Keine Krankenversicherung, GKV nimmt mich nicht

Beitragssätze, Kassenwahlrecht, Versicherungspflicht, SGB V, usw.

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Czauderna
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Beitragvon Czauderna » 25.12.2010, 18:40

Rossi hat geschrieben:Jooh, Günni, für die ALG II-Empfänger gibt es schon seit 03/2010 einen neuen Entwurf des gemeinsamen Rundschreibens.

Der Entwurf wurde jetzt mehrmals durchgekaut, zuletzt im September 2010.

Da jedoch Anfang 2011 weitere zahlreiche Änderungen im SGB V erfolgen, wollte man es noch nicht veröffentlichen. Man wartet ab und nimmt noch die Änderungen mit rein.

Gerade für die Problematik des § 5 Abs. 5a SGB V sind dort mehrere wichtige Hinweise enthalten, die Probleme in der Praxis lösen.

Wenn Du den Entwurf haben möchtest, dann solltest Du dich an die Bossetage deines Arbeitgebers wenden.


Danke Klausi!!

Asmodis
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Beitragvon Asmodis » 27.12.2010, 16:28

Rossi hat geschrieben:@Asmodis

Ich kenne den Entwurf natürlich, kann ihn aber leider hier nicht einstellen. Es ist ja nur ein Entwurf, der bisher auch keinen Weisungscharakter gegenüber den Kassen hat. Erst wenn er veröffentlicht ist, dann kann man hiermit schlagkräftig entgegensteuern.

Man kann in der derzeitigen Konstellation vielleicht nur darauf hinweisen, in der Hoffnung, dass die Kasse hierauf im Vorfeld eingeht. Mehr geht leider nicht.

Im Bereich meiner ARGE habe ich mich immer für die Kunden eingesetzt und habe es vielfach auch geschafft.

Es hat den Anschein, dass Deine ARGE hier wohl kein Interesse hat, oder vielleicht gar nicht weiss, was so Stand der Dinge ist.


Tja, meine ARGE ist in der Hinsicht leider unbeweglich. Ganz im Gegenteil legen sie mir Knüppel zwischen die Beine ohne Ende und scheinen sich in der Hinsicht auch nicht auszukennen.

Im Moment komm ich mir vor wie der Hauptmann von Köpenick oder der berühmte Buchbinder Wanninger. Ich soll der ARGE eine KV nachweisen, ansonsten verzögert sich mit dem Geld alles, weil sie die Akte dauernd nicht weiterbearbeiten (und so wie die drauf sind, lehnen sie dann aufgrund von mangelnder Mitarbeit den Antrag ab, wenn nix kommt). Auf der anderen Seite krieg ich im Moment wegen meiner Insolvenz keine Private KV und wegen der Sturheit der AOK keine gesetzliche.

Ich hatte heute nochmal ein Gespräch mit dem Sachbearbeiter bei der AOK, den ich auf den Satz 13 nochmal hingewiesen habe. Ich habe ihn auch darauf hingewiesen dass die Ablehnung nach § 5 Abs. 5 mich nicht trifft, da hier definitiv der Auffangparagraph Satz 13 nicht erfasst ist sondern nur die Sätze 5 bis 12. Er hat sich nur leider hier auf keine Diskussion eingelassen und war auch nicht bereit sich bezüglich des Entwurfes des von Dir genannten Rundschreibens auch nur schlau zu machen.

Das einzige was ich zur Untermauerung jetzt nachträglich im Netz gefunden habe ist dieses Rundschreiben der Bundesverbände vom 20.03.2007

http://www.vdek.com/versicherte/Mitglie ... _sgb_v.pdf

Dort heisst es auf Seite 24

...Der Ausschluss der Versicherungspflicht bei Ausübung einer hauptberuflich selbständigen Erwerbstätigkeit ist in § 5 Abs. 5 SGB V geregelt. Da diese Bestimmung nicht um den neuen Versicherungspflichttatbestand des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ergänzt wurde, steht eine hauptberuflich selbständige Erwerbstätigkeit der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V nicht generell entgegen. Es ist entscheidend, ob der hauptberuflich selbständig Tätige
zuletzt in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert war. Hauptberuflich selbständig
Tätige, die zuletzt gesetzlich krankenversichert waren und die keinen anderweitigen Anspruch auf eine Absicherung im Krankheitsfall haben, können somit der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. a SGB V unterliegen...


