Wann ist eine rückwirkende Beitragserhöhung möglich?

Beitragssätze, Kassenwahlrecht, Versicherungspflicht, SGB V, usw.

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digit
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Wann ist eine rückwirkende Beitragserhöhung möglich?

Beitragvon digit » 09.06.2013, 23:37

Hallo,

ich habe eine im Moment noch recht theoretische Frage:

Wann kann eine GKV, bei einem freiwilligen Mitglied, rückwirkend höhere Beiträge festsetzen und entsprechend höhere Beiträge nachfordern?

Ich habe so etwas in den letzten Tagen auf versch. WebSeiten gelesen und bin der Meinung, dass dies nur in besonderen Ausnahmen möglich ist - aber in welchen?

Vorab - vielen Dank für die Beantwortung ;-)

Gruss digit

Rossi
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Beitragvon Rossi » 09.06.2013, 23:57

Nun ja, wenn Du deiner Mitteilungspflicht nicht nachgekommen bist.

Aber schildere doch mal genau den Sachverhalt.

Wie sieht ggf. der geänderte Bescheid aus? Wurde der ursprüngliche Beitragsbescheid explizit (mit Bezug auf Datum) aufgehoben?!

Rossi
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Beitragvon Rossi » 09.06.2013, 23:59

Okay, wenn es nur die Theorie ist, dann ist es auch relativ einfach.

Die Rechtsgrundlage ergibt sich aus § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1- 4 SGB X.

Zitat:

§ 48 Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung bei Änderung der Verhältnisse

....


Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1. die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,

2. der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,

3. nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder

4. der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.

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Beitragvon digit » 10.06.2013, 00:02

Hallo @rossi,

hui, Danke für die schnelle Antwort/Rückfrage. Es gibt noch keinen aktuellen Sachverhalt und noch keine rückwirkende Erhöhung. Ich hatte es in den letzten Tagen öfter gelesen und mich gefragt in welchem Fall es mich evtl. betreffen könnte.

Als freiwillig versicherter Solo-Selbständiger lege ich seit Jahren neue Steuerbescheide schnellstmöglich der GKV vor. Bisher habe ich mir da keine Gedanken gemacht, weil mein Einkommen gering und unter der Mindestbemessung lagen. Der nächste Steuerbescheid wird zum ersten Mal höher sein und die Einkünfte dann auch über dem Mindest liegen.

Gruss digit

digit
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Beitragvon digit » 10.06.2013, 00:07

Hallo @Rossi,

ich bin in diesem Amtsdeutsch nicht wirklich fit und habe etwas Probleme 3. + 4. mit Leben zu füllen und zu verstehen ;-(

Sorry!

Gruss digit

heinrich
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Beitragvon heinrich » 10.06.2013, 18:48

Wenn Du einen Einkommensteuerbescheid hast, der hööööhere Einnahmen hat als der letzte vorgelegte Einkommensteuerbescheid.

Dieser neue ist dann oooooberhalb der Mindeststufe, so dass es sich auch auswirkt.

Jetzt würdest Du meinen so clever zu sein, und diesen NICHT einzureichen.

ABER: dann kommt die Einkommensanfrage. Die KK merkt. Der Schlingel hat ja schon seit z. Bsp 5 Monaten einen Einkommensteuerbescheid.

Dann werden die höööheren Beiträge ab ersten des Monats nach Erstellung des Einkommensteuerbescheides nachberechnet.

Da Du aber immer sofort einereichst, kommt es ja nicht zu einer NACHberechnung und Du kommst Deinen Mitwirkungspflichten immer prima nach.

Rossi
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Beitragvon Rossi » 10.06.2013, 22:25

Jooh Heinrich, dies hast Du jetzt als Sofa ganz prima beschrieben.

Aber ich schildere dann mal die Gestaltungsmöglichkeiten des freiwillig Versicherten (hauptberuflich selbständig).

Hinsichtlich der Beitragsbemessung für die Selbständigen kommt es einzig und allein auf das Datum der Erteilung des Steuerbescheides an.

Es gilt also nicht das Steuerjahr (bspw. 2012), sondern das Datum der Bescheiderteilung.

Wenn für das Steuerjahr 2012 der Bescheid am 15.06.2013 erteilt wird, dann muss der Kunde ggf. ab dem 01.07.2013 mehr Beiträge zahlen. Also immer erst danach. Helfe mir auf die Sprünge - Heinrich - dies ist die Rechtsprechung des BSG.

Genau so ist es umgekehrt. Wenn der Steuerbescheid für das Jahr 2014 am 15.02.2015 erteilt wird und es ist weniger, dann löhnt der freiwillig Versicherte ab dem 01.03.2015 weniger.

Und genau dort beginnt der Gestaltungsspielraum.

Wenn absehbar ist, dass das zu versteuernde Einkommen höher ist, dann lehnt man sich in den Sessel und reicht nicht sofort die Erklärung ein. Denn man weiß ja, je schneller der Steuerbescheid erteilt wird (höheres Einkommen) destso eher muss man höhere Beiträge zur Kranken- und Plfegeversicherung löhnen.

Wenn es genau umgekehrt ist (zu versteuerndes Einkommen wird weniger) dann reicht man die Erklärung im Schweinsgalopp ein, weil man weiß, dass sich dann die Beiträge zur Kranken- und Plfegeversicherung senken.

