Wie krankenversichern? (Sonderfall)

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Gast470
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Wie krankenversichern? (Sonderfall)

Beitragvon Gast470 » 27.07.2009, 20:21

Hallo,

ich habe ein Problem und weiß nicht mehr weiter – vielleicht kann mir ja von euch jemand einen Rat geben. Meine Situation ist folgende: Zur Zeit bin ich über meinen Vater in einer privaten (!) Familienversicherung. Ich möchte Restaurierung studieren, muss dafür vor dem Studium ein 1jähriges Praktikum machen, das ich aus verschiedenen Gründen erst nächstes Jahr beginnen kann. Bis dahin wollte ich weiterhin in meinem 400 Euro-Job arbeiten und im Idealfall ein bisschen Geld für’s Praktikum/Studium sparen – soweit die Theorie.

Nun bekomme ich ab 01.10. aber kein Kindergeld mehr und falle somit aus der Familienversicherung raus. Bisher dachte ich, ich könnte mich dann einfach selbst versichern, aber als ich bei einer Versicherung anrief, um mich nach Tarifen zu erkundigen, kam der Schock: gesetzliche Versicherungen dürfen mich nicht aufnehmen, weil ich vorher in einer privaten Versicherung war und nicht versicherungspflichtig bin, aber private dürfen mich auch nicht aufnehmen, weil mein Einkommen natürlich die Jahresarbeitsentgeltgrenze (??) oder so nicht übersteigt. Also kann ich mich gar nicht krankenversichern??

Ich habe meinen Chef schon gefragt, ob ich ein bisschen mehr arbeiten darf um in die Gleitzone zu kommen (dann wäre ich versicherungspflichtig und die gesetzliche dürfte mich nehmen), aber das macht er nicht, und außerdem hätte ich dann spätestens während dem Praktikum das selbe Problem wie jetzt, denn das Praktikum wird überhaupt nicht vergütet (und ist Vollzeit, mehr als 400 Euro kann ich nebenher bestimmt nicht verdienen). Eine Teil- oder Vollzeitstelle zu finden ist für mich momentan auch so gut wie unmöglich, weil ich sehr ländlich wohne und keine Berufsausbildung habe. Es war schon schwer, an den 400 Euro Job zu kommen. Der Mann von der Versicherung hat mir geraten, den Job zu kündigen und mich arbeitslos zu melden, dann würde das Amt mir eine gesetzliche Versicherung bezahlen, aber das kann doch wohl auch nicht die Lösung sein, oder?? Ich möchte den Job gerne behalten und einfach irgendeine Krankenversicherung haben! :-(

Was kann ich denn nun tun??

Ich bin für jede Idee dankbar.

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Beitragvon Czauderna » 27.07.2009, 21:07

Hallo,

die Auskunft des Versicherungsvertreters war falsch.
Selbst eine Meldung beim Arbeitsamt würde keine Leistungszahlung durch das Amt zur Folge haben und damit auch keine Krankenversicherung.

Der Weg in die GKV ist so nicht zu machen - das geht nur wenn Versicherungspflicht eintritt.

Gruß

Czauderna

Rossi
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Beitragvon Rossi » 27.07.2009, 21:52

Also, Du wirst ab dem 01.10.2009 nicht ohne Versicherung dastehen.

Schliesslich ist es einer der Ziele des GKV-WSG, dass in einem moderen Sozialstaat jeder versichert sein muss.

Da Du bis zum 30.09.2009 vermutlich übern lieben Papi einen Beihilfeanspruch hast und zudem der Papi eine priv. Restkostenversicherung abgeschlossen hast, bist Du ab dem 01.10.2009 verpflichtet eine private Vollversicherung abzuschliessen. Da geht dann leider kein Weg dran vorbei.

private dürfen mich auch nicht aufnehmen, weil mein Einkommen natürlich die Jahresarbeitsentgeltgrenze (??) oder so nicht übersteigt. Also kann ich mich gar nicht krankenversichern??


