Beitragvon Vergil09owl » 26.11.2009, 09:48
BKK online Lexikon zum Thema Hauhaltshilfe
1. Haushaltshilfe als Regelleistung
Versicherte haben nach § 38 Abs. 1 SGB V Anspruch auf Haushaltshilfe, wenn sie wegen
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Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V),
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einer medizinischen Vorsorgeleistung (§ 23 Abs. 2 und 4 SGB V),
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einer Maßnahme zur medizinischen Vorsorge für Mütter (§ 24 SGB V),
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einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme (§ 40 SGB V),
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häuslicher Krankenpflege (§ 37 SGB V),
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einer Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation für Mütter (§ 41 SGB V) oder
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Aufenthalts in einem Krankenhaus zur Durchführung einer nicht rechtswidrigen Sterilisation oder eines nicht rechtswidrigen Abbruchs
den Haushalt nicht weiterführen können und wenn im Haushalt ein Kind lebt, das das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder das behindert und auf Hilfe angewiesen ist.
Anspruch auf Haushaltshilfe kann auch dann bestehen, wenn der Versicherte, der bisher den Haushalt geführt hat, aus medizinischen Gründen als Begleitperson bei der stationären Behandlung eines Dritten in das Krankenhaus mit aufgenommen wird (BSG, 23.11.1995 - 1 RK 11/95).
Voraussetzung ist, dass im Haushalt ein Kind unter zwölf Jahren oder ein hilfsbedürftiges behindertes Kind lebt und eine andere im Haushalt lebende Person den Haushalt nicht weiterführen kann. Der Anspruch auf Haushaltshilfe ist von einem bestehenden Versicherungsverhältnis abhängig. Der Anspruch ist dementsprechend ausgeschlossen, wenn der ausfallende Ehegatte nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert ist.
Zuständig für die Leistungsgewährung ist die Krankenkasse, die die Kosten der "Grundleistung" (z.B. Krankenhausbehandlung) übernommen hat (vgl. auch Besprechungsergebnis der Krankenkassen-Spitzenverbände vom 11./12.11.1996).
§ 38 Abs. 1 SGB V spricht nur von Krankenhausbehandlung und nicht ausdrücklich von stationärer Krankenhausbehandlung. Das BSG hat mit Urteil vom 25.06.2002 entschieden, dass die Gewährung von Haushaltshilfe nach § 38 Abs. 1 SGB V nicht durch Rechtsfortbildung auf ambulante Behandlung ausgedehnt werden kann. Ein Versicherter hatte geklagt, weil die Krankenkasse die Haushaltshilfe nach § 38 Abs. 1 SGB V im Anschluss an eine Operation für die Zeit der weiteren ambulanten Behandlung im Krankenhaus abgelehnt hatte. Nach Auffassung des BSG wird eine Krankenhausbehandlung vom Gesetz als Grund für die Inanspruchnahme einer Haushaltshilfe nach § 38 Abs. 1 SGB V nur anerkannt, wenn der Versicherte stationär untergebracht ist. Zweck und Entstehungsgeschichte belegen, dass eine ambulante Behandlung im Krankenhaus nicht ausreicht (vgl. BSG, 25.06.2002 - B 1 KR 22/01 R).
Aus anderen Gründen und bei ambulanter Behandlung besteht ein Anspruch nur dann, wenn die Satzung dies ausdrücklich vorsieht. Dies gilt beispielsweise auch für Haushaltshilfe neben häuslicher Krankenpflege. Diese kann nicht im Rahmen des § 38 Abs. 1 SGB V, sondern allenfalls im Rahmen einer Satzungsregelung im Rahmen des § 38 Abs. 2 SGB V erfolgen.
