Hallo,
jüngst hatte ich einen Beratungstermin bei einem PKV-Makler. Einige Dinge waren mir neu und interessant zu erfahren. Nun habe ich eine rechts- und sozialpolitische Frage.
Der Wechsel der KFz.-Haftpflicht macht bekanntlich keine Probleme. Seinen Schadensfreiheitrabatt nimmt man mit. Kündigen und wechseln, fertig. Viel schlechter schaut es dagegen bei einem Wechsel der PKV aus. Nur ein Problem dabei: Die bereits geleisteten Zuschläge für die Beitragsentlastung im Alter kann der wechselnde Versicherungsnehmer zum neuen Versicherungsgeber nicht mitnehmen.
Warum ist das so? Was ist die Begründung für diese auf den ersten Blick schwer einsehbare Regelung?
RMS
Wechsel der PKV
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Re: Wechsel der PKV
Hallo RMS,
das stimmt so nicht ganz.
Bei einer sogenannten Umdeckung (oder Versichererwechsel), d.h. einem Wechsel vom Krankenversicher A zu Krankenversicherer B können Alterungsrückstellungen auf den neuen Versicherer übertragen werden (sogenannte Portabilität). Sie berechnen sich anhand eines am Basistarif orientierten Werts. Es müssen weitere Voraussetzungen vorliegen. Ziel der Umdeckung ist es in aller Regel, mit dem neuen Vertrag bessere Bedingungen, Leistungen oder eine veränderte Absicherung zu erhalten.
Die Umdeckung lohnt sich aber in den wenigsten Fällen für den Versicherungsnehmer, da bereits Alterungsrückstellungen in Höhe von () € aufgebaut wurden (die nicht übertragen und nur zum Teil übertragen werden können) und bei der Umdeckung hohe Courtage- bzw. Provisionszahlungen anfallen würden (maximal neun Monatsbeiträge Abschlussprovision sowie insgesamt maximal 9,9 Monatsbeiträge an Vermittler). Ferner würde eine neue Gesundheitsprüfung anstehen.
Besser ist in aller Regel ein Tarifwechsel gemäß § 204 Versicherungsvertragsgesetz. Die Alterungsrückstellung muss bei einem Tarifwechsel erhalten bleiben. Das hat der Gesetzgeber ausdrücklich so gewollt. Dabei kommt es nicht auf die individuelle, sondern auf die kalkulatorische Rückstellung an. Sieht der Zieltarif geringere Leistungen als der Herkunftstarif vor, so ist die bereits aufgebaute Alterungsrückstellung für die Fortführung nicht erforderlich. Dieser Teil ist dem VN gut zu bringen, z.B. durch eine Anrechnung auf den Beitrag.
Ein Hinweis in eigener Sache: Ich bin Versicherungsberater, der per Gesetz Dritte bei der Vereinbarung, Änderung oder Prüfung von Versicherungsverträgen oder bei der Wahrnehmung von Ansprüchen aus dem Versicherungsvertrag im Versicherungsfall rechtlich beraten und gegenüber dem Versicherungsunternehmen außergerichtlich vertreten darf (https://dejure.org/gesetze/GewO/34e.html). Mir lagen weder vollständige Unterlagen und Informationen vor, noch habe ich eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls durchgeführt. Insofern ist meine Antwort hier auf Ihre Fragestellung als Rat bzw. eine Empfehlung gemäß § 675 Absatz 2 BGB zu werten (https://dejure.org/gesetze/BGB/675.html)
Mit besten Grüßen
Robert Gamper
Versicherungsberater
das stimmt so nicht ganz.
Bei einer sogenannten Umdeckung (oder Versichererwechsel), d.h. einem Wechsel vom Krankenversicher A zu Krankenversicherer B können Alterungsrückstellungen auf den neuen Versicherer übertragen werden (sogenannte Portabilität). Sie berechnen sich anhand eines am Basistarif orientierten Werts. Es müssen weitere Voraussetzungen vorliegen. Ziel der Umdeckung ist es in aller Regel, mit dem neuen Vertrag bessere Bedingungen, Leistungen oder eine veränderte Absicherung zu erhalten.
Die Umdeckung lohnt sich aber in den wenigsten Fällen für den Versicherungsnehmer, da bereits Alterungsrückstellungen in Höhe von () € aufgebaut wurden (die nicht übertragen und nur zum Teil übertragen werden können) und bei der Umdeckung hohe Courtage- bzw. Provisionszahlungen anfallen würden (maximal neun Monatsbeiträge Abschlussprovision sowie insgesamt maximal 9,9 Monatsbeiträge an Vermittler). Ferner würde eine neue Gesundheitsprüfung anstehen.
