsausgabe berücksichtigt.

vondennen
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Re: Beitragsberechnung freiwillig gesetzlich Selbständiger

Beitragvon vondennen » 09.06.2017, 10:56

Der Steuerbescheid für 2016 kommt hoffentlich bald, alle Unterlagen sind unterwegs Richtung FA.

Zuviel gezahlte Beiträge werden erstattet? Von der KK? Die jetzt angesetzten Beiträge für 2016 sind nicht vorläufig angesetzt.
Klar, der 2017er STB wird so spät wie möglich erfolgen. Trotzdem ist hier ein Fehler im System.

Beispiel Kindergartenbeiträge: egal was ich monatlich zahle, sobald ein Bescheid da ist wird abgerechnet. Habe ich zu viel bezahlt, gibt es eine Erstattung, habe ich zu wenig bezahlt eine Nachzahlung - ganz einfach, es wird (auch) rückwirkend der Beitrag angepasst.

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Re: Beitragsberechnung freiwillig gesetzlich Selbständiger

Beitragvon aldi110 » 09.06.2017, 12:42

moin,

interessant, dann Berichte ich mal aus der Praxis. Ich war von 2006 - 2010 selbständig. Meine Selbstständigkeit wurde vom AA gefördert, ich habe 6 Monate ein Überbrückungsgeld (oder ähnlich) bekommen. Das habe ich natürlich bei meiner damaligen KK als Einkommen angegeben, wollte ja ehrlich sein. Die Kasse stufte mich zu hoch ein, ich habe Jahrelang zu viel Beiträge gezahlt. Es ist nämlich sehr wohl so das Unternehmen schwankende Einkommen haben, gerade in der Baubranche. Auch bekommt man seine Einkommenssteuererklärung nicht sofort, ich hatte meine erst...ich glaube 2008. Nun zum zurückzahlen der Beiträge, das ist kein ***** den ich hier Berichte... es waren an die 3000 Euro die ich zuviel gezahlt hatte, dem Unternehmen ging es nicht mehr so gut, eben weil ich auch an Gauner geraten bin die es darauf anlegen das man sie verklagt. Hab ich auch ein-zweimal versucht, da hat mich dann eben mein Anwalt ausgenommen. Das alles passierte obwohl ich vorsichtig war, Gelder bei Lieferung der Materialien entgegennahm ect. Das Problem waren die Kosten der Angestellten, ich hatte mind.2, max. 4. Ich telefonierte mit einen Berater der KK, der bestätigte mir irgendwann das ich zuviel gezahlt habe, er bot mir 1000 € sofort an, wenn ich das nicht nehmen würde müsste ich den Gang vor Gericht wählen. Das hat er mir gesagt...Ich habe kurz danach mein Unternehmen aufgelöst, alle Mitarbeiter entlassen und mir eine Anstellung gesucht. Selbstständig ? nie wieder...in 4 Monaten bin ich übrigens aus der Privatinsolvenz raus.

gruß Aldi

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Re: Beitragsberechnung freiwillig gesetzlich Selbständiger

Beitragvon Frank1 » 09.06.2017, 20:58

So habe ich dies auch in Erinnerung. Aber da war ich noch nicht selbständig. Das mit der Rückerstattung zu viel gezahlter KV-Beiträge gibt's erst seit ein paar Jahren.

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Re: Beitragsberechnung freiwillig gesetzlich Selbständiger

Beitragvon Czauderna » 10.06.2017, 09:07

Hallo,
Eine evtl. Rückerstattung von Beitraegen gibt es bei hauptberuflich Selbstaendigen nur dann, wenn die Ersteinstufung als vorläufig vorgenommen wurde, alle folgenden Einstufungen sind endgültige, d.h. Es gibt keine Rueckzahlung aber auch keine Nachforderungen. Aus meiner Praxis kann ich berichten, dass Rueckzahlungen dort so gut wie nie vorkamen, da die Mitglieder grundsätzlich Einkommen unter der Mindestbeitragsbenessungsgrenze erklärt haben fuer die Ersteinstufung.
Da waren Nachzahlungen schon eher auf der Tagesordnung.
Gruß
Czauderna

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Re: Beitragsberechnung freiwillig gesetzlich Selbständiger

Beitragvon vondennen » 10.06.2017, 18:59

Irgendwie dreht sich das im Kreis.
Die jetzt festgesetzten Beiträge für 2015-jetzt sind natürlich nicht vorläufig.
Für 2016 wurde als Bemessungsgrundlage der Bescheid von 2015 genommen. Auch wenn es so korrekt ist, eine BWA von 2016 inkl. dem Vorauszahlungsbescheid vom FA lag der KK beim festsetzen des Beitrages vor.
Konkret geht es hier um einen Betrag über 9000 Euro.
Angenommen der Beitrag für 2016 würde an ein realistisches Ergebnis gekoppelt sein, würde das gut 4000 Euro ausmachen.

