Grundsicherung- Basistarif PKV- unterschiedliche Handhabung

Erfahrungsberichte, Beitragserhöhungen, Versicherungspflicht, gesetzlich oder privat, usw.

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damike
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Grundsicherung- Basistarif PKV- unterschiedliche Handhabung

Beitragvon damike » 03.05.2009, 12:03

Hallo,
auch ich habe das Problem mit der PKV meiner Eltern.
(Grundsicherung- Basistarif PKV- unterschiedliche Handhabung der Sozialämter-Unfallproblematik)
Hier kurz die wichtigen Info´s:
Meine 80- und 81-jährigen Eltern, beide chronisch krank, erhalten seit einigen Jahren Grundsicherung und sind schon immer, da früher selbständig, privat krankenversichert.
Früher bezahlte die Grundsicherung die Beiträge. 2009 wurden sie vom Amt für Grundsicherung gedrängt ( wie im Falle von Millka) vom Standardtarif in den Basistarif zu wechseln.
Bezahlt werden nun nur die jeweils 129,54 € und 17,79 €.
Klage gegen das Sozialamt in Ulm, die mit Hilfe des VDK eingereicht wurde, wurde aufgrund eines abschlägigen Urteils in Heilbronn mangels Erfolgsaussicht zurückgezogen.
Die PKV verweist auf „Notfallbehandlungen“ und Arztbesuche sollen unter vorheriger Telefonanmeldung beim Versicherer erfolgen, die Sachbearbeiter des Sozialamtes sind nicht sehr hilfreich.
Da mein Vater einen Termin am 20.05.2009 bei der Sozialministerin aus BW hat, möchte ich ihn mit möglichst vielen Informationen unterstützen und begleiten.
Nun zu meinen Fragen:

1. Da die Handhabung der SH-Träger unterschiedlich ist , manche übernehmen die Beiträge hälftig und andere nur das o.g., würde ich gerne Beispiele dafür haben, v.a. in BW.
2. Ist eine Argumentation mit Hinweis auf den Gleichheitssatz nach Art. 3 GG sinnvoll?
3. Wo kann ich folgende von Rossi am 05.02.09 getroffene Aussage
nachlesen bzw. wie wird sie begründet?

“ Ach ja, es passiert seit dem 01.01.2009 nichts, wenn Du die Beitragsdifferenz nicht zahlst. Eine Kündigung durch den Versicherer ist nicht mehr möglich.
Grundsätzlich kann die private Kv dann den Anspruch auf ruhend stellen, wenn man mit mehr als 2 Monatsbeiträgen in Rückstand ist. Dann bekommt man nur noch die Kosten für Notfallbehandlungen erstattet.
Allerdings tritt dieses Ruhen nicht ein (nur Notfallbehandlungen), wenn jemand lfd. Leistungen nach dem SGB XII erhält. Dieses ist bei Papi der Fall. Es kann jedoch passieren, dass die private Kv. den nun gewählten Tarif VCH3 Tarif in den Basistarif umstellt. Allerdings geht das erst nach 12 Monaten.“


für Antworten im Voraus vielen Dank!




.-.

Rossi
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Beitragvon Rossi » 03.05.2009, 14:10

Nun denn, die sog. Unfallproblematik mit § 12 Abs. 1 c Satz 6 VAG (Versicherungsaufsichtsgesetz)

Es hat den Anschein, dass der politische Druck grösser wird. Guckst Du hier; es liegt ein Antrag an den Bundestag vor.

http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/127/1612734.pdf

Aber das Problem war damals schon im Gesetzgebungsverfahren allen Politkern mehr als bekannt. Man konnte jedoch keine Einigung finden.

1. Da die Handhabung der SH-Träger unterschiedlich ist , manche übernehmen die Beiträge hälftig und andere nur das o.g., würde ich gerne Beispiele dafür haben, v.a. in BW.