Dat iss völlig daneben. Die gesetzliche Bestimmungen, wonach Du ab dem 01.10.2009 eine priv. Kv. abschliessen und unterhalten musst - unabhängig von der Überschreitung der Jahresarbeitsentgeltgrenze - ergibt sich aus § 193 Abs. 3 Versicherungsvertragsgesetz (VVG). Wenn Dein Versicherungsvertreter es nicht schnallt, dann mache am besten ein Ausdruck aus dem VVG.

Für jeden Monat, den Du später diese Versicherungspflicht in der priv. Kv. anzeigst, löhnst Du sogar einen Strafzuschlag.

Die priv. Kv. muss Dir zumindest den sog. Basistarif anbieten, einen Normaltarif kann sie anbieten. Aber ich denke mal bei einem jungen Menschen, dürfte ein Normaltarif - wenn keine gravierenden Vorerkrankungen vorhanden sind - sogar erschwinglich sein.

Arbeitslosgengeld I wirst Du nicht erhalten, da Du nichts in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hast.

Und wenn Du ALG II (abhängig von der Bedürtigkeit) beantragst, wird hierdurch leider ab dem 01.01.2009 auch keine Versicherungspflicht in der GKV ausgelöst. Du verbleibst auch hier in der priv. Kv.

Entwarnung kann ich Dir geben, wenn Du das vorgeschriebene Praktikum beginnst. Auch wenn Du hier keine Vergütung dafür erhälst, landest Du als Pflichtversicherter in der GKV nach § 9 Abs. 1 Nr. 10 SGB V. Der monatliche Beitrag hierfür liegt bei ca. 60,00 Euro monatlich. Wichtig hierbei, Du musst das Praktikum und die Versicherungspflicht in der GKV selber der GKV anzeigen. Von allein kommen die nicht darauf. In dieser Konstellation hast Du dann gem. § 205 VVG innerhalb von 3 Monaten nach dem Beginn des Praktikums ein ausserordentliches Kündigungsrecht ab Beginn des Praktikums.

Ach ja, ich weiss jetzt nicht, ob Du die Anspruchsgrundlagen für das Kindergeld näher gescheckt hast. Wenn Du noch keine 25 Jahre alt bist, kannst Du dennoch, obwohl Du nicht in Ausbildung bist, Kindergeld erhalten. Voraussetzung hierfür ist lediglich, dass Du dich bei der nächsten Berufsberatung einfach nur als Ausbildungssuchender meldest. Dann dürfte es funtzen und hast weiterhin Anspruch auf die Beihilfe und kannst die billige Restkosteneversicherung in der priv. Kv. übern Papi geniessen.

Bist Du über 25 Jahre alt, dann musst Du leider eine PKV-Vollversicherung abschliessen (siehe oben).

Hast Du alles verstanden?

Es grüsst der Rossi

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Beitragvon Rossi » 27.07.2009, 21:54

Ach ja, ein Sonderfall bist Du meines Erachtens nicht, man muss nur wissen wie es geht!!

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Beitragvon Gast470 » 27.07.2009, 22:05

Hallo Rossi,

vielen Dank für die schnelle und ausführliche Antwort!

Da ich über 25 bin, fällt das Kindergeld weg. Zwei private Versicherungen haben mich bisher abgelehnt mit der oben genannten Begründung - kannst du mir vielleicht einen Link nennen, wo ich mir die von dir genannten Gesetze/Regelungen anschauen kann? Dann hätte ich was in der Hand und könnte begründen, warum die mich nehmen müssen. Da würde mir echt ein Stein vom Herzen fallen, wenn das klappt (und halbwegs bezahlbar ist von 400€). :)

dij
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Beitragvon dij » 27.07.2009, 22:59

Ich würde gern erst einmal wissen, welche Versicherung im Moment besteht. Eine „private Familienversicherung“ gibt es nämlich nicht.

