Quo vadis Beitragsparadies für Rentner?

Gesundheitsreform, Bürgerversicherung, Kopfpauschale, usw.

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GS
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Quo vadis Beitragsparadies für Rentner?

Beitragvon GS » 09.12.2024, 01:24

Hallo zusammen,
nehmen wir das mal als Vorlage für diesen Thread:
Racer76 schrieb im Nachbar-Unterforum:
Kurzum: ob die GKV in Zukunft der "sichere Hafen" mit kleinen Beiträgen bei großer Leistung für Rentner bleibt, sollte zumindest kritisch hinterfragt werden.
Die Mühlen mahlen zwar langsam, aber sie mahlen. Ok, in gewissen zeitlichen Abständen, etwa innerhalb von 3 x 7 Jahren:

1983:
Die bis dahin heilige Kuh "beitragsfreie Rentner-Krankenversicherung" wird zu Grabe getragen. Zwar nicht im Schweinsgalopp, aber gemessenen Schrittes. Über 1%, 3 %, 5% und nach kürzeren Aufwärts-Zwischenschritten zuletzt von 8,15% auf 8,55%.

2004:
Notgeschlachtet wird die bisherige Beitragsfreiheit für Betriebsrenten, Direktversicherungszahlungen usw. Die Not ist so groß, dass es auch Altfälle erwischt, denen das noch ganz anders verklickert worden war. Quasi von hinten durch die Brust geschossen.

2025:
Bis jetzt beschlossen ist nur der rekordverdächtige Anstieg des Zusatzbeitragssatzes von zuletzt im Durchschnitt 1,7 % um 47,1 %
(oder 0,8 Prozentpunkte) auf dann 2,5 %. Zum Trost für Rentner: das trifft auch die Jungfüchse, Arbeitnehmer und Selbständige.
Aber Überraschungen nicht ausgeschlossen; das Jahr hat ja noch nicht mal angefangen.

2046:
Ich würde mich ja überraschen lassen, aber lt. aktueller Sterbetafel werde ich bis dahin schon beiseite getreten sein. :|

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Re: Quo vadis Beitragsparadies für Rentner?

Beitragvon RolandPKV » 09.12.2024, 14:57

In 5 bis 10 Jahren wird es wohl keine KVdR mehr geben, ebensowenig wird dann bei Pflichtversicherten nur das Arbeitseinkommen zur Beitragsberechnung herangezogen. Es wird dann wie heute bei den freiwillig Versicherten sein, alle Einkünfte bis zur Beitragsbemessungsgrenze werden verbeitragt.

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Re: Quo vadis Beitragsparadies für Rentner?

Beitragvon Racer76 » 11.12.2024, 20:45

Ich persönlich würde es begrüßen, wenn zumindest die angesetzte Steuerlast als Grundlage für die GKV Beiträge herangezogen wird- für jeden. Das aktuelle System ist nicht so wirklich sozial gerecht. Gerne könnte man auch Mieten oder die Zinslasten für die Erstwohnung beitragsmindernd geltend machen. Es erschließt sich aus sozialen Gesichtspunkten nicht, dass passive Einkommen völlig ignoriert werden, wenn man nur den Status Pflichtversicherung erreicht (was gerade für höhere Vermögenenden relativ einfach ist).

Bleibt es beim aktuellen System (gleiche Leistungen für alle), wird man wohl oder übel an die großen Posten rangehen müssen. Dies wären Krankenhaus, Zähne + Zahnersatz sowie die beitragsfreie Versicherung und die Beitragsbemessung. Oder man nähert sich dem französischen Modell an.

Alternativ könnte man überlegen, die Bürgerversicherung oder die Kopfpauschale einzuführen. Dieser Posten war ja in den letzten Jahren und Jahrzehnten gefühlt mit der erste Punkt, der bei Koalitionsverhandlungen verschwunden ist (wo ich mir bei der Ampel und den Kräfteverhältnissen schon sehr die Augen gerieben habe).

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Re: Quo vadis Beitragsparadies für Rentner?

Beitragvon Racer76 » 11.12.2024, 20:46

BTW würde es aber auch schon viel helfen, wenn man es schaffen würde, EINE Kasse für alle zu etablieren.

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Re: Quo vadis Beitragsparadies für Rentner?

Beitragvon RolandPKV » 12.12.2024, 08:49

Racer76 hat geschrieben:BTW würde es aber auch schon viel helfen, wenn man es schaffen würde, EINE Kasse für alle zu etablieren.


Würde überhaupt nicht helfen, im Gegenteil. Solche Einheitssysteme/Monopolisten sind noch nie gut für die Menschen gewesen.

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Re: Quo vadis Beitragsparadies für Rentner?