2. Haushaltshilfe als satzungsmäßige Mehrleistung
Die Satzung der Krankenkasse kann bestimmen, dass in anderen als in den in § 38 Abs. 1 SGB V genannten Fällen Haushaltshilfe als satzungsmäßige Leistung erbracht wird, wenn dem Versicherten wegen Krankheit die Weiterführung des Haushalts nicht möglich ist (§ 38 Abs. 2 SGB V). Dabei sind in der Satzung auch Voraussetzungen und Dauer des Anspruchs anzugeben. Denkbar wäre beispielsweise Haushaltshilfe nach einer ambulanten Operation. Auch hier besteht der Anspruch nur, soweit eine im Haushalt lebende Person den Haushalt nicht weiterführen kann (§ 38 Abs. 3 SGB V). Ein Anspruch auf häusliche Krankenpflege muss nicht bestehen; ebenso ist nicht erforderlich, dass ein Kind zu betreuen ist.
3. Gegenstand der Haushaltshilfe
Die Haushaltshilfe umfasst die Dienstleistungen, welche die Weiterführung des Haushalts erfordern. Dies sind typische hauswirtschaftliche Tätigkeiten wie
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Einkaufen,
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Kochen,
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Waschen,
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Bügeln,
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Nähen,
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Reinigen und Pflegen von Wäsche, Kleidung und Wohnung sowie
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Versorgen und Beaufsichtigen von Kindern.
4. Art der Leistungserbringung
4.1 Stellen einer Haushaltshilfe
Auch für die Haushaltshilfe gilt das Naturalleistungsprinzip. Die Krankenkasse kann zur Erbringung von Haushaltshilfe geeignete Personen selbst anstellen (§ 132 Abs. 1 Satz 1 SGB V) oder andere geeignete Personen, Einrichtungen oder Unternehmen in Anspruch nehmen (§ 132 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Von der Anstellung geeigneter Personen machen die Krankenkassen regelmäßig keinen Gebrauch, weil der Einsatz angestellter Haushaltskräfte im Allgemeinen nicht wirtschaftlich wäre und auch manche arbeits- und haftungsrechtlichen sowie organisatorischen Probleme mit sich brächte.
Kann die Krankenkasse wegen fehlender Anstellung von eigenem, hierfür geeignetem Personal oder mangels vertraglicher Absprachen mit Einrichtungen eine Ersatzkraft nicht stellen oder stehen eigene oder vertraglich gebundene Ersatzkräfte nicht zur Verfügung, ist der Versicherte berechtigt, sich eine Ersatzkraft selbst zu beschaffen. Eine Kostenerstattung für eine vom Versicherten ohne vorherige Einschaltung der Krankenkasse selbst beschaffte Ersatzkraft kann grundsätzlich nicht beansprucht werden.
4.2 Selbstbeschaffte Haushaltshilfe (Ersatzkraft)
4.2.1 Allgemeines
Kann die Krankenkasse eine Haushaltshilfe nicht stellen oder gibt es Gründe, davon abzusehen, sind die Kosten für eine selbstbeschaffte Haushaltshilfe in angemessener Höhe zu erstatten (§ 38 Abs. 4 SGB V). Es blieb den Spitzenverbänden also überlassen, den im Gesetz enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriff zu konkretisieren. Als angemessen werden die nachgewiesenen Aufwendungen bis zu gewissen Höchstbeträgen angesehen. Der Anspruch auf eine Sachleistung wandelt sich dann in einen Geldleistungsanspruch (Kostenerstattung).
Führen Verwandte bzw. Verschwägerte des Versicherten bis zum zweiten Grad den Haushalt fort, zahlt die Krankenkasse keine Vergütung. Die Krankenkasse kann jedoch die erforderlichen Fahrkosten und den Verdienstausfall erstatten, wenn die Erstattung in einem angemessenen Verhältnis zu den sonst für eine Ersatzkraft entstehenden Kosten steht. Das Bundessozialbericht hat in diesem Zusammen entschieden, dass diese Einschränkung auf getrennt lebende oder geschiedene Ehegatten anzuwenden ist (BSG, Urteil v. 16.11.1999, B 1 KR 16/98).
