5000 € Forderung von Krankenkasse, freiwillig versichert...

Beitragssätze, Kassenwahlrecht, Versicherungspflicht, SGB V, usw.

Moderatoren: Rossi, Czauderna, Frank

danielflusson
Beiträge: 1
Registriert: 09.08.2010, 15:24

5000 € Forderung von Krankenkasse, freiwillig versichert...

Beitragvon danielflusson » 09.08.2010, 15:36

Mir sind gerade alle Decken des Hauses auf den Kopf gefallen. Ich bin wirklich kurz vorm Herzkasper und am Boden niedergeschlagen. Ich hoffe ihr könnt mir irgendwie helfen.

Ich bin seit 2007 Selbsständig
Habe mich 2007 freiwillig versichert (~140 Euro)
2009 war ich kurz ALG II Aufstocker da ich die Kosten nicht decken konnte
März diesen Jahres hab ich ALG II abgemeldet (Verzichtserklärung) *
Jetzt meldet sich die Krankenkasse bei mir, schreibt ich sei seit 2007 hauptberuflich selbstständig und will nun knapp 5000 Euro rückwirkend von mir.

Ich habe mich seit 2007 mit meiner Selbsständigkeit über Wasser gehalten, mein monatlicher Verdienst war im Durchschnitt nur bei 300 Euro. Ich konnte nur existieren weil ich keine Miete zahlen muss.

Was bilden die sich ein von mir so viel Geld zu wollen. Ich komm nicht mehr klar, bitte helft mir! Was kann ich tun?

*Ich hab diesen ekelhaften Umgang nicht mehr ertragen. Aus finanzieller und rechtlicher Sicht hätte ich weiterhin Anrecht drauf gehabt aber ich wollte es einfach nicht mehr.

Rossi
Moderator
Moderator
Beiträge: 5922
Registriert: 08.05.2007, 18:39

Beitragvon Rossi » 09.08.2010, 22:48

Der Kasusknaktus ist, ob Du hauptberuflich selbständig bist.

Wenn dieses Merkmal erfüllt ist, dann musst Du leider etwas mehr an Krankenversicherungsbeiträge löhnen.

Eine hauptberufliche Selbständigkeit kann an nachfolgende Kriterien geknüpft werden.

- die Tätigkeit hat eine wirtschaftliche Bedeutung
- man widmet sich der Tätigkeit min. 18 Stunden wöchentlich (incl. Vor- und Nachbereitung
- man hat Arbeitnehmer angestellt, die mehr als 400,00 Euro im Monat verdienen



Man muss allerdings alles zusammen insgesamt abwägen und in der Praxis ergeben sich dort sehr viele Schwierigkeiten. Die Kassen gehen vielfach hin und behaupten schon bei einer Gewerbeanmeldung, dass man hauptberuflich selbständig ist. Dies ist nicht immer ganz richtig.

Sofern man in der Tat hauptberuflich selbständig ist, gibt es andere Mindestbemessungsgrenze. Es ist etwas teurer als 140,00 Euro.

Es fängt an bei ca. 200,00 Euro im Monat; hierfür muss man allerdings explizit einen Härteantrag stellen; einige Kassen vergessen dies häufig.


Dann geht es nämlich los mit 300,00 Euro Mindestbeitrag.

Liegen nur schlappe 100,00 Euro dazwischen, nur weil man den Härteantrag nicht gestellt hat.

Dipling
Postrank7
Postrank7
Beiträge: 1005
Registriert: 13.02.2009, 16:24

Beitragvon Dipling » 10.08.2010, 00:02

Bei 300 EUR Verdienst monatlich würde ich klar von einer nebenberuflichen Selbständigkeit ausgehen.

Der Hauptberuf könnte z.b. Hausfrau/Hausmann sein.

Folge: Der Beitrag bliebe bei 140 EUR monatlich.

Rossi
Moderator
Moderator
Beiträge: 5922
Registriert: 08.05.2007, 18:39

Beitragvon Rossi » 10.08.2010, 17:36

Hm, dipling, es gibt auch Selbständige, die weniger als 300,00 Euro Gewinn erzielen, aber 50 Stunden wöchentlich malochen. Wir haben ne Wirtschaftskrise.

Dipling
Postrank7
Postrank7
Beiträge: 1005
Registriert: 13.02.2009, 16:24

Beitragvon Dipling » 10.08.2010, 19:25

Bei Selbständigen ist das tatsächlich zur Verfügung stehende Einkommen zwar oft unklar, insbesondere wenn z.B. größere Abschreibungen oder Rückstellungen im Spiel sind.

Ich vermute jedoch, dass alle 3 von Dir genannten Kriterien, die für eine hauptberufliche Selbständigkeit sprächen, nicht erfüllt sind.

Also:
-wirtschaftliche Bedeutung gering - es wäre (eine nebenberufliche Selbständigkeit unterstellt) z.B. eine kostenlose Mitversicherung beim GKV-versicherten Ehegatten möglich.

