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Kündigung der PKV wegen Beitragsrückstand
Verfasst: 20.08.2015, 12:37
von isklaro
hallo zusammen,
folgendes:
Person X war bis März 2012 bei der PKV A versichert. Hier sind immer noch 4000,- offen.
Dann war Person X bei der PKV B versichert. Hier sind 6000,- offen.
Seit Anfang 2014 ist Person X von PKV B nicht mehr versichert und kann auch bei PKV B nicht mehr versichert werden (laut Aussagen von PKV B). Person X ist also ohne Krankenversicherung ??
PKV B teilte Person X mündlich mit, er können nicht mehr zurück. Aber PKV A müsste ihn nehmen
Was passiert wenn person X einen Unfall hat? Welche PKV müsste dann zahlen? Oder das Amt oder hat X dann SChulden beim behandelnden Krankenhaus?
Muss PKV B oder PKV A die Person X wieder aufnehmen?
Mit welchen Kosten muss Person X rechen? Zusätzlich zu den 10.000 Euro offenen Forderungen
Danke für Infos!
Verfasst: 20.08.2015, 18:30
von romkatzi
Hi klaro,
wegen Beitragsrückstand kann niemand mehr gekündigt werden. Wenn er gar nichts mehr zahlt, wird er in den sogenannten Notlagentarif überführt, ist aber noch bei dem selben Versicherungsunternehmen versichert.
Allerdings kann es einen Rücktritt vom Vertrag aufgrund arglistiger Täuschung geben. Und das betrifft eben manchmal nicht nur Gesundheitsfragen sondern auch Zahlungsrückstände beim Vorvericherer. Sieht dann ungefähr so aus das Schreiben:
"Sie gaben in dem Antrag an, dass Sie bei keinem Krankenversicherer im Zahlungsrückstand sind. Wir erhielten nun allerdings die Information, dass bei der PKV A eine Beitragsverrechnung vorgenommen wurde. Offenbar bestanden also doch rückständige Beiträge. Diese Information lag uns aufgrund Ihrer falschen Angaben zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht vor, hätte aber dazu geführt, dass wir den bei uns gestellten Versicherungsantrag nicht angenommen hätten.
..... wegen arglistiger Täuschung gemäß §123 Abs. 1 des BGB anfechten. Wir müssen davon ausgehen, dass Sie die falschen Angaben in dem Bewusstsein gemacht haben, das wir den Antrag in Kenntnis der tatsächlichen Umstände nicht angenommen hätten."
Für eine solche Konstellation spricht, dass man sich dann nicht mehr beim Versicherer B versichern kann, auch nicht im Basistarif.
Allerdings kann man den Basistarif dann bei jedem anderen PKV-Unternehmen beantragen und muss auch angenommen werden.
Selbstverständlich kann man auch versuchen noch bei einem anderen Unternehmen in Normaltarifen unterzukommen, aber das wird schwierig, da fast immer eine Bonitätsprüfung durchgeführt wird, bzw. eben danach gefragt wird, was vorher war.
Bis dahin steht man tatsächlich erstmal ohne Versicherungsschutz da. Das alte Versicherungsverhältnis bei PKV lebt dadurch nicht wieder auf (so das LG Berlin in einem Urteil von 2013). Also fix irgendwo den Basistarif beantragen (geht auch bei PKV A).
Zu den Beitragsrückständen kommt bei sowas auch noch die Rückforderung der erstatteten Leistungen bei PKV B.
Verfasst: 20.08.2015, 22:13
von Dipling
Wie schon geschrieben - kündigen dürfen deutsche PKVen seit 2009 nicht mehr, es sei denn, es liegt eine Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht vor (aber auch dann nicht in allen Fällen) oder der Erstbeitrag wird nicht gezahlt.
Der schon angesprochene viel günstigere Notlagentarif gilt auch rückwirkend zu dem Zeitpunkt, an dem das Ruhen der Leistungen festgestellt wurde. Das kann die Schulden drastisch reduzieren.
Eine Prüfung, ob die PKV überhaupt und zum korrekten Zeitpunkt in den Notlagentarif umgestuft hat, kann sich lohnen.
Ein drohender Kostenfaktor ist hingegen der sog. einmalige Pramien- oder Strafzuschlag, der bei Abschluss eines neuen PKV-Vertrages fällig wird. Bei einer 20-monatigen Versicherungslücke sind dafür ca. 4000-5000 EUR fällig, da wohl nur der teure Basistarif in Frage kommt und dieser die Bemessungsgrundlage für den Strafzuschlag ist.