4.2.2 Kostenerstattung
Ist die Ersatzkraft mit dem Versicherten weder verwandt noch verschwägert, gehören grundsätzlich alle Kosten, die dem Versicherten durch die Selbstbeschaffung der Ersatzkraft entstehen, zu den erstattungsfähigen Aufwendungen. Die Aufwendungen sind in angemessener Höhe und für eine angemessene Stundenzahl je Einsatztag zu erstatten. Als angemessen werden bei einem 8-stündigen Einsatz die nachgewiesenen Aufwendungen bis zu einem täglichen Höchstbetrag von bundeseinheitlich 2,5 % der monatlichen Bezugsgröße gerundet auf volle gerade Euro-Beträge (2009 = 64,00 EUR) angesehen. Bei einem weniger als acht Stunden täglich umfassenden Einsatz der Ersatzkraft ist als Höchstbetrag je Stunde ein Betrag von 8,00 EUR zugrundezulegen.
Die Erstattung von Aufwendungen für eine selbstbeschaffte Ersatzkraft ist in den Satzungen der Krankenkassen geregelt. Genaue Informationen über die Höhe der erstattungsfähigen Aufwendung erhalten Sie bei Ihrer Krankenkasse.
Laut Urteil des Bundessozialgerichts gilt auch für getrennt lebende und geschiedene Ehegatten der Ausschluss der Kostenerstattung im Rahmen der Haushaltshilfe. Eine Kostenerstattung für erforderliche Fahrkosten und den Verdienstausfall ist jedoch möglich, falls die Erstattung in einem angemessenen Verhältnis zu den sonst für eine Ersatzkraft entstehenden Kosten steht (vgl. BSG, 16.11.1999 - B 1 KR 16/98).
4.2.3 Unbezahlter Urlaub der Ersatzkraft
Auch ein unbezahlter Urlaub eines Haushaltangehörigen zur Durchführung der Haushaltshilfe kann zur Kostenerstattung führen. Der Versicherte wird so gestellt, als wenn er eine Ersatzkraft selbst beschafft hätte. Ob eine Haushaltshilfe durch einen Träger der freien Wohlfahrtspflege bzw. eine andere Institution vermittelt oder von dem Versicherten selbst beschafft werden könnte, ist nicht ausschlaggebend. Es kann unterstellt werden, dass unbezahlter Urlaub immer dann genommen wird, wenn andere Möglichkeiten ausscheiden, weil trotz Kostenerstattung durch die Krankenkassen Einkommenseinbußen nicht vermeidbar sein werden.
Für Verwandte und Verschwägerte bis zum 2. Grad werden keine Kosten erstattet; die Krankenkasse kann jedoch die erforderlichen Fahrkosten und den Verdienstausfall erstatten, wenn die Erstattung in einem angemessenen Verhältnis zu den sonst für eine Ersatzkraft entstehenden Kosten steht.
Die Gewährung von Haushaltshilfe durch Erstattung von Verdienstausfall für den im Haushalt lebenden Ehepartner, der sich zur Weiterführung des Haushalts unbezahlt beurlauben lässt, ist auf längstens zwei Monate begrenzt. Bei länger dauernder Unterbrechung ist der Anspruch nach § 38 Abs. 3 SGB V ausgeschlossen (vgl. BSG, 07.11.2000 - B 1 KR 15/99 R).
5. Anspruchsdauer
Die zeitliche Begrenzung des Anspruchs auf Haushaltshilfe nach § 38 Abs. 1 SGB V richtet sich grundsätzlich nach der erbrachten Leistung, welche die Haushaltshilfe notwendig macht (z.B. Krankenhausbehandlung). Unabhängig von dem Aufenthalt in einem Krankenhaus usw. endet der Anspruch auf Haushaltshilfe dann, wenn für die Hauptleistung die allgemeinen Leistungsvoraussetzungen entfallen (z.B. wegen Ausscheidens aus der Mitgliedschaft; § 19 Abs. 1 SGB V).
Eine Verhinderung an der Weiterführung des Haushalts kann sowohl für den Aufnahme- als auch für den Entlassungstag sowie für die Reisetage bei Behandlungsmaßnahmen außerhalb des Wohnorts angenommen werden. Werden Leistungen für eine Zeit vor der stationären Aufnahme des Versicherten beansprucht, weil die Ersatzkraft erst in den Haushalt eingewiesen werden muss, müssen besondere Umstände dies unumgänglich machen. Besondere Umstände sind anzuerkennen, wenn im Haushalt ein behindertes oder ein krankes Kind lebt, dessen Pflege besonderer Kenntnisse bedarf.
