Antwort auf meine Beschwerde beim Ges.ministerium.

Erfahrungsberichte, Beitragserhöhungen, Versicherungspflicht, gesetzlich oder privat, usw.

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erde40
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Antwort auf meine Beschwerde beim Ges.ministerium.

Beitragvon erde40 » 13.04.2010, 22:57

Ich habe mich beschwert, daß Sozialämter keine ausreichenden Zuschüsse mehr zur PKV bezahlen und dadurch eine monatliche Unterdeckung von mehr als 200€ entanden sind bei mir.
Hier die Antwort:

vielen Dank für Ihre E-Mail vom 12. April 2010. Folgendes möchte ich Ihnen zu Ihrem Schreiben mitteilen:

Sie thematisieren ein dem Bundesministerium für Gesundheit bekanntes und für die Betroffenen in der Tat schwieriges Problem. Bei Personen, die der privaten Krankenversicherung (PKV) angehören und unabhängig von der Höhe des zu entrichtenden Beitrags hilfebedürftig im Sinne des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II bzw. ALG II) oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) sind, existiert bzgl. der Tragung des Beitrags eine gesetzliche Regelungslücke. Dem Wortlaut des Gesetzes (§ 12 Abs. 1c Versicherungsaufsichtsgesetz) entsprechend übernimmt der Grundsicherungsträger in diesen Fällen nur den Betrag, der auch für einen in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherten Bezieher von ALG II bezahlt würde. Dies gilt auch für Versicherte im Basistarif: Dort wird im Falle nachgewiesener Hilfebedürftigkeit der in der Regel auf rund 581 Euro bezifferte Beitrag zwar auf rund 290,50 Euro halbiert; dennoch bleibt den Versicherten eine ungedeckte Beitragslücke von rund 165 Euro monatlich.
Das gleiche Problem existiert für im Basistarif Versicherte bei der privaten Pflegepflichtversicherung.

Bei Bezug von Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) dürfte diese Lücke nach Auffassung der Bundesregierung eigentlich nicht entstehen. Denn gemäß
§ 32 Abs. 5 SGB XII hat der zuständige Sozialhilfeträger den Beitrag in "angemessener Höhe" zu tragen. Der halbierte Beitrag zum Basistarif ist nach Ansicht der Bundesregierung als angemessen aufzufassen. Diese Auffassung der Bundesregierung wurde bereits vom Landessozialgericht Baden-Württemberg (Beschlüsse vom 30. Juni 2009, Az: L2 SO 2529/09 ER-B und vom 8. Juli 2009, Az: L7 SO 2453/09 ER-B) ausdrücklich bestätigt.

Auch für die SGB II-Problematik liegen vom Sozialgericht Gelsenkirchen (Beschluss vom 2. Oktober 2009, AZ: S 31 AS 174/09 ER) und vom Sozialgericht Stuttgart (Beschluss vom 13. August 2009, AZ: S 9 AS 5003/09 ER) Entscheidungen vor, in denen der Grundsicherungsträger zur Übernahme des vollen PKV-Beitrags verpflichtet wurde.

Die Bundesregierung prüft zurzeit, auf welche Weise diese Problematik angemessen gelöst werden kann. Sie beabsichtigt den gesetzgebenden Körperschaften baldmöglichst eine gesetzliche Änderung zur Lösung des Problems vorzuschlagen. Bis zu dieser Lösung bleibt den Betroffenen derzeit leider nur, den Rechtsweg zu beschreiten.

Wichtig für alle Betroffenen in dieser Situation ist, dass der Krankenversicherungsschutz in jedem Fall sichergestellt sein muss. So darf der Krankenversicherungsvertrag vom Versicherer auch bei ausstehenden Beitragszahlungen keinesfalls gekündigt werden. Auch ist der Versicherer trotz eventueller Beitragsrückstände zur Leistung verpflichtet, denn er darf diese nicht ruhend stellen (§ 193 Abs. 6 S. 5 Versicherungsvertragsgesetz, VVG).

Die Aufrechnung von Leistungsansprüchen gegenüber Beitragsrückständen durch das Versicherungsunternehmen stellt nach Auffassung der Bundesregierung eindeutig eine unzulässige Umgehung von § 193 Abs. 6 S. 5 VVG dar. Durch die Vorschrift soll gerade sichergestellt werden, dass Hilfebedürftige, die ihre Beiträge nicht (bzw. nicht vollständig) entrichten, die vollen Leistungen des Basistarifs erhalten. Dieser Gesetzeszweck würde konterkariert, wenn sich die Versicherungsunternehmen ihrer Leistungspflicht durch eine Aufrechnung der Behandlungskosten mit den Beitragsschulden entziehen würden.

Auch der PKV-Verband hat diese Auffassung gegenüber seinen Mitgliedsunternehmen vertreten. Das Bundesministerium für Gesundheit hat den PKV-Verband zudem nochmals nachdrücklich aufgefordert, sicherzustellen, dass der betroffene Personenkreis in den Genuss des vollen Versicherungsschutzes kommt. Sollte das Versicherungsunternehmen gleichwohl dem Willen des Gesetzgebers nicht Rechnung tragen, ist auch hier der Rechtsweg anzuraten.

Ich bedauere, dass ich Ihnen derzeit keine erfreulichere Antwort auf Ihr Schreiben geben kann.