Aber so scheint das System zu sein - so macht man Unternehmen platt.
Was also bleiben wird ist den Bescheid für 2016 abzuwarten, die Finanzämter haben gerade viel abzuarbeiten - und diesen Bescheid dann einzureichen. Den Bescheid für 2017 dann so lange wie möglich herauszögern.
Evtl. noch um die sofortige Herabsetzung des Beitrages auf Grund der o.e. Belege "betteln".
Einen faden Beigeschmack hat die ganze Sache sicherlich. Ist halt die Frage ob eine andere GVK da kulanter und im Sinne des Kunden reagiert hätte.
So zahle ich halt für min. 12 Monate den Höchstsatz, wo laut Einkünften nur die Hälfte angefallen wäre.
Bei Arbeitnehmern, wo jeden Monat schwarz auf weiß steht was erwirtschaftet worden ist funktioniert es gerecht - jeder zahlt so viel oder wenig in abhänigkeit vom Einkommen - und wird durch den Arbeitgeberanteil auch noch unterstützt.

Warum es bei Selbständigen anders ist kann ich ehrlich gesagt nicht verstehen. Ohne Selbständige (die oft viel seltener krank sind und Leistungen der KK in Anspruch nehmen) keine Arbeitnehmer...
In wie weit sich die Mehrlast auf die Einkommensteuerlast relativiert kann ich noch nicht abschätzen - wird aber bestimmt nicht deckend sein.

Dabei könnte es so einfach sein. Vorauszahlungen leisten, und am Ende wird abgerechnet.
So ist es bei Nebenkosten, Strom, Gas, Öl, Kita-Beiträgen...

Frank1
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Re: Beitragsberechnung freiwillig gesetzlich Selbständiger

Beitragvon Frank1 » 11.06.2017, 10:35

"mangelhafte Kommunikation"

Man kann sich das Leben auch selber schwer machen. Es bringt absolut nichts über das "System" zu meckern. Zumal das heutige "System" gegenüber früher absolut fair ist. Zu beginn meiner Selbständigkeit hat mir meine GKV mitgeteilt, dass meine Beträge eine Art akonto-Zahlung sind. Die endgültige Abrechnung erfolgt mit dem Erhalt des Steuerbescheides. Zuviel gezahlte Beiträge werden erstattet. Ich habe mit dem Mindestbeitrag begonnen und diesen im ersten Kalenderjahr entsprechend meines Gewinnes drei bis vier mal nach oben angepasst. Dies ergab quasi eine Punktlandung. Die Nachzahlung belief sich auf nur etwa 500,- Euro. Diesbezüglich fand eine regelmäßige persönliche, telefonische und schriftliche Kommunikation statt. Somit wurde auch eine Vertrauensbasis aufgebaut.

In den Beiträgen von @vondennen ist eine derartige Kommunikation nicht erkennbar.
Lösungsansätze:
1.) Wie bereits geschrieben, würde ich die Beiträge bezahlen um in diesem erfolgreichen Jahr höhere Betriebsausgaben anzusetzen.
2.) Sofern die (begründete?/unbegründete?) Sorge besteht, dass zu viel gezahlte Beiträge nicht erstattet werden, würde ich die Beitragsforderung
nicht bezahlen bzw. nach eigenem ermessen kürzen. Allerdings erst nach einem persönlichen oder telefonischem Gespräch.
3.) Auch nach einem persönlichen oder telefonischem Gespräch: Bitte um Aufschub. Steuerbescheid folgt in kürze.

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Re: Beitragsberechnung freiwillig gesetzlich Selbständiger

Beitragvon ratte1 » 11.06.2017, 13:16

Hallo vondennen,

dein Wunsch auf "Vorauszahlungen leisten, und am Ende wird abgerechnet" hat der Gesetzgeber erfüllt, zukünftig wird so verfahren.

Die Änderung ist mit dem Gesetz zur Stärkung der Hilfsmittelversorgung verabschiedet und auch bereits veröffentlicht worden, siehe hier (Seite 8, Änderung des § 240 SGB V) : https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xa ... 7179427735

MfG
ratte1


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