DKV Tarif - nachträgliches Heilmittelverzeichnis?

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helmchen
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DKV Tarif - nachträgliches Heilmittelverzeichnis?

Beitragvon helmchen » 05.08.2024, 13:29

Hi,

ich habe seit ein paar Jahren den DKV Vollmed M4 Tarif und hatte letztens Leistungen eingereicht zum Thema Physiotherapie (KG und MT). Eigentlich hat der Vollmed M4 kein explizites Heilmittelverzeichnis; und die AVB Teil 3 sagt Heilmittel zu 100% Erstattung.

Die Rechnung wurde auch komplett erstattet; ohne jegliche Hinweisnummer in der eigentlichen Abrechnung.

Allerdings gab es noch eine zusätzliche Korrespondenz, das künftig maximal in einem der Korrespondenz anhängten "Heilmittelverzeichnis" erstattet werden kann. (vor ein paar Jahren gab es eine Anpassung aller möglichen Tarife bezügl. Heilmittel; für den M Tarif hiess es da nur schwammig "den in Deutschland üblichen Preisen".

Aber so eine Art Passus kann ich in meinen AVBs nicht finden.

In meinem Fall geht es um 4 bzw 4,20 EUR pro Behandlung die über den Preisen in diesem Verzeichnis liegen.

Hat jemand schonmal so eine Situation gehabt?

RolandPKV
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Re: DKV Tarif - nachträgliches Heilmittelverzeichnis?

Beitragvon RolandPKV » 07.08.2024, 15:44

Ja, so einen Fall hatte ich schon erlebt. Nach einer Meniskus-OP hatte ich mehrere Behandlungen beim Physiotherapeuten. Die Rechnung wurde von meiner PKV (Universa, dort gibt es weder ein Heilmittelverzeichnis noch eine sonstige Begrenzung der Leistungen) auch vollständig erstattet. Allerdings stand in dem Schreiben sinngemäß drin "Sie wissen vermutlich nicht, dass wir für diese Leistung maximal x Euro erstatten". Da keine weiteren Behandlungen erfolgten war die Sache vorerst erledigt.

Es ist ein nicht seltenes Ärgernis, dass auch bei Tarifen ohne Heilmittelverzeichnis oder Verweis auf die Beihilfeverordnung versucht wird, die Rechnungen zu kürzen, gerne mit Verweis auf "ortsübliche Preise".

Eigentlich hat die PKV vor Gericht keine Chance, schließlich sind die versicherten Leistungen in der PKV ja garantiert. Aber in der Regel geht es nur um geringe Beträge, da will kaum jemand vor Gericht ziehen. Wenn doch, ist das nächste Problem, einen spezialisierten Anwalt zu finden, der die Sache übernimmt. Da sich dessen Honorar weitestgehend nach dem Streitwert bemisst, wird er kaum bereit sein, für die paar Euro tätig zu werden. Wenn man sich auf ein höheres, individuell vereinbartes Hornorar einlässt, lohnt sich die Sache für den Versicherten kaum noch. Denn auch im Erfolgsfall erstattet der Gegner dieses höhere Honorar nicht. Wenn man verliert, erstattet auch eine Rechtsschutzversicherung dieses nicht.

Man kann also nur der Abrechnung widersprechen, die volle Erstattung fordern und darauf hinweisen, dass man ggf. einen Anwalt mit der Durchsetzung seines Anspruchs beauftragen wird. Mit etwas Glück zahlt die PKV dann auch.

helmchen
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Re: DKV Tarif - nachträgliches Heilmittelverzeichnis?

Beitragvon helmchen » 09.08.2024, 11:35

Danke für dein Feedback. Ja. In der Tat sind es wirklich kleine Beträge. In der Zwischenzeit hab ich auch erfahren das es immer öfters vorkommt. Manch anderer Physiotherapeut hat auch teilweise Musterbriefe vorliegen was das Thema angeht.

