Beitragvon Vergil09owl » 13.04.2012, 09:13
(10) Neben den Vorgaben des Grundgesetzes gilt es auch die Folgen zu berücksichtigen, die
eine derartige Umwandlung der Krankenkassen im Hinblick auf andere Rechtsbereiche mit
sich bringt. So stellt sich u. a. die Frage nach einer Absicherung gegenüber Insolvenz sowie
nach einer Optimierung und gegebenenfalls Ausweitung der Finanzaufsicht. In diesem
Kontext erscheint es geboten, die Vorschriften zur Insolvenz und zur Aufsicht stärker zu
verzahnen, um eine drohende Insolvenz früher zu erkennen und zu verhindern. Im Blick
bleiben muss ebenfalls die Rechtsprechung des EuGH zur Unternehmenseigenschaft der
Krankenkassen im Sinne des europäischen Kartellrechts. Das Gericht hat einige typologische
Merkmale aufgestellt, bei deren Vorliegen eine Körperschaft nicht als Unternehmen agiert und
damit nicht dem Kartellrecht unterliegt, sofern sie rein soziale Aufgaben wahrnimmt. Derzeit
erfüllen aus Sicht des EuGH die gesetzlichen Krankenkassen diese Kriterien. Es bleibt zu
prüfen, ob sich hieran durch eine stärkere Akzentuierung privatversicherungsrechtlicher
Elemente etwas ändert. Allein die Organisationsform, öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich,
ist hierfür aber nicht ausschlaggebend, da der EuGH den Unternehmensbegriff nicht
institutionell, sondern funktional versteht.
(11) Gesetzliche Krankenkassen nehmen als Körperschaften des öffentlichen Rechts und
Träger der Sozialversicherung in ihrem Kernbereich hoheitliche Aufgaben wahr und stellen
insofern keine Steuersubjekte dar. Sie bleiben daher derzeit sowohl von den Ertragsteuern,
d. h. der Körperschaft- und Gewerbesteuer, als auch von den indirekten Steuern, d. h. der
Umsatz- und Versicherungssteuer, befreit. Lediglich ihre Betriebe gewerblicher Art (BgA)
unterliegen uneingeschränkt der Körperschaftsteuer, was u. a. wegen deren
Wettbewerbsrelevanz für die Vermittlung privater Zusatzversicherungen gilt. Sofern BgA
zusätzlich noch Gewinnerzielungsabsichten aufweisen, gelten sie auch als
gewerbesteuerpflichtiger Betrieb. In ähnlicher Weise sind Krankenkassen nur im Rahmen
ihrer BgA umsatzsteuerpflichtig. Es kommt hier entscheidend darauf an, ob die
Krankenkassen im speziellen Fall unter den gleichen Bedingungen wie private
Wirtschaftsteilnehmer agieren und/oder ob aus einer Umsatzsteuerbefreiung
Wettbewerbsverzerrungen drohen. Versicherungssteuer müssen weder Krankenkassen noch
private Krankenversicherungen entrichten.
(12) Die Untersuchung der steuerlichen Folgen eines Wechsels der gesetzlichen
Krankenkassen in eine privatrechtliche Organisationsform geht von der Zielsetzung des
Gutachtens aus, dass das öffentliche GKV-System einer umlagefinanzierten Grundsicherung
weiterhin erhalten und vom kapitalgedeckten System der Voll- und Zusatzversicherung
organisatorisch und ökonomisch getrennt bleibt. Da Krankenversicherungsunternehmen in
privater Rechtsform grundsätzlich der Körperschaftsteuer unterliegen, setzt eine allgemeine
Steuerbefreiung voraus, dass sie gemeinnützigen Zwecken dienen. Ob die notwendigen
Bedingungen hierzu vorliegen, erscheint je nach Auslegung der Tatbestandsmerkmale des
Gemeinnützigkeitsrechts unsicher, so dass die steuerliche Behandlung hier risikobehaftet
bliebe. Die Lösung bestünde in der Aufnahme einer expliziten Steuerbefreiung der Tätigkeit
von Krankenkassen in den Katalog des § 5 KStG. Einer ähnlichen gesetzlichen Modifikation
bedarf es auch bei der Gewerbesteuer. Umsatzsteuerrechtlich führt der Wechsel der
Rechtsform zwar zur Unternehmenseigenschaft der Krankenkassen, die Umsätze
untereinander sowie an Versicherte bleiben jedoch steuerfrei. Die ertragsteuerliche
Behandlung von Umwandlungen, z. B. die Au