Das bringt Dir überhaupt nichts, denn der Wortlaut der Bestimmung des § 12 Abs. 1 c Satz 6 VAG ist eindeutig, hiernach darf der Sozialhilfeträger nur max. die 129,54 Euro und 17,79 Euro übernehmen. Dieses gilt explizit nur dann, wenn der Kunde auch im Basistarif steckt. Denn für die Decklung im Basistarif gibt es eine spezielle gesetzliche Bestimmung (§ 12 Abs. 1 c VAG). Steckt der Kunde nicht im Basistarif geht es nach § 32 SGB XII und dort ist die Rede von angemessenen Beiträgen. Also im Basistarif gilt lex specialis (§ 12 Abs. 1 c VAG) vor lex generalis. Steckt man nicht im Basistrarif gilt lex generalis. Aber die Sozialhilfeträger verlanden in der Regel den Tarifwechsel vom Normaltarif in den Basistarif.





2. Ist eine Argumentation mit Hinweis auf den Gleichheitssatz nach Art. 3 GG sinnvoll?


Können wir Dir hier leider nicht beantworten, dürfte Aufgabe der Richter in Karlsruhe sein (BVerg).


Aber ich versuche Dir mal die gesamte Logik bzw. den Aufbau der Bestimmungen der Sätze 4 - 6 des § 12 Abs. 1 c VAG zu erklären.

Wir haben zunächst den Satz 4.


Entsteht allein durch die Zahlung des Beitrags nach Satz 1 oder Satz 3 Hilfebedürftigkeit im Sinne des Zweiten oder des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch, vermindert sich der Beitrag für die Dauer der Hilfebedürftigkeit um die Hälfte; die Hilfebedürftigkeit ist vom zuständigen Träger nach dem Zweiten oder dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch auf Antrag des Versicherten zu prüfen und zu bescheinigen.

Wir nehmen den Ernst Pimpelhuber mal als praktischen Fall. Ich mache hier zunächst eine sog. Bedarfsberechnung (Regelsatz und Kosten der Unterkunft welches dem Einkommen gegenübergestellt wird). Die Krankenversicherung bleibt zunächst ausser Betracht.

600,00 Euro Bedarf (RS/KDU)
900,00 Euro Einkommen
300,00 Euro Überhang

Beitrag für den Basistarif 500,00 Euro.

Ernst Pimpelhuber kann mit seinem Überhang von 300,00 Euro den Kv-Beitrag von 500,00 Euro nicht löhnen. Es wird also allein durch die Zahlung des Beitrages hilfebedürftig.

Jetzt legt Ernst eine Bescheinigung des Sozialamtes vor und der Beitrag wird auf 250,00 Euro halbiert. Aus den 300,00 Euro Überhang kann er nunmehr die 250,00 Euro für die Kv löhnen und alles ist tuti.

Dann haben wir den Satz 5


Besteht auch bei einem nach Satz 4 verminderten Beitrag Hilfebedürftigkeit im Sinne des Zweiten oder des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch, beteiligt sich der zuständige Träger nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch auf Antrag des Versicherten im erforderlichen Umfang, soweit dadurch Hilfebedürftigkeit vermieden wird.


Wir nehmen jetzt die Elfriede Musterman als praktischen Fall:

600,00 Euro Bedarf
620,00 Euro Einkommen
20,00 Euro Überhang

Der Krankenversicherungsbeitrag beträgt auch hier 500,00 Euro. Der Beitrag wird zunächst nach Satz 4 halbiert und beträgt dann 250,00 Euro. In diesem Fall beteiligt sich der Träger der Sozialhilfe allerdings im erforderlichen Umfang. Dann haben wir nachfolgende Berechnung

250,00 Euro Kv-Beitrag
20,00 Euro Überhang
230,00 Euro Beitragszuschuss

Also in der Konstellation des Satzes 5 geht man ganz offensichtlich von dem tatsächlichen Beitrag aus und nicht von den 129,54 Euro.

Und jetzt kommt der Satz 6

Besteht unabhängig von der Höhe des zu zahlenden Beitrags Hilfebedürftigkeit nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch, gilt Satz 4 entsprechend; der zuständige Träger zahlt den Betrag, der auch für einen Bezieher von Arbeitslosengeld II in der gesetzlichen Krankenversicherung zu tragen ist.



Also wir haben hier die Konstellation, wo der Kunde schon lfd. hilfebedürftig ist. Er kann den RS und die KDU aus seinem Einkommen nicht finanzieren.

Der Beitrag ist auch schon halbiert auf 250,00 Euro, aber er bekommt nur 129,54 Euro.