Beihilfe plus Restkostenversicherung bei einem privaten Versicherer? Oder wieder ein Sonderfall wie KVB oder PBeaKK? Oder ganz was anderes?

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Beitragvon DKV-Service-Center » 27.07.2009, 23:01

Rat: aufpassen das die Vorversicherung beim Ppa nicht gekündigt wird , sondern umwandeln.
Am besten Papas Versicherung anrufen und eunen Ausbildungstarif wünschen.
Gruß

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Beitragvon Rossi » 27.07.2009, 23:45

Oh weia, wenn es wirklich bisher die PBeaKK (Postbeamtenkrankenkasse / Papi ist bei der Post) oder die KVB (Papi ist Bundesbahner) war, dann hast Du in der Tat nen fettes Problem.

Diese Geschichte wird derzeit sowohl von den priv. Kv.én als auch von der gesetzlichen Kv. hin und hergeschoben. Keiner fühlt sich irgendwie zuständig und wimmelt es ab.

Mittlerweile ist es beim Bundessozialgericht (BSG) anhängig, um für diesen Personenkreis den zuständigen Heimathafen für die Versicherungspflicht zu finden.

Wobei meine Tendenz überwiegend dazu geht, dass es sich nicht um eine priv. Kv. im Sinne des VVG handelt, sodass dann die gesetzliche Kv. der zuständige Heimathafen für die Kunden ist.

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Beitragvon Gast470 » 02.08.2009, 18:58

Oje, ich war bisher tatsächlich in der Postbeamtenkasse (B) - das ist dann wohl der Grund, warum mir auch die privaten Versicherungen gesagt haben, dass sie mich nicht nehmen wollen. :-( Niemand fühlt sich zuständig, was mache ich denn nun? Gibt es eigentlich eine Anlaufstelle, die für solche Probleme zuständig ist und einen beraten kann? In meiner Zweiflung war ich vorgestern schon bei der Agentur für Arbeit (wusste nicht, wo ich sonst hin soll und dachte, vielleicht haben die einen Tipp für mich) - die haben für mich einen Termin bei der Studienberatung gemacht. Ich versteh allerdings nicht, wie mir die Studienberatung bei einem Versicherungsproblem helfen soll...

DKV-Service-Center, was meinst du mit umwandeln? Einen neuen/anderen Tarif bekomme ich nicht. Wenn die Familienversicherung für mich ausläuft, kann ich überhaupt nicht in der Postbeamtenkasse bleiben, die nehmen mich nichtmal als freiwillig versicherte!

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Beitragvon Rossi » 02.08.2009, 20:26

Gott oh Gott, Du hast jetzt aber leider Pech!

Die Rechtsprechung ist sich dort noch nicht einig und es wird wohl noch ein Weilchen dauern, bis das BSG das Machtwort gesprochen hat.

Meine persönliche derzeitige Auffassung, sowohl bei der Postbeamtenkrankenkasse als auch bei der KVB handelt es sich nicht um eine private Krankenversicherung. Es ist eine Sozialeinrichtung für bestimmte Personengruppe.

Dieses wird allein schon daran deutlich, dass weder die Postbeamtenkrankenkasse noch die KVB den Bestimmungen des Versicherungsvertragsgesetzes unterliegen. Ferner unterliegen sie auch nicht dem Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG). Es steht nämlich explizit in § 1 Abs. 3 VAG drinne, dass diese Sozialreichtungen nicht der Aufsicht unterliegen. Ja, warum denn nicht? Weil sie vielleicht keine privaten Versicherungen sind?

Jenes wollen wir doch; das Ergebnis, dass die Postbeamtenkrankenkasse keine private Kv. ist.

Hierzu gibt es auch schon ein Urteil des SG Kassel; die haben sich ziemlich ausführlich mit der Klamotte beschäftigt und sind zu dem Ergebnis gekommen. Leider ist das Urteil noch nicht rechtskräftig und liegt beim LSG.