Alternativen ohne Strafzuschlag: Falls möglich, Wechsel in GKV durch Versicherungspflicht oder Familienversicherung
Auch ein EU/EWR-Dienstleister ist eine Möglichkeit - kein Strafzuschlag und sehr wahrscheinlich eine günstigere Prämie als im PKV-Basistarif. Die europäischen Versicherer dürfen bei Zahlungsverzug allerdings kündigen.
Verfasst: 20.08.2015, 23:52
von isklaro
ok danke für die guten Infos!
Hab jetzt mal Unterlagen gecheckt.
Also die PKV B hat wohl den Anzeigepflichtverletzungsjoker gezogen.
Die Versicherung bei PKV B wurde Anfang 2012 geschlossen. Bei PKV A gab es da damals schon Schulden. Am 1.4.2013 gab es den letzten Nachtrag des Versicherungsscheines von PKV B. Also ist Herr X demzufolge seit ca. 12-15 Monaten ohne Versicherung?? Dieser Zeitraum muss im Basistarif nachverrechnet werden? = ca. 4000-5000 Euro?
Herr X ist selbstständig, macht auch aktuell Gewinn, will daher noch etwas weitermachen und in 2-3 Jahren dann sowieso Grundsicherung beantragen, weil seine gesetzliche Altersrente bei ca 500 Euro liegt.
Derzeit hat Herr X 20.000 Euro in der Tasche um das Problem KV anzugehen und abzuschließen. Auch eine EU-KV käme daher in Betracht.
geht sowas seriös? Was ist mit der Pflegeversicherung?
Herr X könnte als ggf. sogar bereits bezahlte Inkasso-Forderungen erstattet bekommen von PKV B weil er zu spät in den "Schuldnertarif" eingestuft wurde und somit sogar noch Cash zurückerhalten???
Verfasst: 21.08.2015, 12:26
von isklaro
zusatz:
ein befreundeter anwalt (aber nicht sozialrecht) sagte mir jetzt, wenn es bereits einen titel gibt von PKV B (den gibts wohl) ist es egal ob die PKV im notlagentrarif abgerechnet hat oder nicht. dann wäre trotzdessen zahlen angesagt. ist das so?
Verfasst: 21.08.2015, 16:59
von Dipling
Die Gesetzesänderungen u.a. mit Einführung des Notlagentarifes traten zum 01.08.2013 in Kraft. Der Notlagentarif gilt auch rückwirkend für bestehende Verträge - und zwar rückwirkend ab dem Zeitpunkt, an dem die PKV das Ruhen der Leistungen festgestellt hatte. Der Zeitpunkt ist gesetzlich definiert, also nicht in das Belieben der PKVen gestellt, nur halten sich nicht alle PKVen daran. Da der Notlagentarif nur ca. 100 EUR pro Monat kostet, folgt meist eine drastische Reduzierung der Schulden oder sogar ein Guthaben.
Wenn schon ein Vollstreckungsbescheid vorliegt, dem nicht fristgerecht widersprochen wurde, sieht es vermutlich schlecht aus. Denkbar ist noch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn kein Verschulden des Empfängers vorliegt.
Ggf. kann man die Zahlungen noch bei der Steuererklärung als Vorsorgeaufwendungen unterbringen, denn diese sind in unbegrenzter Höhe abzugsfähig. Bringt im Ergebnis aber nur natürlich nur dann eine Steuererspanis, wenn überhaupt Einkommensteuer gezahlt wird, also Einkünfte in gewisser Mindesthöhe vorhanden sind. Krankenversicherungsbeiträge sind im Jahr der Zahlung abzugsfähig, auch wenn es sich dabei um Zahlungen für Vorjahre oder künftige Jahre handelt.
Nun bei einer deutschen PKV den dort wohl nur in Betracht kommenden Basistarif (mit Pflegeversicherung ca. 700 EUR Prämie monatlich) abzuschliessen und zusätzlich 4000-5000 EUR Strafzuschlag in Kauf zu nehmen macht m.E. wenig Sinn.
Bliebe eine Krankenversicherung über einen EU/EWR-Dienstleister.
Diese bieten die Pflegepflichtversicherung zwar nicht an. Dafür sind die deutschen PKVen zuständig; sie müssen in ihre Pflegepflichtversicherung aufnehmen (Kontrahierungszwang); notfalls mit einer Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde BaFin durchzusetzen.