-weniger als 18 Stunden wöchentlich (wahrscheinlich schlechte Auftragslage). Die Arbeitszeit ist von der Kasse außerdem kaum kontrollierbar.

- keine sozialversicherungspflichtig angestellten Arbeitnehmer (falls doch, ist das ein K.o.- Kriterium und die Selbständigkeit nach den Richtlinien der Kassen immer hauptberuflich).

Rossi
Moderator
Moderator
Beiträge: 5922
Registriert: 08.05.2007, 18:39

Beitragvon Rossi » 10.08.2010, 21:34

Na ja, diese Kritieren sind nur Anhaltspunkte für die Beurteilung einer hauptberuflichen Selbständigkeit.

Aus meiner Erfahrung kann ich nur sagen, dass sich manche Kassen ein Loch ins Knie bohren.

Letztens hatte ich noch einen Fall, da wurde es stumpf an der Gewerbeabmeldung geknüpft. Ich musste mir wieder einen Wolf reden und nach langen hin und her ging es doch.

Was will ich damit sagen, in der Praxis wird es nicht immer einfach sein, denn man muss alle Kriterien in einen großen Bottich schmeissen, den Bottich dreimal umrühren und dann hat man ein Ergebnis! Ho, ho, ho!?

RHW
Postrank7
Postrank7
Beiträge: 293
Registriert: 17.04.2010, 21:19

Beitragvon RHW » 14.08.2010, 11:56

Hallo,

hier der genaue Wortlaut aus dem studenten-Rundschreiben:

Merkmale für eine hauptberuflich ausgeübte selbständige Tätigkeit können die Anzeige bzw. Genehmigung eines Gewerbes (§ 14 ff GewO), die Beschäftigung von Arbeitnehmern im Betrieb oder der zeitliche Umfang der selbständigen Tätigkeit sein. Vom zeitlichen Umfang
her ist eine selbständige Tätigkeit dann als hauptberuflich anzusehen, wenn sie mindestens 18 Stunden in der Woche umfasst. Dabei ist neben dem reinen Zeitaufwand für die eigentliche Ausübung der selbständigen Tätigkeit auch der zeitliche Umfang für eventuell erforderliche Vor- und Nacharbeiten zu berücksichtigen. Bei geringerem Zeitaufwand
als wöchentlich 18 Stunden ist die Annahme einer hauptberuflichen selbständigen Tätigkeit dann nicht ausgeschlossen, wenn die daraus erzielten Einnahmen die Hauptquelle zur Bestreitung des Lebensunterhalts bilden. Mehrere selbständige Tätigkeiten sind zusammenzurechnen.

Quelle: Seite 29
http://www.vdek.com/arbeitgeber/Informa ... 032006.pdf

Wenn ich nur Einnahmen aus der Selbständigkeit habe, ist das m.E. auch die Haupteinnahmequelle und dann wird es schwierig.

Gruß
RHW

Czauderna
Moderator
Moderator
Beiträge: 4627
Registriert: 04.12.2008, 22:54

Beitragvon Czauderna » 14.08.2010, 13:10

RHW hat geschrieben:Hallo,

hier der genaue Wortlaut aus dem studenten-Rundschreiben:

Merkmale für eine hauptberuflich ausgeübte selbständige Tätigkeit können die Anzeige bzw. Genehmigung eines Gewerbes (§ 14 ff GewO), die Beschäftigung von Arbeitnehmern im Betrieb oder der zeitliche Umfang der selbständigen Tätigkeit sein. Vom zeitlichen Umfang
her ist eine selbständige Tätigkeit dann als hauptberuflich anzusehen, wenn sie mindestens 18 Stunden in der Woche umfasst. Dabei ist neben dem reinen Zeitaufwand für die eigentliche Ausübung der selbständigen Tätigkeit auch der zeitliche Umfang für eventuell erforderliche Vor- und Nacharbeiten zu berücksichtigen. Bei geringerem Zeitaufwand
als wöchentlich 18 Stunden ist die Annahme einer hauptberuflichen selbständigen Tätigkeit dann nicht ausgeschlossen, wenn die daraus erzielten Einnahmen die Hauptquelle zur Bestreitung des Lebensunterhalts bilden. Mehrere selbständige Tätigkeiten sind zusammenzurechnen.

Quelle: Seite 29
http://www.vdek.com/arbeitgeber/Informa ... 032006.pdf

Wenn ich nur Einnahmen aus der Selbständigkeit habe, ist das m.E. auch die Haupteinnahmequelle und dann wird es schwierig.

Gruß
RHW


Hallo,
dem Ganzen hinzufügen will ich noch die Info, dass bei verschiedenen Auffassungen zwischen Krankenkasse und Versichertem zum Status die Rentenversicherung eine endgültige Statusfestsetzung vornimmt.
Den hier geschilderten Fall würde ich aus den gemachten Angaben als "hauptberuflich Selbständig" festlegen.
Gruss
Czauderna


Zurück zu „Allgemeines GKV“

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 14 Gäste