Guckst Du hier: http://www.sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=75035&s0=KVB&s1=&s2=&words=&sensitive=

Da Du somit bislang weder gesetzlich noch privat versichert gewesen bist, dürftes Du - sofern man dem SG Kassel folgt - nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 b SGB V versicherungspflichtig sein.

Versuche es doch einfach mal bei anderen Krankenkassen. Habe ich bei einer Kundin auch geschafft.

Ansonsten soll es vom PKV Verband wohl eine Stellungnahme geben, dass diese Personen bei den PKVén anerkannt werden.

Sorry, die hängst leider zwischen den Stühlen!

dij
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Beitragvon dij » 02.08.2009, 21:15

Ich würde es auch bei einer gesetzlichen Krankenkasse versuchen, wie Rossi es beschrieben hat.

Ansonsten gäbe es bei der PBeaKK noch Härtefallregelungen: Satzung mit Anhängen, S. 94. Wenn es mit einer gesetzlichen Krankenkasse nichts wird, kann das noch eine Möglichkeit sein. Es ist aber kein verbindlicher Anspruch und vertagt möglicherweise das Problem nur.

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Beitragvon Gast470 » 18.09.2009, 17:49

Hallo,

ich bin's nochmal, ich hoffe ich nerve nicht... :oops:

Meine Situation hat sich dahingehend geändert, dass ich noch bis 31.12.2009 über meinen Vater versichert bleiben kann und zum 01.10. 2009 ganz kurzfristig eine Praktikumsstelle gefunden habe für das einjährige Vorpraktikum, das ich vor Studienbeginn absolvieren muss. Bisher habe ich nur eine mündliche Zusage, und es steht noch nicht fest, ob ich eine geringe Vergütung bekomme oder nicht - das möchte die Chefin nächste Woche mit mir besprechen, darum wollte ich hier mal nachfragen, ob das für die Versicherungspflicht einen Unterschied macht.

Rossi hat ja schon geschrieben, wenn ich keine Vergütung erhalte, bin ich versicherungspflichtig (ich glaube, es ist § 5 Abs. 1 Nr. 10 SGB V). Wie ist das, wenn ich doch bezahlt werde? Zähle ich dann zu "Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind", also § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V ? Also bin ich als Praktikantin in jedem Fall versicherungspflichtig? Das wäre super, dann wäre mein Problem endlich gelöst!

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Beitragvon Gast470 » 18.09.2009, 17:56

Achso, ich habe mich früher mal für ein anderes Studium von der gesetzlichen Versicherungspflicht für Studenten befreien lassen - das gilt aber doch erst wieder, wenn ich immatrikuliert bin, oder? Also für's Vorpraktikum noch nicht?

Und wenn ich im Praktikum unter 400 € verdiene, wird das dann anders als eine geringfügige Beschäftigung betrachtet, was die Versicherungspflicht angeht?

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Beitragvon Rossi » 18.09.2009, 19:40

Oh, stop!

Wenn Du damals die Befreiung beantragst hast, muss man aber aufpassen.

Hast Du diesen Ausbildungsgang, wofür Du damals die Befreiung beantragst hast, schon beendet, oder befindest Du dich noch in diesem Ausbildungsgang.

Wenn Du noch in diesem Ausbildungsabschnitt drinne bist, dann wird durch das Praktikum keine SV-Pflicht ausgelöst, da Du ja versicherungsfrei bist.

Wenn Du schon raus bist, müsste man gucken, wie lange es her ist.

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Beitragvon Gast470 » 18.09.2009, 21:31

Ich habe mich 2004 für ein Anglistikstudium befreien lassen, dieses Studium aber 2006 abgebrochen. Jetzt werde ich ab 2010 Restaurierung studieren, und bevor ich mich einschreiben/bewerben kann, brauche ich das Vorpraktikum... Es ist also ein komplett neues Studium, hat mit dem alten nichts mehr zu tun!


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