Dieses Schreiben ist im Auftrag und mit Genehmigung des Bundesministeriums für Gesundheit durch das Kommunikationscenter erstellt worden und dient Ihrer Information.

Mit freundlichem Gruß

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Beitragvon DKV-Service-Center » 14.04.2010, 20:35

Danke :-)

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Beitragvon Rossi » 17.04.2010, 23:21

Wie, es gibt immer noch Sozialämter, die sturr auf den § 12 Abs. 1 c Satz 6 VAG herumreiten?

Meine Erfahrung zeigt, dass die Zahl der Sozialämter eher weniger wird und alle die Empfehlungen des Ministeriums geniessen.

Aber es soll und wird immer wieder Einzelkämpfer geben, die es auf den Rücken der Kunden austragen!!!

Seit wann bekommst Du denn schon SGB XII-Leistungen?

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Beitragvon erde40 » 18.04.2010, 00:35

Grundsicherung bekomme ich seit 2005 und genau so lange die volle Krankenkasse. Jetzt im April zum ersten Mal das Riesenloch :(

gruß erde

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Beitragvon Rossi » 18.04.2010, 00:51

Niedlich so eine Vorgehensweise!

Der Rossi ist mehr als begeistert; seit 5 Jahren keine Probleme und jetzt im April 2010, nachdem die berüchtigte Vorschrift schon seit 01/2009 gilt, kommt der Senseman.

Ein großes Lob an Dein Sozialamt.

Hast Du irgendwelches Einkommen, welches in der Sozialhilfe angerechnet wird?

Hast Du mal Bock, dass wir Dein Sozialamt mal so richtig ins Grübeln bringen? Die Empfehlung der Bundesregierung scheint wohl Deinem Sozialamt nicht im Ansatz zu interessieren. Es ist innovativ, creativ und versteckt sich hinter dem Vorbehalt des Geseztes. Gretchenfrage, ob Dein Sozialamt wirklich weiß, was es mit Dir macht?

Dein Sozialamt hat die gesetzlichen Bestimmungen - nämlich die Pflicht zur Versicherung im Sinne von § 193 Abs. 3 VVG - nicht richtig gelesen bzw. verstanden!

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Beitragvon erde40 » 18.04.2010, 14:30

Meine Witwenrente, die natürlich viel zu gering ist, um davon leben zu können. Dazu in einem Alter, wo man von jeder Art Job ausgeschlossen ist.

Der Mitarbeiter am Amt hat mirt sehr ernsthaft auseinandergesetzt, daß er nun so handeln muß!

Rossi
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Beitragvon Rossi » 18.04.2010, 23:47

Nun denn, so ernsthaft kann es wirklich nicht gewesen sein.

Meine Einschätzung von 10 Sozialämtern übernehmen mittlerweile 8 den hälftigen Beitrag.

Vor allen Dingen jetzt aus dem Dornröschenschlaf zu erwachen und den Sensemann zu machen.

Okay, dann gehe als erstes hin und beantrage die Differenz ca. 150,00 Euro (tatsächlicher Beitrag im Basistarif ca. 284,00 Euro / Beitragszuschuss 126,00) als Einkommensbereinigung von der Witwenrente. Dann stehst Du nicht im Regen. Einige Sozialämter machen es auch, die Agentur im Bereich des ALG II schon lange.

Die Rechtsgrundlage findet man in § 82 Abs. 2 SGB XII:

(2) Von dem Einkommen sind abzusetzen

...

3. Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind, sowie geförderte Altersvorsorgebeiträge nach § 82 des Einkommensteuergesetzes, soweit sie den Mindesteigenbeitrag nach § 86 des Einkommensteuergesetzes nicht überschreiten,



Vermutlich wird Dein Sozialamt dann mit § 32 Abs. 5 SGB XII um die Ecke kommen:

(5) Besteht eine Krankenversicherung bei einem Versicherungsunternehmen, werden die Aufwendungen übernommen, soweit sie angemessen und die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 erfüllt sind. Besteht die Leistungsberechtigung voraussichtlich nur für kurze Dauer, können zur Aufrechterhaltung einer Krankenversicherung bei einem Versicherungsunternehmen auch höhere Aufwendungen übernommen werden. § 82 Abs. 2 Nr. 2 und 3 ist insoweit nicht anzuwenden. Soweit nach den Sätzen 1 und 2 Aufwendungen für die Krankenversicherung übernommen werden, werden auch die Aufwendungen für eine Pflegeversicherung übernommen.

Dein Sozialamt wird sagen, dass eine Einkommensbereinigung danach nicht möglich ist. Aber man muss diese Vorschrift sehr wörtlich lesen.

Vollkommen klar, ich kann nicht den Beitragszuschuss (126,00 Euro) gewähren und gleichzeitig eine Einkommensbereinigung machen. Jenes willst Du ja auch nicht. Du willst nur die Differenz, die nicht als Beitragszuschuss gewährt wird, als Einkommensbereinigung haben. Das Wörtchen insoweit bezieht sich auch nur hierauf. Grube in Wahrendorf sieht es auch so! Dann hast Du keine Probleme mehr!

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Beitragvon erde40 » 20.04.2010, 11:40

danke Rossi für deine ausführlichen Darlegungen.

Ich kann momentan nicht dran bleiben weil ich für ein paar Tage ins KH muß. Sobald ich dann wieder fit bin, muß ich massiv dran bleiben, damit sich das Soz.Amt bewegt.


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