Jetzt nehmen wir uns noch einmal den 2. Fall (Elfriede Musterman) unter die Lupe. Sie hat nen Überhang von 20,00 Euro und ist somit ohne den KV-Beitrag nicht lfd. hilfedürftig. Bekommt dann 230,00 Euro. Tja, wie es in der heutigen Zeit mal so ist, alles wird teuer, auch bei Elfriede. Sie bekommt ne Betriebskostenabrechnung des Vermieters ins Haus geflattert. Ne fette Nachzahlung und eine künftige Mieterhöhung von 25,00 Euro.

Vor der Mieterhöhung hat sie 230,00 Euro bekommen.

Jetzt steigen die Kosten um 25,00 Euro monatlich und sie wird lfd. hilfebedürftig. Sie bekommt dann nach dem Wortlaut des Satzes 6 nachfolgende Hilfe

5,00 Euro Grundsicherung
129,54 Euro Beitragszuschuss Kv
134,59 Euro Gesamtleistung


Vorher als die Miete günstiger war bekam sie 230,00 Euro und jetzt auf einmal nur noch 134,59 Euro.

Wem es hier im Forum gelingt, mir dieses nachvollziehbar und plausibel zu erklären, bekommt von mir ne Kiste Erdinger.



3. Wo kann ich folgende von Rossi am 05.02.09 getroffene Aussage nachlesen bzw. wie wird sie begründet?


Steht alles im VVG.

§ 193 Abs. 6 VVG


(6) Ist der Versicherungsnehmer in einer der Pflicht nach Absatz 3 genügenden Versicherung mit einem Betrag in Höhe von Prämienanteilen für zwei Monate im Rückstand, hat ihn der Versicherer zu mahnen. Ist der Rückstand zwei Wochen nach Zugang der Mahnung noch höher als der Prämienanteil für einen Monat, stellt der Versicherer das Ruhen der Leistungen fest. Das Ruhen tritt drei Tage nach Zugang dieser Mitteilung beim Versicherungsnehmer ein. Voraussetzung ist, dass der Versicherungsnehmer in der Mahnung nach Satz 1 auf diese Folge hingewiesen worden ist. Das Ruhen endet, wenn alle rückständigen und die auf die Zeit des Ruhens entfallenden Beitragsanteile gezahlt sind oder wenn der Versicherungsnehmer oder die versicherte Person hilfebedürftig im Sinn des Zweiten oder Zwölften Buches Sozialgesetzbuch wird; die Hilfebedürftigkeit ist auf Antrag des Berechtigten vom zuständigen Träger nach dem Zweiten oder dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch zu bescheinigen. Während der Ruhenszeit haftet der Versicherer ausschließlich für Aufwendungen, die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände sowie bei Schwangerschaft und Mutterschaft erforderlich sind. Angaben zum Ruhen des Anspruchs kann der Versicherer auf einer elektronischen Gesundheitskarte nach § 291a Abs. 1a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vermerken. Darüber hinaus hat der Versicherungsnehmer für jeden angefangenen Monat des Rückstandes anstelle von Verzugszinsen einen Säumniszuschlag von 1 vom 100 des Beitragsrückstandes zu entrichten. Sind die ausstehenden Beitragsanteile, Säumniszuschläge und Beitreibungskosten nicht innerhalb eines Jahres nach Beginn des Ruhens vollständig bezahlt, so wird die Versicherung im Basistarif fortgesetzt. Satz 6 bleibt unberührt.


Und § 193 Abs. 7 VVG

(7) Bei einer Versicherung im Basistarif nach § 12 des Versicherungsaufsichtsgesetzes kann das Versicherungsunternehmen verlangen, dass Zusatzversicherungen ruhen, wenn und solange ein Versicherter auf die Halbierung des Beitrags nach § 12 Abs. 1c des Versicherungsaufsichtsgesetzes angewiesen ist.

Ich will hoffen, dass meine Erklärung ein wenig verständlich waren.