Beitragvon Czauderna » 12.12.2024, 09:34

Hallo,
ich glaube nicht, dass in naher Zukunft das SGB V in der Form geändert wird, dass für den dort genannten Personenkreis der Versicherungspflichtigen alle Einnahmen bis zur Beitragsbemessungsgrenze zugrunde gelegt werden.
Denkbar wäre in erster Linie die Bürgerversicherung, die eine Pflichtversicherung für alle, in Deutschland mit erstem Wohnsitz, zum Inhalt hat und für die es keine Befreiung zugunsten einer PKV-Vollversicherung geben wird. Das hätte auch zur Folge, dass der Leistungskatalog der GKV in der heutigen Form überarbeitet wird und einige Leistungen in den Privatbereich verschoben werden und genau dafür wird es dann weiterhin die PKV als Ergänzungsversicherung geben. Also, Krankenversicherungspflicht für alle und Aufhebung der Krankenversicherungspflichtgrenze sowie Anpassung der Beitragsbemessungsgrenze der KV an die der Rentenversicherung und der Arbeitslosenversicherung.
Natürlich müsste auch die Art und der Umfang der sonstigen Einkünfte (Vermietung/Verpachtung und Kapitalerträge) neu festgelegt werden. Hier wäre ein Freibetrag denkbar, z.B. ähnlich wie der bei der Einkommensteuerberechnung.
Das Problem bei der Bürgerversicherung ist, dass eigentlich alle sie wollen, man sich aber nicht entschließen kann, endlich mal zu handeln.
Gruss
Czauderna

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Re: Quo vadis Beitragsparadies für Rentner?

Beitragvon Racer76 » 12.12.2024, 16:23

RolandPKV hat geschrieben:Würde überhaupt nicht helfen, im Gegenteil. Solche Einheitssysteme/Monopolisten sind noch nie gut für die Menschen gewesen.


Ein Oligopol wie bei den gesetzlichen Krankenkassen ist nicht viel besser, im Gegenteil, durch 95 überflüssige Verwaltungssysteme sowie dem Verwaltungsaufwand mit dem Gesundheitsfond werden zusätzliche Gelder im Vergleich zum Monopol verbrannt. Das Problem ist, dass nur wenige das Oligopol umgehen können (um in ein anderes Oligopol zu wechseln, das nach ein paar Jahren zum Monopol wird). Ob so oder so, der Staat gibt über 95% der Leistungen der Anbieter (über den Leistungskatalog) vor. Also echter Wettbewerb (zumal strukturelle Unterschiede durch den Gesundheitsfond geglättet werden) ist das nicht.

Czauderna hat geschrieben:Das Problem bei der Bürgerversicherung ist, dass eigentlich alle sie wollen, man sich aber nicht entschließen kann, endlich mal zu handeln.


Da fällt mir spontan eine Berufsgruppe sowie eine Partei ein, die das eben nicht wollen. Zweitere hat es bei den letzten Koalitionsverhandlungen geschafft, diesen Punkt in der ersten Verhandlungsrunde vom Tisch zu bekommen. Mal sehen wie das ab Februar aussieht.

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Re: Quo vadis Beitragsparadies für Rentner?

Beitragvon Racer76 » 12.12.2024, 20:24

Um mal ein Gefühl für die Größenordnungen zu bekommen:
Die Einnahmen der gesetzlichen Krankenversicherungen betrug 2023 304 Milliarden Euro bei Verwaltungskosten von 4,2%. Das macht Verwaltungskosten von rund 12,8 Milliarden Euro. Natürlich kann man nicht diese Kosten einfach durch 96 teilen. Aber da die Anbieter alle dieselben Leistungen erbringen und man viele Prozesse vereinfachen könnte, könnte man nach meiner Einschätzung Verwaltungskosten im mittleren Milliardenbereich einsparen. Weiterer positiver Effekt wäre, dass eine GKV für viel mehr Versicherte mit Pharmaunternehmen verhandeln könnte.

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Re: Quo vadis Beitragsparadies für Rentner?

Beitragvon Saxum » 17.12.2024, 11:08

So einfach ist die Rechnung meines Erachtens nach nicht.

Es ist vielleicht richtig, dass ein "echter Wettbewerb" im Sinne der freien (sozialen) Marktwirtschaft im Krankenkassenwesen fehlt und das ist auch richtig und gut so - das hat da für mich nichts zu suchen. Jedoch vertreten die jeweiligen Krankenkassen auch unterschiedliche Interessengruppen, die sich eher mit der jeweiligen Krankenkasse sich identifizieren können und über die jeweiligen Verwaltungsräte und Beiräte. HIER ist der "Wettbewerb" im sozialen Sinne den man sucht, dass hier möglichst verschiedene Interessen vertreten werden und die miteinander so in den Dialog gehen sowie verhandeln müssen.

Ein Pharmaunternehmen freut sich einen Dackel wenn die nur mit einer Kasse streiten muss, denn es hat es so einfacher als wenn es durch die verschiedenen Beteiligten im gewissen Zugzwang ist und so einen "Markt" hat den er bedienen muss. Marktwirtschaftlich gesehen ziehen in der Regel mehrere Akteure den Preis eher nach unten als ein alleinstehender Akteur - Stichwort: Preisdruck. Problematisch ist hier, meiner Ansicht nach, wenn dann eher die (geplante) "Vertraulichkeit der Erstattungspreise" - diese ist Wettbewerbswidrig. Hier steht für mich glücklicherweise immerhin der Bundesrat derzeit ablehnend entgegen.