Thats life!?

digit
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Beitragvon digit » 10.06.2013, 23:42

Hallo @Rossi,

meine Frage ging zwar nicht in diese Richtung, aber interessant ist es trotzdem.
Ich dachte allerdings, dass der Gesetzgeber dieser Gestaltungsmöglichkeit bereits einen Riegel vorgeschoben hat.
Allerdings sehe ich da nur einen zeitlichen "Spielraum" von wenigen Monaten, da müssten die Einkommensunterschiede dann schon recht heftig sein.

Gruss digit

heinrich
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Beitragvon heinrich » 11.06.2013, 20:28

Rossi schrieb

Genau so ist es umgekehrt. Wenn der Steuerbescheid für das Jahr 2014 am 15.02.2015 erteilt wird und es ist weniger, dann löhnt der freiwillig Versicherte ab dem 01.03.2015 weniger.




Wenn es niedriger ist, kommt es nicht auf den Tag der Erstellung des Einkommensteuerbescheides, sondern auf den Tag des Eingangs des Einkommensteuerbescheides bei der KK an.

Rossi; da hast Du Dich wahrscheinlich nur verschrieben.

Alles andere was Du geschrieben hast, ist richtig.

Digit ging es aber mehr darum, durch welchen Divisor die Einnahmen eines bestimmten Jahres zu teilen ist.

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Beitragvon Rossi » 11.06.2013, 21:43

Nun ja, ich gehe davon aus, dass alle Versicherten selbstverständlich der Mitteilungspflicht im Schweinsgalopp nachgehen. -fr-

Zumindest, wenn man weniger Beiträge zahlen muss.

Gretchenfrage Heinrich; wissen alle Versicherten dies überhaupt? Steht dies irgendwo in den Beitragsbescheiden in dem sog. Kleingedruckten!?

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Beitragvon heinrich » 12.06.2013, 07:17

es steht in JEDEM Bescheid bei uns drin (habe ich selbst für gesorgt).

heinrich
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Beitragvon heinrich » 12.06.2013, 07:25

Rossi,

meisnt Du wirklich, dass die freiwillig Versicherten ihren Mitteilungspflichten nachkommen

Was denkst Du wie hoch der Prozentanteil derer ist, die uns eine erforderliche Änderung anzeigen, wenn sie erfolgt

a)
bei einem selbstständigen, der höhere Einnahmen hat

b)
bei einem selbstständigen, der niedrigere Einnahmen hat

c)
bei einem Beamten , der einem höheren Familienzuschlag, Höhergruppierung, Tariferhöhung bekommt

d)
ein Rentner, dessen Rente sich zum 01.07. erhöht

e)
ein Grundsicherungsempfänger, dessen Regelssatz sicih zum 01.01. erhöht oder dessen Rente sich zum 01.07 erhöht

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Beitragvon Rossi » 12.06.2013, 18:16

Nun ja, es vergleiche es mal mit meinem Klientel.

Ich denke mal, dass es bei mir 85 % sind.

CTG
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Beitragvon CTG » 18.06.2013, 18:07

Ich kopiere mal meinen Text wie ich ihn in einem anderen Thread geschrieben habe.

Bescheid ausgestellt am 16.06.2013. Reichst du diesen Bescheid im Juni 13 ein, wird er ab dem 1.7.2013 also ab Folgemonat berücksichtig.

Reichst du den Bescheid verspätet, zB am 6.10.2013 ein wird geschaut ob aus dem Bescheid höhere oder niedrigere Einnahmen hervorgehen.

Sind die Einnahmen höher wird der neue Bescheid ab 1.7.2013 also auch ab Folgemonat der Ausstellung herangezogen.

Sind die Einnahmen niedriger, wird der Bescheid erst ab Folgemonat nachdem du ihn eingereicht hast also in meinem Beispiel ab dem 1.11.2013 herangezogen.

Daher ist es ratsam die Bescheide sofort nach erhalt auch an die Kasse zu schicken.

heinrich
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Beitragvon heinrich » 19.06.2013, 22:09

85 % wäre ein Traum.

Bei Dir , weil die Leute Geld von Dir wollen, und wohl Nebeneinkünfte angeben müssen, ist die Quote sicherlich so hoch.

Bei den Krankenkassen, ich gehe jetzt mal nicht in Detail
sind es weit, sehr weit uuuunter 10 %.


Im Bereich von Sozialhilfe/Grundsicherung, bei denen sich um 01.01. eine Änderung ergibt und mit Rentenbezug sind es 0,0000000 %.

KEINER meldet.

Ich gehe noch weiter. Wir hatten zu DM-Zeiten eine Vereinbarung mit dem überörtlichen Träger. Man sollte uns melden seiten der Sozialhilfeträger, wenn es einen Fall oberhalb der Mindeststufe gäbe.

10 Komunen waren beteiligt.

Was denkst Du wie hoch die Zahl war, der Fälle, die uns in den folgenden Jahren gemeldet wurde.

Richtig: 0,00000 Fälle


Wir müssen die Versicherten teilweise anbetteln, dass sie uns die Einkommensanfrage zurück senden.
Wir müssen sie 2 x anschreiben.
In meinem Bereich machen wir dies noch ein drittes Mal und halten den Leuten den Höchstbeitrag dann vor Augen.

Dann rufen wir so lange an bis wir die Antwort haben.

Dies müsste ich alles nicht machen. Ich könnte einfach den Höchstbeitrag festsetzen. Dann gäbe es aber nur unglückliche Menschen (Versicherte mit hohen Beitragsrückstand und Sofa´s, die auch noch hohen Beitragsrückständen hinterlaufen müssen)

Daher geben wir uns bis zum Erbrechen Mühe, dass die Versicherten die Einkommensanfrage beantworten.

In meinem Verantwortungsbereich bekommen wir dies aber dennoch prima hin.


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