Viel Erfolg!

damike
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Beitragvon damike » 03.05.2009, 15:56

Vielen Dank für die ausführliche Antwort, den § 193 VVG hatte ich noch nicht beachtet. Den Rest habe ich durchaus verstanden, auch die vorherigen Beiträge zum Thema mit Interesse gelesen, ein Rest Unsicherheit bleibt. Auf jeden Fall werde ich mit diesen Info´s mit meinem Vater sowohl zu SH-Träger, der PKV und im Anschluss zu Frau Scholz marschieren. Und um sie mit der unterschiedlichen Handhabung der SH- Träger zu konfrontieren, wären einige Beispiele schon recht. ( Hamburg kenne ich)
Ich kann die Logik des § 12 VAG auch nicht erklären,
aber die Kiste Erdinger ist kein Problem, wohne fast um die Ecke.
Schönen Sonntag noch Steffi

Rossi
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Beitragvon Rossi » 03.05.2009, 16:49

Auf jeden Fall werde ich mit diesen Info´s mit meinem Vater sowohl zu SH-Träger, der PKV und im Anschluss zu Frau Scholz marschieren.


Noch einmal, wenn das Sozialamt der Eltern diesen Standpunkt vertritt - nur 129,54 Euro - dann handelt das Sozialamt völlig richtig.

Hamburg zahlt voll, das weiss ich.

Berlin macht es jetzt auch.

Es gibt hierzu eine nette Aussage von zwei Ministerien (BMG und BMAS / KLOS 24. - 25.09.2008)

Ich stelle diese Auffassung hier mal ein:

Hier ein Auszug des BMG und BMAS

KOLS: 24. – 25.09.2008

TOP 7: Auswirkungen der Gesundheitsreform ab 01.01.2009 auf die Sozialhilfeträger

- Antworten zum Fragenkatalog –

4. Basistarif nach § 178 a VVG (nach VVG-Reform nunmehr § 193 Abs. 5 VVG); § 12 Abs. 1 a bis 1 c VAG

Frage:

Höhe und Umfang der Leistungen: Gibt es Abweichungen/Einschränkungen zur
GKV/SGB V? Höhe der Beiträge für Sozialhilfeempfänger? Wird die Beitragslücke, auf die der Deutsche Verein in seinem Positionspapier vom 18.06.2008 hingewiesen hat, vom Gesetzgeber geschlossen?

Antwort:

Die Leistungen des Basistarifs müssen lt. § 12 Abs. 1 a Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) „in Art, Umfang und Höhe“ mit jenen Leistungen des SGB V, auf die ein Anspruch besteht, „jeweils vergleichbar“ sein. Der PKV-Verband ist zur konkreten Festlegung des Leistungsumfanges beliehen; die Fachaufsicht darüber übt das BMF aus (§ 12 Abs. 1 d VAG). Der bislang vorliegende Entwurf der Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) zum Basistarif orientiert sich – der gesetzlichen Vorgabe – entsprechend – weitestgehend an den für die GKV geltenden Regelungen. Da noch einige Detailfragen zu klären sind, steht eine endgültige Zustimmung des BMF zu den AVB des Basistarifs derzeit aber noch aus.

Die maximale Höhe des von Sozialhilfeempfängern im Basistarif zu entrichtenden Beitrags ist durch § 12 Abs. 1 c VAG vorgegeben. Der auf Basis von Geschlecht und Eintrittsalter kalkulierte, jedoch keinesfalls den GKV-Höchstbeitrag überschreitende Beitrag im Basistarif reduziert sich für die Dauer der Hilfebedürftigkeit im Sinne von SGB XII (oder SGB II) entsteht. Besteht unabhängig von der Höhe des zu zahlenden Beitrags Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB XII oder SGB II (Hilfebedürftigkeit besteht also bereits vor Eintritt der Absicherungspflicht im Basistarif), dann ist vom zuständigen SGB XII- oder SGB II-Träger der Beitrag zu zahlen, der auch für einen Beziehe von Arbeitslosengeld II in der gesetzlichen Krankenversicherung zu tragen ist (§ 12 Abs. 1 c Satz 6 VAG).

Durch diese in § 12 Abs. 1 c VAG enthaltene Deckelung der zu übernehmenden Beiträge im Basistarif für bereits ohne Beitragszahlung hilfebedürftige Personen kommt es nicht zu einer Beitragslücke, wenn die Sozialhilfeträger den halbierten Beitrag als einen nach § 32 Abs. 5 SGB XII angemessenen Beitrag auffassen.