Ich hab ja leider noch 2 Folgerezepte; mal schauen was die DKV dann sagt.

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Re: DKV Tarif - nachträgliches Heilmittelverzeichnis?

Beitragvon Bopkv » 12.11.2024, 15:57

Hallo,
ich bin über dein Thema gestolpert.
Ich hatte die gleiche bzw. ähnliche Problematik. Ich bin zwar nicht bei der DKV versichert, aber die zugrundeliegende Problematik dürfte gleich sein. Für Physiobehandlungen erstattet meine PKV "medizinisch notwendige" Behandlunsgkosten. Bestimmte Erstattungssätze sind in den Bedingungen bei mir aber nicht enthalten. Auch meine PKV hatte mir dann Jahre später, nachdem es zu unterschiedlichen Auffassungen über die Erstattungshöhe kam, eine Liste mit angeblichen Erstattungshöchstsätzen für Physiobehandlungen zugeschickt. Davon sollte man sich nicht verunsichern lassen. Eine solche nachträgliche Liste wird nicht Bestandteil der ursprünglichen Vertragsbedingungen und hat deshalb keine rechtliche Relevanz.
Für die Angemessenheit der Physio-Rechnung kommt es deshalb gem. 612 Abs 2 BGB auf die "übliche Vergütung" an. Das Problem ist, dass eine solche übliche Vergütung erst mal irgendwie ermittelt werden muss. Und hier kommt jetzt das Thema Beihilfessätze ins Spiel. Viele Versicherer behaupten jetzt einfach, was die Beihilfe erstattet sei üblich. Das ist aber rechtlich wohl nicht haltbar. Denn üblich wäre eine Erstattung nach Beihilfesätzen nur, wenn in der Stadt bzw. Region in der die Behandlung erbracht wurde eine überwiegende Zahl der Physios ihre Behandlung nur in Höhe der Beihilfesätze abrechnet. Ich weiß nicht wie das in deiner Gegend ist, aber in meiner Region ist dies definitiv nicht der Fall.
Ich war über mehrere Jahre in Physiobehandlung wg. mehrerer Sportverletzungen und meine PKV hat die Rechnungen immer nur teilweise erstattet. Da hatte sich doch ein erheblicher Betrag summiert, der mir nicht erstattet wurde. Als meine PKV nicht einlenken wollte, habe ich diese schließlich verklagt. Ich habe eine Rechtsschutzversicherung, die für die Klage auch die Deckung übernommen hat. Ob ich ohne die Rechtsschutzversicherung geklagt hätte? Ich bin mir nicht sicher, aber vielleicht schon, da mich das Verhalten meiner PKV schon enorm geärgert hat. Die rechnen einfach damit, dass die Kunden sich vor einer Klage scheuen.

Im Ergebnis hatte meine Klage auch Erfolg und ich habe alle Rechnungen vollständig erstattet bekommen zzgl. Zinsen. Die Richterin am Amtsgericht hatte im Urteil auch ausgeführt, dass sich die PKV für die Üblichkeit der Behandlungskosten weder auf die Erstattungshöhe der gesetzlichen KV noch der Beihilfe berufen kann. Die PKV hätte auch nicht darlegen können, dass das was mein Physio abrechnet, in meiner Gegend nicht üblich sei. Die Richterin wollte eigentlich ursprünglich dazu ein Sachverständigengutachten einholen, hat dann aber darauf verzichtet, da der Sachverhalt nach Eigenrecherche der Richterin recht eindeutig sei.
Meine PKV hat gegen das Urteil auch keine Berufung eingelegt. Laut meinem Rechtsanwalt gehen die PKV wenn sie verlieren auch selten in die nächste Instanz, da sie möglichst höherinstanzliche Urteile dazu vermeiden wollen. Deshalb ist dieser Sachverhalt wohl auch noch nie beim BGH gelandet, denn dann würden sich ja alle Kunden darauf berufen können. Die PKV lehnen also lieber pauschal die Erstattung ab, da Sie wissen, dass sich nur die wenigsten Kunden wehren bzw. wehren können. Bei denen die klagen und die PKV den Prozess verliert, wird dann eben bezahlt.