Besser ist in aller Regel ein Tarifwechsel gemäß § 204 Versicherungsvertragsgesetz. Die Alterungsrückstellung muss bei einem Tarifwechsel erhalten bleiben. Das hat der Gesetzgeber ausdrücklich so gewollt. Dabei kommt es nicht auf die individuelle, sondern auf die kalkulatorische Rückstellung an. Sieht der Zieltarif geringere Leistungen als der Herkunftstarif vor, so ist die bereits aufgebaute Alterungsrückstellung für die Fortführung nicht erforderlich. Dieser Teil ist dem VN gut zu bringen, z.B. durch eine Anrechnung auf den Beitrag.
Ein Hinweis in eigener Sache: Ich bin Versicherungsberater, der per Gesetz Dritte bei der Vereinbarung, Änderung oder Prüfung von Versicherungsverträgen oder bei der Wahrnehmung von Ansprüchen aus dem Versicherungsvertrag im Versicherungsfall rechtlich beraten und gegenüber dem Versicherungsunternehmen außergerichtlich vertreten darf (https://dejure.org/gesetze/GewO/34e.html). Mir lagen weder vollständige Unterlagen und Informationen vor, noch habe ich eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls durchgeführt. Insofern ist meine Antwort hier auf Ihre Fragestellung als Rat bzw. eine Empfehlung gemäß § 675 Absatz 2 BGB zu werten (https://dejure.org/gesetze/BGB/675.html)
Mit besten Grüßen
Robert Gamper
Versicherungsberater
Re: Wechsel der PKV
RMS hat geschrieben:Hallo,
Warum ist das so? Was ist die Begründung für diese auf den ersten Blick schwer einsehbare Regelung?
Leider hat es unser stolzer neuer Versicherungsberaterprofi nicht geschafft, die Frage zu beantworten

Stell dir vor, bei einer Kfz Versicherung sind 5 Kunden. Alle zahlen pro Monat 100€. Allerdings passieren einem Kunden plötzlich jedes Jahr 3 schwere Unfälle (warum auch immer, vielleicht weil er einfach schusselig ist). Erstmal wird sein Selbstbehalt erhöht, aber trotzdem muss die Versicherung jedes Jahr nur für diesen Kunden 600'000€ zahlen. Die Versicherung nimmt dieses Geld natürlich aus einem schwarzen Loch, sondern von ihren Kunden - die zahlen jetzt pro Monat jeder ganz grob etwas weniger als 5000€!!!. Das kann sich natürlich keiner leisten, also kündigen die Leute sofort, ist doch klar - und die Versicherung hat keine Kunden mehr und geht Pleite. Die Kunden sind einfach zu einer anderen KFZ Versicherung gewechselt, bei der es keinen (oder in der echten Welt: prozentual weniger) Schussel gibt. Der Schussel aber kann nicht wechseln, denn andere Versicherungen würden ihn gar nicht erst aufnehmen, weil sie wissen, dass er viele Kosten verursacht undd as muss man ja wahrheitsgemäßig angeben, ansonsten geht's vor Gericht.
Damit das nicht passieren, schützen sich Versicherungen. Erstmal mit Selstbehalten/Schadenfreiheitsklassen - aber im Notfall auch einfach mit einer Kündigung. Im Zweifel muss also der Schussel dann mit dem Bus, Taxi oder Fahrrad fahren und die anderen Kunden der Versicherung bleiben bei ihren 100€/Monat.
Wie sieht es nun bei den Krankenversicherungen aus. Wenn da jetzt jemand Krebs bekommt und das richtig teuer wird, kündigt die Versicherung ihn dann? Nein! Denn private Krankenversicherungen können ihre Kunden nicht kündigen. Sie können auch nicht den Selbstbehalt pro einzelnem Kunden verändern. Was passiert nun also? Die Beiträge werden teurer und schwupps, die Kunden (so wie du es ja hier fragst) wechseln zu einer Versicherung, bei der zufälligerweise noch keiner Krebs hat. Nur - so wie der Schussel im obigen Beispiel, kann auch der Kranke nicht mehr wechseln, denn PKVs nehmen nur relativ gesunde Neukunden auf. D.h.: alle Gesunden würden die Versicherung verlassen, die Kranken müssten zwangsläufig bleiben und es würde für sie viel teurer werden, ggf. soweit, dass sie es gar nicht bezahlen können.
Dieses Prinzip nennt man Entmischung. Und damit das nicht passiert, muss es einen Mechanismus geben, dass Wechsel zu einer anderen Versicherung in einem solchen Fall weniger bis gar nicht passieren. Es gibt übrigens bereits alternative Ideen: z.B. gibt es den Vorschlag (kannste mal danach Googlen) dass Kranke ihre Alterungsrückstellungen mitnehmen können, Gesunde jedoch nicht.
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