Ein Mono-Block (Einheitssystem) vertritt nicht nur weniger solche verschiedene Interessengruppen, es würden dann vielleicht Namen und Vorstände wegfallen, aber Personalkosten, Gebäudekosten und was alles noch dazu gehört bleibt ja relativ gesehen gleich, da die Versicherten und Praxen ja versorgt werden müssen. Wenn die Sachbearbeiter*innen jetzt schon Schwierigkeiten haben mit den Sachbearbeitungen nachzukommen wird eine Erhöhung der Schlüsselzahl keinen positiven Effekt bringen. Die "96 +/-x Verwaltungssysteme" sind nicht überflüssig, selbst wenn es nur ein einziges Verwaltungssystem wird, ändert es nichts dran, dass die Kosten im überwiegenden Teil bleiben und eine Ersparnis tatsächlich in der Gesamtschau eher marginal auswirkt. Diese Verwaltungssysteme stehen auch im Wettbewerb untereinander, je effizienter eine arbeitet, desto eher kann diese ggf. besser neue Mitglieder*innen anwerben oder halten - dies sorgt für einen gewissen Grad an Modernisierung dieser Systeme.

Das wäre darüber hinaus dann eher ein "Bürokratisches Monster" das nur noch sich selbst als Interessent hat und in dem alles noch verschachtelter wird und aufgrund der Monopolstellung aus Einspargründen es weniger als erforderlich sieht sich zu modernisieren. Das wird meiner Meinung nach tatsächlich für keinen der Beteiligten positiv auswirken. Eher sehr Negativ: Denn das hat auch schon die Historie hinsichtlich staatlicher und privater alleinstehender Einheitssysteme oft genug gezeigt.

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Re: Quo vadis Beitragsparadies für Rentner?

Beitragvon GS » 17.12.2024, 13:09

Hallo Saxum,
nichts gegen Deinen vorigen Beitrag. aber vielleicht lässt sich dieses Malheur
Saxum schreibt:
[...] Diese Verwaltungssysteme stehen auch im Wettbewerb untereinander, je effizienter eine arbeitet, desto eher kann diese ggf. besser neue Mitglieder*innen anwerben oder halten - dies sorgt für einen gewissen Grad an Modernisierung dieser Systeme.
ja noch begradigen oder wenigstens editieren?

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Re: Quo vadis Beitragsparadies für Rentner?

Beitragvon RolandPKV » 17.12.2024, 14:44

@GS: wenn man korrekt gendern möchte darf man auch die deutsche Sprache vergewaltigen :D

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Re: Quo vadis Beitragsparadies für Rentner?

Beitragvon GS » 17.12.2024, 15:39

@RolandPKV: Ich meine es gut mit der Sprache im Allgemeinen und mit den hier mitlesenden Foristen im Besonderen. Daher verzichte ich aufs Gendern. Nicht nur hier im Forum :wink:

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Re: Quo vadis Beitragsparadies für Rentner?

Beitragvon Czauderna » 17.12.2024, 17:56

Hallo,
ich selbst bin nicht so für das Gendern, aber wer es mag - bitteschön, ganz im Sinne vom Alten Fritz.
Gruss
Czauderna

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Re: Quo vadis Beitragsparadies für Rentner?

Beitragvon RolandPKV » 17.12.2024, 20:07

Tss, so viele politisch inkorrekte Leute hier ... Die nächste Bundesregierung wird hoffentlich eine Foren-Polizei einrichten, um solche Dinge streng zu ahnden :lol:

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Re: Quo vadis Beitragsparadies für Rentner?

Beitragvon Saxum » 17.12.2024, 20:18

Das langweilig und kommt vom eigentlichen Thema hier ab.

Aber dazu soviel und das meine ich von Herzen Respektvoll: Wenn wir beim Gendern von einer "Sprachpolizei" sprechen, dann sollten wir am besten auch die "Wortfeuerwehr" einführen – für alle Fälle, in denen jemand einen Begriff benutzt, der nicht mehr zeitgemäß ist. "Problematisch" ist nicht das Gendern an sich, sondern meines Erachtens nach dann Menschen die das Bedürfnis verspüren irgendetwas (gleichgültig ob positiv oder negativ) dazu zu kommentieren - das hat was von einem Pferd zu reiten das nicht mehr unter den Lebenden weilt. Wer auf das Gendern "angeblich für die Sprache oder die Mitlesenden" verzichtet, stellt sich jetzt auch nicht besser dran, als jemand der Gendert - die Wust hat in der Regel zwei Enden. Die Differenz liegt genau in dem Punkt, es unbedingt herausstellen zu müssen oder andere proaktiv zum "Edit" aufzufordern - anstelle es das Leben, Leben sein zu lassen - um den Spruch vom "alten Fritz" aufzugreifen. Da könnte sich durchaus im Umkehrschluss die Frage aufkommen, wo wohl dann vielleicht eine vermeintliche "Sprachpolizei" eher wäre.

Wie dem auch sei ....
Zuletzt geändert von Saxum am 17.12.2024, 20:33, insgesamt 1-mal geändert.


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