Du könntest ja auch Rechnungen für maximal 3 Jahre (Verjährungsfrist) sammeln und dann überlegen, ob es sich dann für dich lohnt zu klagen.
Wenn du nicht klagen willst, kannst du auch überlegen, ob du dich an den PKV-Ombudsmann wendest. Das kostet dich nichts und evtl. hast du darüber ja auch Erfolg. Wie die Erfolgsaussichten über den Ombudsmann sind und wie "neutral" der wirklich ist weiß ich zwar nicht, aber einen Versuch ist es ja evtl. wert und außerdem hemmt das Verfahren beim Ombudsmann die Verjährung, so dass man dann ggf. immer noch klagen kann.

Ich habe dir jetzt recht ausführlich geantwortet, weil ich mich damals so über meine eigene PKV geärgert habe. Warum reagieren die PKVs so? Einfach weil sie es können und sie ihre Position ausnutzen.

Also, viel Erfolg. Vielleicht helfen diese Infos dir ja irgendwie weiter.
Grüße

helmchen
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Re: DKV Tarif - nachträgliches Heilmittelverzeichnis?

Beitragvon helmchen » 12.09.2025, 08:30

@Bopkv, Danke für deine ausführliche Antwort. Gut zu wissen das es Fälle mit ähnlichen/gleichem Sachverhalt gibt und man auch Gerichte diese Meinung teilen.

Bis jetzt ist es so das nach einem Widerspruch bis jetzt die Versicherung sich dann so "nett" gezeigt hat und die Differenz auch erstattet hat.
Insgesamt 5 Verordnungsrunden (pro Verordnung waren es 10 Termine) haben wir das Spiel jetzt durch

Allerdings ist das auch etwas Aufwand; das letzte Mal habe ich auch auf ortsüblich argumentiert (die Telefonberatung der RS hat da geholfen wie am besten zu formulieren). Die Versicherung kam dann um die Ecke das sie ja die Preise des Tarifs so nicht kalkuliert (also diese ortsüblichen), und bei nächsten Mal würde wieder gekürzt (wie in der aktuellen Abrechnung der Fall).

Bei uns im Ort gibt es 3 Physiopraxen; die haben alle fast die gleichen Preise. Also da bin ich entspannt was das Thema "Luxus-Physio" angeht.

Naja, jedenfalls geht es jetzt erstmal über die RS zum einem RA. Zumindest hat die RS, die aussergerichtliche Klärung ohne Selbstbeteiligung übernommen. Eventuell ist die Reaktion der Versicherung dann etwas länger einsichtiger.

Danke für den Tip mit der Verjährungsfrist. Eventuell wäre das tatsächlich für mich eine Option je nach Ausgang für die aktuelle Abrechnung, dann die Differenzen zu sammeln, und dann in einem Rutsch vorzugehen.

helmchen
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Re: DKV Tarif - nachträgliches Heilmittelverzeichnis?

Beitragvon helmchen » 06.10.2025, 13:37

Kleiner Nachtrag meinerseits.

Das involvieren des RA hat relativ zügig dazu geführt das seitens der PKV eine interessante Reaktion kam.
Natürlich ist man der Meinung das man sich im Recht sieht, allerdings wurde wieder nachreguliert.

Aber jetzt mit dem Hinweis, das man sehr an einer einvernehmlichen aussergerichtlichen Einigung interessiert sei, das Sie die aktuellen Preise meiner Physiopraxis auch bei noch kommenden Verordnungen bezahlen wird.

Also, ist das Thema erstmal vom Tisch; positiv zumindest bei meiner aktuellen zu behandelden Geschichte.


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