Nachrichtlich:
Empfänger laufender Leistungen nach dem 3., 4., 6. und 7. Kapitel des SGB XII sind für die Dauer des Leistungsbezuges und während Zeiten einer Unterbrechung des Leistungsbezuges von weniger als einen Monat nicht im Basistarif aufnahmeberechtigt (bzw. nicht „versicherungsfähig“), wenn der Leistungsbezug vor dem 1. Januar 2009 begonnen hat (§ 193 Abs. 5 VVG).





Wobei ich muss Dir ehrlich gestehen, den Beitrag nach § 32 Abs. 5 SGB XII als angemessen zu betrachen, wiederläuft klipp und klar dem Grundsatz "lex speciales vor lex generalis"

Und auch die nachrichtliche Information am Schluss macht mich total nachdenklich. Hierach könnte ein sog. Bestandskunde, der am 31.12.2008 schon lfd. Sozialhilfe bekommen hat, nämlich gar nicht in den Basistarif wechseln. Und ne Deckelung bzw. die Höhe des Beitragszuschusses gilt nur für Kunden in dem Baisistarif.

Völlig klar, über § 193 Abs. 5 VVG ist die priv. Kv nicht verpflichtet den Bestandskunden in den Basistarif auzunehmen. Jenes ist richtig.

Aber es gibt noch die Bestimmungen des § 204 VVG; der sog. Tarifwechsel. Und hier kann man sofort in den Basistarif wechseln, wenn man lfd. hilfebedürftig ist.

Also mein Fazit; es ist spannend und wird es auch bleiben!!

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Beitragvon damike » 03.05.2009, 17:02

Brrr, sehr spannend. Das Sozialamt handelt innerhalb der gesetzlichen Regeln, schon klar. Aber die Auskünfte der PV, nach denen sie nur für Notfallbehandlungen eintreten, sind nach dem bisher gelesenen nicht in Ordnung und darauf kann ich sie jetzt zumindest besser informiert hinweisen. Alte und kranke Menschen werden so höchst verunsichert.
Für alle Info´s bisher vielen Dank, ich werde erzählen wie es weitergeht.

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Beitragvon Rossi » 02.06.2009, 19:55

Hätte ich jetzt nicht gedacht.

Unsere Politiker sind offensichtlich schlagartig wach geworden. Nachdem es im Bundestag erörtert wurde, hat man die sog. Unfallproblematik erst einmal an die Ausschüsse verwiesen.

Na ja, hat der Rossi gedacht, vor den Wahlen wird das nix mehr.

Wat soll´s sind ja nur ca. 12.500 Bürger in Deutschland betroffen. Wenn´s nicht mehr sind? Aber immerhin die Schwächsten der Gesellschaft.

Am 18.06.2009 wird das Gesetz zur Änderung des Arzneimittelrechts in zweiter und dritter Lesung im Bundesrat beraten. Bis dahin wird der Bericht des Gesundheitsausschusses einschließlich einer evtl. Regelung zu § 12 VAG vorliegen.


23.) Zweite und dritte Beratung Bundesregierung
Arzneimittelrechtliche und andere Vorschriften/Änd
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/122/1612256.pdf

Nu werden unsere Volksvertreter aber schnell.

Hier der Auszug aus der Vorlage:

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode Drucksache 16/12677


Zu § 12 Absatz 1c Satz 6 VAG
Der Bundesrat bittet, im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens durch geeignete Regelungen, gegebenenfalls durch eine Änderung des § 12 Absatz 1c Satz 6 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG), sicherzustellen, dass Hilfebedürftige im Sinne des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) im Hinblick auf ihren Krankenversicherungsschutz keine Finanzierungslücken zur Begleichung ihrer Beitragspflichten hinnehmen müssen.