Die Frage ist, wie ich jetzt weitermachen sollte. Macht es Sinn diesem Sturkopf von einem Sachbearbeiter dieses Rundschreiben in einem persönlichen Gespräch um die Ohren zu hauen? Soll ich mich schriftlich über die mangelhafte Beratung beschweren und mit diesem Rundschreiben argumentieren (und wenn ja bei wem?) Soll ich mit diesem Rundschreiben zur ARGE gehen und die darauf ansetzen? Oder ist es sinnvoll gleich die große Kanone Sozialgericht auszupacken?

Irgendwie hab ich im Moment einfach keinen Bock mehr. Das ergänzende ALG II soll helfen meine Selbständigkeit am Laufen zu halten und mir die Möglichkeit geben die Selbständigkeit wieder voranzutreiben. Aber im Moment komm ich kaum mehr dazu irgendwas zu machen, weil ich mich nur noch mit ARGE, AOK, etc. rumschlagen muss...

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Beitragvon Rossi » 27.12.2010, 18:40

Boah, Nachtigall ik hör Dir mal wieder trapsen.

Unglaublich, was bei Dir derzeit abgeht.

Sorry, sowohl die Kasse als auch die ARGE haben im Ansatz keinen Plan.

Okay, dann geht es leider nicht anders. Du musst jetzt nachfolgenden Weg einschneiden, der leider mit einer Nachzahlungspflicht für die Monate Februar 2009 - zum erneuten Antrag auf ALG II verbunden ist.

1. Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13a SGB V ab Februar 2009 bei der AOK anzeigen (per Anzeigebogen).

Da Du zuletzt im Febr. 2009 GKV versichert gewesen bist, wirst Du ab Febr. 2009 von der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13a SGB V erwischt. Die Tatsache, dass Du im Febr. 2009 hautpberuflich selbständig im Sinne von § 5 Abs. 5 SGB V gewesen bist, spielt überhaupt keine Rolle.

Bitte nicht länger irgendwelche Gespräche am Schalter führen.

Gucke mal hier:

http://www.aok-business.de/rundschreiben/pdf/rds_20070320-5Abs1Nr13SGBV.pdf

In der Anlage 1 des Rundschreibens findest Du den sog. Anzeigebogen zur Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13a SGB V. Diesen bitte ausfüllen und der Kasse auf den Tisch schmeißen.

Den Namen des Mitarbeiters - der Dich bislang völlig falsch beraten hat - bitte aufschreiben und Regressansprüche vorbehalten.

Gleichzeitig einen Zwei- oder Dreizeiler aufsetzen und gem. § 186 Abs. 11 SGB V um Ermäßigung der nachzuzahlenden Beiträge für die Monate Febr. 2009 - Dez. 2010 stellen. Du begründest diesen Antrag damit, dass Du selber bislang von der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13a SGB V nichts gewusst hat. Du bist mehrfach stumpf von der Kasse abgwimmelt worden und hast das verspätete Anzeigen definitiv nicht zu vertreten. Es liegt einzig und allein an der ignoranten und völlig rechtswidirgen Ablehung der Kassen, weshalb eine Ermäßigung der nachzuzahlenden Beiträge geboten ist. Ansonten hälst Du dir aufgrund der bisherigen Ablehnung Regressansprüche im Rahmen der Amtshaftpflichtverletztung vor.

2. Versicherungspflicht durch den erneuten ALG II-Bezug

Sowohl die Auskunft der ARGE als auch der Kasse, dass durch den erneuten ALG II keine Versicherungspflicht in der GKV eintritt ist ebenfalls völlig daneben.

Es wird hier immer das Argument mit § 5 Abs. 5 SGB V in den Ring geworfen, welches völlig daneben ist. Für Dich gilt allerdings § 5 Abs. 5a SGB V.

