Zahlstellenverfahren bei freiwillig Versicherten

Beitragssätze, Kassenwahlrecht, Versicherungspflicht, SGB V, usw.

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Christa43
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Zahlstellenverfahren bei freiwillig Versicherten

Beitragvon Christa43 » 01.12.2012, 13:24

Hallo,

Frau F. bezieht seit dem 1.5.2012 eine Rente von einer berufsständigen Versorgungseinrichtung.
Sie ist freiwilliges Mitglied einer gesetzlichen Kankenkasse. Der Beitrag wurde von der Krankenkasse entsprechend der Höhe der Rente festgesetzt und wird auch in dieser Höhe von ihr - im Lastschriftverfahren - gezahlt. Weitere Einkünfte hat Frau F. nicht.

Nunmehr teilt die Krankenkasse mit, dass vom berufsständigen Versorgungswerk als Zahlstelle die Beiträge, rückwirkend ab 1.5.2012, bei der Auszahlung der Rente einzubehalten und an die Krankenkasse weiterzuleiten hat.

Meine Frage wäre: gilt das Zahlstellenverfahren auch bei freiwillig versicherten Mitgliedern oder nur bei Pflichtversicherten.

Im voraus schon mal vielen Dank.

Gruß von Christa

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Beitragvon Rossi » 01.12.2012, 13:31

Meines Erachtens darf die Zahlstelle hier die Beiträge nicht einhalten. Denn Äpfel sind nicht gleich Birnen.

Zitat:

§ 256 Beitragszahlung aus Versorgungsbezügen

(1) Für Versicherungspflichtige, die eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen, haben die Zahlstellen der Versorgungsbezüge die Beiträge aus Versorgungsbezügen einzubehalten und an die [b]zuständige Krankenkasse zu zahlen
. Die zu zahlenden Beiträge werden fällig mit der Auszahlung der Versorgungsbezüge, von denen sie einzubehalten sind.[/b]

Da Du nicht versicherungspflichtig bist, sondern nur freiwillig im Sinne von § 9 SGB V versichert bist, muss die Zahlstelle auch nichts direkt an die Kasse zahlen.

Vermutlich hat die Zahlstelle dies nicht berücksichtigt.

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Beitragvon Christa43 » 01.12.2012, 14:32

Hallo @Rossi,

vielen Dank für die schnelle Antwort.

Noch ist nichts passiert.
Das Schreiben an Frau F. und an die Zahlstelle stammt vom 29.11.2012 und ist heute mit der Post eingegangen.

Gruß von Christa

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Beitragvon Czauderna » 01.12.2012, 18:00

Hallo,
nur zur Ergänzung, nicht die Zahlstelle muss Beiträge für den Versorgungsbezug einbehalten und abführen, das muss du ggf. selbst machen.
Gruss
Czauderna

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Beitragvon Rossi » 01.12.2012, 18:15

Hä, verstehe ich jetzt nicht.

Die Kasse fordert doch schon per Bescheid hierfür Beiträge.

Darum geht es doch hier genau.


Die Kasse fordert per Bescheid und die Versorgungsstelle hält dann auch noch ein und zahlt es auch an die Kasse.

Dürfte unter dem Motto laufen, doppelt gemoppelt hält bekanntlich immer besser, muss aber nicht sein.

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Beitragvon Christa43 » 01.12.2012, 18:24

Czauderna hat geschrieben:Hallo,
nur zur Ergänzung, nicht die Zahlstelle muss Beiträge für den Versorgungsbezug einbehalten und abführen, das muss du ggf. selbst machen.
Gruss
Czauderna


Hallo,
das verstehe ich jetzt aber nicht.
Die Krankenkasse fordert die Zahlstelle auf die Beiträge, auch rückwirkend, einzubehalten und abzuführen sowie es in § 256 Absatz 1 SGB V beschrieben ist.

Gleichzeitig aber hat die Krankenkasse diese Versorgungsbezüge als Grundlage für die Berechnung des freiwilligen Beitrages genommen und bucht diesen Beitrag auch regelmäßig ab.

Wie @Rossi beschrieben hat gilt das Zahlstellenverfahren nur bei Versicherungspflichtigen.

Es kann doch nur einmal der Beitrag erhoben werden entweder durch die Zahlstelle aber nicht nochmal durch die Krankenkasse selbst.