Begründung
Von den privaten Krankenversicherungen ist ab 1. Januar 2009 ein Basistarif anzubieten, der Leistungen entsprechend der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst. Der zu zahlende Beitrag entspricht gemäß § 12 Absatz 1c VAGdem jeweils gültigen Höchstbeitrag in der gesetzlichen Krankenversicherung (2009: 569,63Euro). Der Beitrag reduziert sich auf die Hälfte (284,82 Euro), wenn durch die Höhe des Beitrages Hilfebedürftigkeit im Sinne des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch oder des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch entsteht oder – unabhängig von der Höhe des zu zahlenden Beitrags – vorliegt. In Fällen, in denen unabhängig von der Beitragshöhe Hilfebedürftigkeit besteht, ist die Beitragsübernahme durch den Träger der Sozialhilfe nach § 12 Absatz 1c Satz 6 VAGauf den Betrag begrenzt, der auch für Bezieher von Arbeitslosengeld II in der gesetzlichen Krankenversicherung gilt. Ab 1. Januar 2009 ist dies ein Betrag von 129,54 Euro monatlich. Folge davon ist, dass die Betroffenen objektiv nicht in der Lage sind, den Differenzbetrag in Höhe von rund 155 Euro monatlich (284,82 Euro abzüglich 129,54 Euro) aus dem Regelsatz in Höhe von derzeit 351 Euro aufzubringen. Zudem bestehen Zweifel an den leistungsrechtlichen Folgen eines derart unverschuldeten Zahlungsverzugs bei der Beitragsentrichtung. Nach § 193 Absatz 6 Satz 2 VVGführt der Zahlungsverzug zum Ruhen des Leistungsanspruchs aus der Krankenversicherung.

Gemäß § 193 Absatz 6 Satz 6 VVG endet das Ruhen der Leistungspflicht zwar zweifelsfrei in Fällen, in denen der Versicherungsnehmer während des Ruhens, d. h. nach Beginn des Zahlungsverzugs, hilfebedürftig im Sinne des SGB XII wird. Rechtlich unklar sind die Verzugsfolgen jedoch gerade in den für § 12 Absatz 1c Satz 6 VAGtypischen Fallkonstellationen, in denen der Zahlungsverzug erst eine Folge der Hilfebedürftigkeit darstellt. Sofern es in diesen Fällen bei der Ruhensanordnung verbliebe und damit zu einer Begrenzung der Leistungen auf die Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände käme, wäre der Grundanspruch der Betroffenen auf eine angemessene medizinische Versorgung nicht mehr erfüllt.

Es ist daher unerlässlich, eine Regelung zu treffen, die diesen für die Betroffenen in jedem Fall unzumutbaren Zustand verhindert.

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Beitragvon Rossi » 05.06.2009, 13:29

Nun denn, der Rossi ist mittlerweile begeistert, wie schnell es doch in der heutigen Zeit manchmal gehen kann.

Die Unfallproblematik wurde bereits in den Ausschüssen beraten.

Beschlussempfehlung des Bundestagsausschusses für Gesundheit vom 29.05.2009 zum Antrag der Fraktion DIE LINKE

Die Fraktion CDU/CSU schlägt vor, dass im Falle des Eintretens von Hilfebedürftigkeit die Kosten in voller Höhe von den jeweiligen Sozialversicherungsträgern zu übernehmen seien.




Guckt ihr hier: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/132/1613260.pdf

Hoffentlich können dann die 12.500 Betroffenen in Deutschland aufatmen.

Rossi
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Beitragvon Rossi » 20.07.2009, 22:44

Tja, war wohl nichts.

Die Geschichte mit der sog. Unfallproblematik wurde nunmehr im Juni 2009 und zuletzt am 02.07.2009 im Bundestag beraten.

Kommt davon, es waren Megasitzungen. Terminiert von morgens 09:00 Uhr - nachts 02:00 Uhr und es ging sogar länger. Die Sommerpause steht kurz bevor.

Man konnte sich erneut nicht politisch einigen.

Die ersten sozialgerichtlichen Verfahren sind schon gelaufen. Es gibt sogar schon einen LSG-Beschluss aus Baden-Würrtenberg vom 30.06.2009 Az. L 2 SO 2529/09 ER-B.

Die dortigen Richter haben sich sehr ausführlich mit der Problematik beschäftigt und den SGB XII-Träger verdonnert, den hälftigen Beitrag im Basistarif als angemessen im Sinne von § 32 SGB XII zu betrachten. Bei der Beurteilung der Angemessenheit im Sinne von § 32 SGB XII dürfe man sich nicht an § 12 Abs. 1 c Satz 6 VAG orientieren.