Die Dauer des Anspruchs auf Haushaltshilfe nach § 38 Abs. 2 SGB V ist in der Satzung der Krankenkasse festzulegen (= Mehrleistung).
6. Abgrenzung zu Leistungen der häuslichen Pflege aus der Pflegeversicherung
Die Haushaltshilfe ist nach § 38 SGB V aufgrund der gesetzlichen Ausgestaltungsmodalitäten umfassend und ohne besondere Abgrenzungsregelungen zu erbringen. Sie beinhaltet generell die Versorgung des gesamten Haushalts und schließt etwa bei der Beschaffung und Zubereitung der Mahlzeiten alle üblicherweise im Haushalt zu versorgenden Personen ein. Der Inhalt der häuslichen Pflege der Pflegeversicherung wird nach §§ 36 bis 39 SGB XI im Gegensatz hierzu auf die im Einzelfall notwendige Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung begrenzt. Soweit die hauswirtschaftliche Versorgung bereits im Rahmen der Erbringung von Haushaltshilfe nach § 38 SGB V zur Verfügung gestellt wird, besteht somit keine Notwendigkeit für eine hauswirtschaftliche Versorgung im Rahmen der häuslichen Pflege. Diese ist dann allein auf grundpflegerische Leistungen auszurichten. Anspruch auf Pflegegeld und Haushaltshilfe bestehen nebeneinander.
7. Zuzahlungen
Bei der Haushaltshilfe sind Zuzahlungen zu leisten. Versicherte ab 18 Jahre zahlen für jeden Kalendertag der Leistungsinanspruchnahme einen Betrag von 10 % der täglichen von der Krankenkasse zu zahlenden Haushaltshilfe hinzu. Die tägliche Zuzahlung beträgt mindestens 5,00 EUR und höchstens 10,00 EUR, ist allerdings maximal auf den Betrag der täglichen Haushaltshilfe begrenzt. Die Zuzahlung fällt auch dann an, wenn die Krankenkasse als Haushaltshilfe den Verdienstausfall bzw. Fahrkosten erstattet, weil z.B. die selbstbeschaffte Ersatzkraft, die den Haushalt weiterführt, mit dem Versicherten bis zum zweiten Grad verwandt oder verschwägert ist.
Erhoben wird die Zuzahlung von der Krankenkasse. Wird Haushaltshilfe als Sachleistung zur Verfügung gestellt, errechnet sich die Zuzahlung aus den Kosten der Haushaltshilfe pro Tag. Die Höhe der prozentualen Zuzahlung pro Kalendertag wird rückwirkend aus der Rechnung des Leistungserbringers (z.B. Sozialstation, Betreuungsdienst usw.) ermittelt. Die so ermittelten Beträge sind dem Versicherten in Rechnung zu stellen.
Die 10-prozentige Zuzahlung ist auch zu zahlen, wenn der Versicherte die Kostenerstattung für eine selbstbeschaffte Haushaltshilfe beantragt. Hier behält die Krankenkasse 10 % der für die Leistungserbringung erstatteten Kosten ein. Die Regelung hinsichtlich des täglichen Mindest- bzw. Höchstbetrages der zu leistenden Zuzahlungen gilt analog. Werden Fahrkosten oder Verdienstausfall für eine selbstbeschaffte Ersatzkraft erstattet, die mit dem Versicherten bis zum zweiten Grad verwandt oder verschwägert ist, werden diese Erstattungsbeträge bei der Berechnung der Zuzahlung auf die Tage, für die ein Leistungsanspruch besteht, aufgeteilt.
8. Verfahren
Haushaltshilfe ist im Regelfall vor ihrer Inanspruchnahme bei der Krankenkasse zu beantragen, und zwar
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vor Inanspruchnahme einer entsprechenden Kraft,
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als Sachleistung oder
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wenn diese selbst beschafft wurde und ein angemessener Kosten