Nachzahlung KV - Beitrag erlassen ?

Beitragssätze, Kassenwahlrecht, Versicherungspflicht, SGB V, usw.

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Hempe
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Nachzahlung KV - Beitrag erlassen ?

Beitragvon Hempe » 27.11.2012, 09:43

Hallo liebe Forumuser,
ich hab da mal ´ne Frage...
folgender Fall: Eine Frau, erkrankt 2007 an Krebs, erhält bis 31.10.2007 Krankengeld. Danach ist sie arbeitslos und erhält bis 05.08.2010 Arbeitslosengeld. Sie ist zu dieser Zeit depressiv, war einmal beim Arzt, hat Antidepressiva verschrieben bekommen, nimmt die Medikamente aber nicht und geht auch nicht mehr zum Arzt. Sie bekommt mehrfach Post von der KK, wird darauf hingewiesen dass der Versicherungsschutz zum 05.08.2010 endete, auch auf den §5 Abs.1 Nr. 13 SGB V wird hingewiesen.
Am 28.10.2010 wird sie aufgefordert ihre KV-Karte zurückzusenden und gebeten die KK zu informieren wie sie im Krankheitsfall abgesichert ist.
Die Frau hat die gesamten Briefe aber nie gelesen, sondern ungeöffnet in eine Schublade gelegt. Sie war bis November 2012 nicht beim Arzt oder im KH.
Im November 2012 vertraut sich die Frau ihrere Tochter an. Es kommt heraus, dass die Frau seit 2010 von Leihgaben Ihrer Schwester lebt. Insgesamt 25.000€. ALG 2 oder ähnliches hat die Frau nicht bekommen, sie hat auch nicht gearbeitet.
Tochter ruft bei der KK an, bekommt einen Fragebogen, gibt wahrheitsgemäß Auskunft.
Im November 2012 war die Frau dann beim Arzt, die Depression wurde bestätigt.
Mit was für Nachzahlungen muss die Frau nun rechnen ? Kann eventuell wegen der Depressionen ein Erlass der Nachzahlungen in Frage kommen?
Im November 2012 wurde eine Altersrente beantragt. Rentenhöhe wird vermutlich knapp 1000€ monatlich sein.

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Beitragvon Rossi » 27.11.2012, 19:54

Nun ja, wenn sie selber kein eigenes Einkommen erzielt hat (Leihgabe der Schwester zählt nicht dazu), dann wird sie zum Mindestbeitrag eingestuft. Ca. 140,00 - 145,00 Euro, natürlich mtl. für die Zeit von 08/2010 bis lfd.

Damit sind es schon mal min. 3.500,00 Euro nachzuzahlen.

Ich würde einen Antrag auf Ermäßigung der nachzuzahlenden Beiträge gem. § 186 Abs. 11 SGB V stellen. Dies mit der drepressiven Phase begründen, ferner sind keine Leistungen rückwirkend in Anspruch genommen. Insgesamt stellt dies eine besondere Härte dar.

Ferner hat die Kasse durch die Rückforderung der Krankenversichertenkarte den nachzuzahlenden Beitragsanspruch ggf. verwirkt.

Aber wird nicht so einfach werden, bzw. kommt es darauf an, an welchen Kassemitarbeiter man gelangt. Überwiegend sind die Erfolgsaussichten sogar sehr gering.

Du solltest auf jeden Fall Kontakt mit der Kasse aufnehmen und den vermeintlich unversicherten Zeitraum klären; denn es ist eine Lücke von über 2 Jahre vorhanden. Sonst liegen die Voraussetzungen für die KVdR nicht mehr vor.

Wenn man jetzt sehr genau ist, dann würde ich mir die KVdR selber ausrechnen und gucken, ob vielleicht mit der Lücke dennoch die KVdR Voraussetzungen vorliegen. Dann würde ich ggf. bei dem zurückliegenden Zeitraum hinsichtlich der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13a SGB V nicht mitwirken.

Aber dies ist jetzt ein richtiges Rechenexempel.

Vermutlich ist der Zeitraum der vermeintlichen Nichtversicherung schon zu groß.

Wie sieht es aus, ist die Frau vielleicht noch verheiratet?

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Beitragvon Hempe » 27.11.2012, 20:25

vielen dank für die Antwort, Rossi

Genau das wollte ich wissen. Die Depression stellt also eine besondere Härte dar mit der ich gegenüber der KK argumentieren kann. Das die Frau um eine Nachzahlung nicht herumkommt war schon klar, aber ich möchte helfen die Summe so gering wie möglich zu halten. .
Vorraussetzung für die KVdR liegt vor. Die Frau war seit 1965 durchgehend gesetzlich krankenversichert bis 2010.
Wenn der Rentenbescheid kommt ist die Frau ab November 2012 in der KVdR versichert.
Jetzt war die Frau ja diesen Monat beim Arzt mit der Karte der bisherigen KV, die ihr irgendwann zugesandt wurde (hat sie erst jetzt "gefunden" bei der Sichtung der Schubladenpost). Dadurch und durch den Antrag "Anzeige auf eine Versicherung" ist der Stein ja jetzt schon ind Rollen gebracht.

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Beitragvon Hempe » 27.11.2012, 20:26

Verheiratet ist sie übrigens nicht mehr. Schon lange geschieden.

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Beitragvon Rossi » 27.11.2012, 20:30

Sie ist schon ab dem Tag der Rentenantragstellung wieder Pflichtmitglied der Kasse geworden.

Gebe mal die genauen Daten.