Ferner beruft sich das LSG Ba-Wü auf die Entscheidung des BverfG im Juni 2009. Das BverfG hatte sich ausführlich mit der verfassungskonformen Versicherungspflicht im Bereich der PKV beschäftigt. Das Richterteam hatte dann festgehalten, dass im Bereich des SGB II nur der gedeckelte Beitrag (ca. 129,00 Euro) und im Bereich des SGB XII der angemessene Beitrag zu übernehmen ist.

Hintergrund hierfür dürfte gewesen sein, dass im Bereich des ALG II die einschlägige Bestimmung des § 26 SGB II (Beitragzuschuss) explizit auf die Bestimmungen des § 12 Abs. 1 Satz 5 - 6 VAG verweist.


Auszug aus § 26 SGB II
.... (2) Für Bezieher von Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld, die in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht versicherungspflichtig und nicht familienversichert sind und die für den Fall der Krankheit 1. bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen versichert sind, gilt § 12 Abs. 1c Satz 5 und 6 des Versicherungsaufsichtsgesetzes,


Die Formulierungen im Bereich des SGX II sind hingegen anders.

Auszug § 32 SGB XII

.... (5) Besteht eine Krankenversicherung bei einem Versicherungsunternehmen, werden die Aufwendungen übernommen, soweit sie angemessen und die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 erfüllt sind.


Im SGB XII fehlt also ein ausdrücklicher Verweis auf § 12 Abs. 1 c Satz 4 - 6 VAG.

Na ja, darüber kann man sich natürlich auch bis zum Erbrechen streiten.

Aber letztendlich brachten die Richter des LSG Ba-Wü noch am Schluss des Beschlusses nachfolgende Passage in den Ring:

"Die Regelung des § 12 Abs. 1 c Satz 6 VAG ist politisch entschieden worden, eine Lösung der angesprochenen Problematik war in den Verhandlungen jedoch nicht zu erreichen. Vor dem Hintergrund ist es der Antragstellerin zu 2) nicht zumutbar, den politischen Konflikt auf Ihrem Rücken als schwächstes Glied der Kette austragen zu lassen und ihr ggf. zuzumuten, Ansprüche gegen die DKV AG, ……"



Wie sieht es jetzt in der Praxis aus.

Das zuständige Ministerium (BMAS) vertritt auch weiterhin die Auffassung, dass der hälftige Beitrag im Basistarif als angemessen im Sinne des § 32 SGB XII zu sehen ist.

Die Bayern bspw. - sie waren schon immer etwas besonderes - sehen nunmehr auch den hälftigen Beitrag als angemessen an.

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Beitragvon huber2 » 21.07.2009, 22:01

Hallo Rossi, gibt es zum letzten Satz mit Bayern nähere Informationen? Meine Klage läuft bereits. Danke

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Beitragvon Rossi » 22.07.2009, 00:55

Also, es gibt ein Schreiben vom 03.07.2009 des Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen welches an die Landkreise etc gerichtet ist. Hier wird klipp und klar zum Ausdruck gebracht, dass das Bundesministerium die Auffassung vertritt, dass der hälftige Beitrag im Basistarif als angemessen zu betrachten ist.

Na ja, es wird mit Sicherheit dann noch immer Kommunen in Bayern geben, die dennoch aus der Reihe tanzen, warum auch immer.

Jenes sind dann die Kommunen, die den politischen Konflikt auf den Rücken der schwächsten Glieder der Kette des Sozialstaates austragen. =D>

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Beitragvon Rossi » 22.07.2009, 14:53


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Beitragvon huber2 » 22.07.2009, 21:40

Hallo Rossi,
Wie komme ich an das Schreiben vom 03.07.2009 des Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen welches an die Landkreise etc gerichtet ist.

im voraus vielen Dank

Rossi
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Beitragvon Rossi » 22.07.2009, 23:51

Am besten mal beim Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen in München anrufen.

Es gibt doch das sog. Informationsfreiheitsgesetz (weiss jetzt nicht ob ich das richtig ausgedrückt habe), danach sind die Behörden verpflichtet die Internas auch der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen.

Allerdings handelt es sich nicht um ein Weisungsschreiben sondern nur um ein rein informatives Schreiben!

Ob sich die Richter allerdings auf so ein Weisungsschreiben einlassen, ist auch fraglich.