Hier gilt nachfolgendes:

(5a) Nach Absatz 1 Nr. 2a (Arbeitlosengeld II-Bezug) ist nicht versicherungspflichtig, wer unmittelbar vor dem Bezug von Arbeitslosengeld II privat krankenversichert war (sog. 1. Alternative)

oder

weder gesetzlich noch privat krankenversichert war und zu den in Absatz 5 (hauptberuflich selbständig) oder den in § 6 Abs. 1 oder 2 genannten Personen gehört oder bei Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätte. (sog. 2. Alternative)

Bei der 1. Alternative wird im Rahmen des ALG II-Bezuges keine Versicherungspflicht ausgelöst, wenn Du 1 Tag vor dem Leistungsbezug privat gewesen bist. Gretchenfrage, bist Du 1 Tag vorher privat versichert gewesen? Ein klares NEIN.

Bei der 2. Alternative wird keine Versicherungspficht im Rahmen des ALG II-Bezuges ausgelöst, wenn Du 1 Tag vor dem ALG II-Bezug überhaupt nicht versichert gewesen bist und wenn Du zusätzlich hauptberuflich selbständig bist. Und genau darauf reitet die Kasse und die ARGE derzeit herum.

Dem ist aber definitiv nicht so; denn durch die Anzeige zur Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13a SGB V (siehe Verfahren zu 1) wirst Du kraft Gesetz ab Februar 2009 (§ 186 Abs. 11 SGB V) in der GKV versicherungspflichtig und bist somit 1 Tag vor dem ALG II GKV versichert gewesen. Also ist die 2. Alternative auch nicht erfüllt und es gibt überhaupt keinen Ausschlussgrund für die Versicherungspflicht im Rahmen des ALG-Bezuges.

3. Weitere Abwimmelungstaktik der Kasse
Wenn die Kasse dies nun endlich geschnallt hat, wirst Du nach meiner Erfahrung weiterhin eingeschüchtert. Man will von Dir vermutlich erst einmal die Beiträge in der Zeit vom Febr. 2009 - Dez. 2010 haben. Vielfach wird die Mitgliedschaft von einer vorigen Beitragsnachzahlung abhängig gemacht, ist zumindest teilweise meine Erfahrung.

Auch dies ist pottfalsch. Die Mitgliedschaft ist im Ansatz nicht von einer vorigen Beitragszahlung abhängig.

Wenn die Kasse auch dies geschluckt haben sollte, wird vermutlich die nächste Aktion der Abwimmelung kommen. Dann wird man Dir vermutlich sagen, okay, wenn Sie Beitragsrückstände haben, dann bekommst Du von uns keine Leistungen.

Auch dies ist pottfalsch. Du hast ALG II beantragt, wenn Du diese Leistung auch tatsächlich erhälst, kann Dir die Kasse überhaupt keine Leistungen mehr verwehren. Auch wenn Du 10.000,00 Euro Rückstand bei der Kasse hast, bekommst Du im Falle des ALG II-Bezuges die volle Leistungspallette. Dies ergibt sich aus § 16 Abs. 3a SGB V.

Es muss natürlich nicht sein, dass die Kasse mit dieser Abwimmelungstaktik um die Ecke kommt und sofort einlenkt. Aber ich habe dort Tag für Tag leider eine andere Erfahrung. Von daher wäre es sehr positiv, wenn es jetzt klappen sollte. Man soll der Kasse auch eine Chance lassen.

Ach ja, wenn das neue gemeinsame Rundschreiben (bisher nur Entwurf) bereits veröffentlicht wäre, dann könntest Du dir den Schritt zu 1 (vorige Anzeige zur Versicherungspflicht und Nachzahlungspflicht) sparen. Dies hängt vor allen Dingen damit zusammen, dass jeder dort hin soll wo er zuletzt versichert war. Die Kassen nennen es konsequente Systemabgrenzung. Aber mit dieser Klamotte wirst Du bei der Kasse vermutlich nicht weiterkommen.

Viel Erfolg.

Asmodis
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Beitragvon Asmodis » 08.01.2011, 18:18

Hallo Herr Rossi

Erstmal danke für die ausführliche Hilfestellung. Ich werde dann am Montag gleich mal durchstarten (vorher war durch einen Schlaganfall meiner Mutter am 2. Januar leider zu viel Hektik). Ich werde dann berichten wie es weitergegangen ist.


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