Euro-mäßig wäre es ja gleich, aber nur einmal

Gruß von Christa


Edit: Dieser Beitrag hat sich zeitmäßig mit dem Beitrag von @Rossi überschnitten.

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Beitragvon Rossi » 01.12.2012, 19:03

Hm, bist Du sicher, dass die Krankenkasse hier die Zahlstelle aufgefordert hat?

Ich glaube, dass die Zahlstelle hier ggf. nur etwas verwechselt hat. Die Zahlstelle geht vermutlich davon aus, dass Du pflichtversichert bist. Lege doch einfach der Zahlstelle Deinen Beitragsbescheid über die freiw. Kv. vor und verweise auf § 256 SGB V.

Oder habe ich dort jetzt etwas übersehen?!

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Beitragvon Christa43 » 01.12.2012, 19:34

Hallo @Rossi,

Die Krankenkasse hat das Berufsständige Versorgungswerk - als Zahlstelle - angeschrieben das aus den Versorgungsbezügen der Beitrag zur KV/PV einzubehalten und an die Krankenkasse weiterzuleiten sind.

Hm, bist Du sicher, dass die Krankenkasse hier die Zahlstelle aufgefordert hat?

Ja, ganz sicher. Das Schreiben liegt mir vor.

Nur, die Zahlstelle kennt ja dieses Schreiben wohl noch nicht; es stammt vom 29.11.2012 und liegt sicher dort erst nächste Woche vor.

Natürlich wird Frau F. sowohl die Krankenkasse anschreiben und auch das Versorgungswerk entsprechend informieren.

Gruß von Christa

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Beitragvon Rossi » 01.12.2012, 19:46

Okay, kannst Du den Text des Anschreibens der Kasse hier mal einstellen?

Mit welcher Rechtsgrundlage stützt die Kasse diese Beitragsanforderung bei der Zahlstelle.

Vielleicht habe ich dort etwas übersehen.

Ich kann es mir alllerdings nicht vorstellen. Denn in dieser Konstelltion (direkte Beitragsforderung bei der Zahlestelle) müsstest Du nur noch die Beiträge auffüllen.

Ansonsten machst es im ersten Anlauf überhaupt keinen Sinn.

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Beitragvon Czauderna » 01.12.2012, 20:05

Hallo,
sag ich doch - nicht die Zahlstelle muss Beiträge einbehalten und abführen sondern die Versicherte selbst muss in diesem Fall die Beiträge zahlen.
Von doppelter Zahlung kann da keine Rede sein.
Gruss
Czauderna

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Beitragvon Rossi » 01.12.2012, 20:21

Und warum fordert hier die Kasse die Zahlstelle auf, Beiträge zusätzlich direkt an die Kasse zu zahlen?

Hat ein Auszubildender dies Schreiben verzapft?

Vermutlich ein Zweizeiler ohne Angabe jeglicher Rechtsgrundlage, damit keiner nachvollziehen kann, was dahintersteckt.

Alle müssen dann raten, oder wie?

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Beitragvon Christa43 » 01.12.2012, 21:28

Hallo,

zunächst noch mal zur Klarstellung:

Die Versorgungsrente ist die einzige Einnahmequelle die Frau F. hat.
Für die Beitragsfestsetzung wurden die beitragspflichtigen Einnahmen:

"Versorgungsbezüge" X.XXX,XX Euro

zugrunde gelegt.
Dies ist exakt der Betrag, den das Versorgungswerk zahlt
Weitere beitragspflichtige Einnahmen gibt es ja nicht.


Hier der Wortlaut des Schreibens der Krankenkasse:

"Ihr Versorgungsbezug
Meldung an die Zahlstelle


Sehr geehrte Frau F.

sowohl in der Krankenversicherung als auch in der Pflegeversicherung richtet sich der Beitrag nach Ihren persönlichen Einkommensverhältnissen,

Ihr Versorgungsbezug zählt zu Ihrem Einkommen und ist deshalb grundsätzlich für die Beitragsberechnung heranzuziehen.

Die Zahlstelle, die Ihren Versorgungsbezug auszahlt, hat den Beitrag bei der Auszahlung des Versorgungsbezuges einzubehalten und an die Krankenkasse weiterzulelt6n.
Auf der Rückseite dieses Schreibens sehen Sie die Meldung, die wir heute an die Zahlstelle gerichtet haben,
Wenn Sie noch Fragen haben, beantworten wir diese gern.