Verweise am besten auf den LSG-Beschluss von Ba-Wü!

Den kannst Du beim LSG Ba-Wü auch anfordern!

Versuche auch - sofern Du angerechnetes Einkommen hast - alternativ über eine ergänzende Einkommensbereinigung zu fahren. Will heissen, Beitragszuschuss nach § 12 Abs. 1 c Satz 6 VAG in gedeckelter Höhe des ALG II-Beitrages und den Rest als Einkommensbereinigung nach § 82 SGB XII.

Zwar ist in § 32 Abs. 5 Satz 3 SGB XII geregelt, dass § 82 Abs. 2 Nr. 2 und 3 (Absetzung von Pflichtbeiträgen zur privaten Versicherungen, soweit sie vorgeschrieben sind) insoweit nicht anzuwenden ist.

Das Wörtchen insoweit ist auslegbar. Hiermit wollte der Gesetzgeber eine sog. doppelte Berücksichtigung (Beitragszuschuss nach § 32 SGB XII und gleichzeitige Einkommensbereinigung nach § 82 SGB XII) einfach nur vermeiden. Wenn man die 127,00 Euro als Beitragszuschuss gewährt und die restliche Lücke von 155,00 Euro als Einkommensbereinigung berücksichtigt, dann handelt es sich nicht um eine doppelte Berücksichtigung. Einige Sozialhilfeträger steigen derzeit auf diesen Zug!

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Beitragvon walki » 24.07.2009, 00:01

Hi Rossi

Du schreibst oben:
"Das bringt Dir überhaupt nichts, denn der Wortlaut der Bestimmung des § 12 Abs. 1 c Satz 6 VAG ist eindeutig, hiernach darf der Sozialhilfeträger nur max. die 129,54 Euro und 17,79 Euro übernehmen. Dieses gilt explizit nur dann, wenn der Kunde auch im Basistarif steckt. Denn für die Decklung im Basistarif gibt es eine spezielle gesetzliche Bestimmung (§ 12 Abs. 1 c VAG).

Steckt der Kunde nicht im Basistarif geht es nach § 32 SGB XII und dort ist die Rede von angemessenen Beiträgen.

Also im Basistarif gilt lex specialis (§ 12 Abs. 1 c VAG) vor lex generalis. Steckt man nicht im Basistrarif gilt lex generalis. Aber die Sozialhilfeträger verlanden in der Regel den Tarifwechsel vom Normaltarif in den Basistarif.
"

Wo ist das geregelt? Wäre vielleicht die Lösung für "mein" Problem.

Habe vor ein paar Wochen SGBII beantragt und ein paar PKV-Beiträge Rückstand. Der Vertrag ist noch nicht ruhend gestellt worden. Der Beitrag zu diesem Tarif entspricht etwas weniger dem hälftigen Beitrag des Basistarifs.

Nun hat mir die Arge mitgeteilt, sie übernehme €123,xx als Zuschuss zum Basistarif, obwohl ein solcher noch gar nicht besteht.

Sofern in diesem Fall §32 SGB XII anwendbar wäre hätte ich doch gute Chancen, dass der Betrag zu meinen jetzigen Tarif als "angemessen" betrachtet wird, zumal anderen Orten auch der - höhere - hälftige Beitrag zum Basistarif als angemessen bezeichnet wird.

Sofern wie hier vorliegend der Beitrag für meinen jetzigen PKH-Tarif geringer ist als der hälftige Basistarif wäre es m.E. unangemessen und auch unzumutbar, in den Basistarif zu wechseln weil 1) verliere ich meine Tarifvorteil und könnte später erst wieder zu deutlich ungünstigeren Bedingungen und höherem Eintrittsalter zurückwechseln und 2) wäre ich aufrund des höheren Beitrags des Basistarifs, der irgendwann auch mal voll bezahlt werden muss, viel länger bedürftig bzw. von staatl. Unterstützung abhängig.

Denkfehler ??

Walki

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Beitragvon huber2 » 24.07.2009, 18:38

Hallo Rossi,
der LSG-Beschluss aus Baden-Würrtenberg vom 30.06.2009 Az. L 2 SO 2529/09 ER-B ist nirgenwo zu finden, weder beim LSG noch bei Juris.
Stimmt das Aktenzeichen?
Danke


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