Tag der Rentenantragstellung
1. Tag im Erwerbsleben
Rentenbeginn

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Beitragvon Hempe » 27.11.2012, 20:37

Tag der Rentenantragsstellung: 14.11.2012
1. Tag im Erwerbsleben: 01.04.1965
Rentenbeginn soll so schnell wie möglich sein. Die Frau hätte schon zum 01.04.2012 in Rente gehen können, da sie zu 50% schwerbehindert ist. Also kann sie mit 63 Jahren in Altersrente.

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Beitragvon Rossi » 27.11.2012, 20:47

Okay, dann habt ihr aber Glück, die KVdR ist gerade mal erfüllt.

2. Häflte 23.01.1989 - 14.11.2012

23 Jahre, 9 Monate, 23 Tage Gesamt
21 Jahre, 5 Monate, 10 Tage (9/10)

nachwiesene Zeiten

23.01.1989 - 05.08.2010

21 Jahre, 6 Monate, 14 Tage

erforderlich

21 Jahre, 5 Monate, 10 Tage

Also hat sie schon mal 34 Tage mehr, als sie braucht.

Damit ist sie seit dem 14.11.2012 schon mal als Rentenatragstellerin wieder pflichtversichert.

Wann war sie beim Arzt?!

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Beitragvon Hempe » 27.11.2012, 20:49

am 16.11.

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Beitragvon Rossi » 27.11.2012, 21:25

Okay, dann passt es doch. Ab dem 14.11.2012 ist sie wieder pflichtversichert und am 16.11.2012 ist sie zum Arzt gegangen.

Somit hat sie noch nicht einmal rechtswidrig die Versichertenkarte benutzt.

Ich würde jetzt erst einmal abwarten, was die Kasse macht.

Bei der Eintragung der vorherigen Mitgliedschaft nach § 5 Abs. 1 Nr. 13a SGB V würde ich derzeit nicht mitwirken. Zudem hatte die Kasse damals auch die Karte zurückgefordert.

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Beitragvon Hempe » 27.11.2012, 21:35

entstehen ihr denn jetzt keine Nachteile weil wir ja die "Anzeige auf eine Versicherung" schon zur KK geschickt haben? Kann das zurückgenommen werden?
Sorry, ich kenne mich da mit den Formalien nicht aus. Schön, dass es dieses Forum gibt :D

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Beitragvon Rossi » 27.11.2012, 21:47

Nun ja, wenn Du die Anzeige zur Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13a SGB V schon ausgefüllt und der Kasse übersendet hast, dann schlägt die sog. Kralle zu.

Dann ist es zu spät. Du kannst das Ding´n jetzt nicht zurücknehmen mit dem Argument, dass Du nicht mitwirken willst. Dies wäre daneben.

Tja, jetzt solltest Du den Ermäßigungsantrag stellen. Am besten ärztliche Bescheinigung über die depressive Episode etc. Ferner würde ich auch argumentieren, dass man schon wesentlich früher die Rente hätte beantragen können und über die KVdR an eine Mitgliedschaft bestanden hätte. Dies allerdings auch nicht gemacht hat, weil man total zurückgezogen gelebt hat. Deswegen hast Du das verspätete Anzeigen nicht zu vertreten. Du musst jetzt richtig auf die Trämendrüse drücken.

Am besten mit einem Vorschlag des sog. Anwartschaftsbeitrages (ca. 45,00 Euro pro Monat) der dann vielleicht in einer Summe gezahlt wird, Die Verwandten helfen hier vielleicht aus, damit die Solidargmeinschaft auch seinen Teil bekommt.

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Beitragvon Hempe » 27.11.2012, 22:00

hm, gibt es da einen Vordruck oder einfach formlos den Antrag auf Ermäßigung stellen.
Sollen wir das jetzt schon machen oder warten bis sich die KK mit einem Beitragsbescheid meldet?

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Beitragvon Rossi » 27.11.2012, 22:11

Es gibt dafür keinen Vordruck. Du musst den Antrag frei stellen, dies geht jetzt auch schon. Aber dafür muss schon einiges aus dem Pinsel kommen.

Auf der anderen Seite würde ich auch versuchen ein klärendes Gespräch mit der Kasse zu suchen. Meistens kann man mit den Abteilungsleitern ganz gut reden. Schildere die Situation.

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Beitragvon Hempe » 27.11.2012, 22:26

mit der Krankenkasse habe ich gesprochen, die Situation auch schriftlich geschildert. Die Sachbearbeiterin war eigentlich sehr verständnisvoll, meinte aber auch sie müssten sich dem Bundesrechnungshof gegenüber rechtfertigen.
Ich werde, glaube ich, jetzt erstmal den Bescheid abwarten um nicht wieder vorschnell einen Fehler zu machen. :roll:
Vom Deutschen Caritasverband gibt es ein Musterschreiben, darauf werde ich wohl dann den Wiederspruch aufbauen

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Beitragvon Rossi » 27.11.2012, 22:45

Jooh, der Bundesrechnungshof!? Nachtigall ik hör Dir trapsen.

Die Kassen haben einen gesetzgeberischen Auftrag in bestimmten Fällen die nachzuahlenden Beiträge

- zu erlassen
- zu ermäßigen
- zu stunden



Und was machen die Kasse in der Praxis? Sie stunden allenfalls (letzte Möglichkeit).

Eine Ermäßigung oder gar ein Erlass führt leider ein Schattendasein und jedesmal bekommen die Kassen hier ne Putenpelle bzw. Elefantenpickel. Dann wirst es auch noch mit dem Bundesrechnungshof begründet. Na wunderbar.


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