Mit freundlichem Gruß
Ihre XXX-Gesundheit
- Team Mitgliedschaft und Beitrag"


Die erwähnte Rückseite enthält nur die Daten für das maschinelle Meldeverfahren:
Grund der Meldung: Anmeldung
Beitragsabführungspflicht: ja (KV und PV)

Gruß von Christa

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Beitragvon Rossi » 01.12.2012, 22:06

Na wunderbar, solche Kassenschreiben liebt der Rossi.

Er bekommt jedes mal ne Putenpelle bzw. riesen Elefantenpickkel, wenn er so etwas liest.

Wir finden in diesem Schreiben nicht eine Rechtsgrundlage. Nicht nur ein rechtsunkundiger Bürger, sogar ein Fachanwalt für Sozialrecht muss hier raten bzw. erahnen, wie die rechtliche Normkette auszubauen ist.

Sind die Kassenbescheide etwa ein Versteckspiel hinter der Rechtsnorm, in der Hoffnung, dass keiner dies nachprüft und geschweige denn, einen Widerspruch erhebt?!

Solche Bescheide bzw. Schreiben sind einfach nur eine Frechheit.

Mittlerweile hat sich der Rossi für solche völlig rechtswidrigen Bescheide (keine Angaben von §§) einen wunderschönen Textbaustein zusammengeschustert:

Zitat:


Zunächst halten wir fest, dass Ihr Bescheid formell rechtswidrig ist.

Die Vorschriften des SGB X (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz), welche für Sie bindend sind, wurden im Ansatz nicht beachtet. Sie sind nämlich der Begründungspflicht gem. § 35 SGB X völlig unzureichend nachgekommen. Die Begründungspflicht eines Verwaltungsaktes hat den Zweck, die Entscheidung verständlich und nachvollziehbarer zu machen. Anderseits soll sie die Möglichkeit des tatsächlichen Sachverhalts und der rechtlichen Begründung bieten, um die Frage von Rechtsbehelfen prüfen.

siehe Dr. Johannes Jansen in SGB Haufe, § 35 X Rz. 3

Inhaltlich umfasst die Begründungspflicht die Darlegung des der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhaltes und der darauf angewandten Rechtsvorschriften. Sie muss darüber hinaus die „rechtlichen Grundlagen“ für die Entscheidung erkennen lassen. Dazu gehört die Benennung der „Rechtsnormen“, auf die der Erlass des Verwaltungsaktes gestützt ist. Auslegungsbedürftige und unbestimmte Rechtsbegriffe sind zu erläutern, ggf. auch unter Hinweis auf eine durch die Rechtsprechung vorgenommen Auslegung, der gefolgt werden muss oder kann.

siehe Dr. Johannes Jansen in SGB Haufe, § 35 Rz. 9

Wir können aus Ihrem Bescheid nicht eine Rechtsnorm erkennen. Es kann ggf. nur erahnt werden, wie Sie hier vielleicht die Normenkette aufbauen. Dies wiederläuft dem Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit und daher ist Ihr Bescheid formell rechtswidrig und verletzt die Rechte unseres Mandanten.

Wir fordern Sie daher auf, der Begründungspflicht umfassend nachzukommen. Benennen Sie uns die entsprechenden Rechtsnormen, ggf. auch Rechtsprechung. Stellen Sie den Sachverhalt bitte den Rechtsnormen gegenüber und subsummieren dies anschließend.

Wir haben uns hierfür eine Frist von 21 Tagen notiert.





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Beitragvon Rossi » 01.12.2012, 22:12

Nun ja, wenn man sich jetzt eine Joke machen will, dann übergibt man das Mandant einem Fachanwalt für Sozialrecht.

Er bekommt dann für die Klamotte 260 Glocken zzgl. Märchensteuer.

Was will man mehr!?

Ach ja, den letzten Widerspruch hinsichtlich dieser Problemtatik (Begründungspflicht / §§ benennen / anschließend ein Ergebnis) hat die Kasse mit diversen Problemen in der Praxis begründet. Denn eine Rechtsgrundlage, ausser Probleme in der Praxis hatte die Kasse nicht.

Probleme in der Praxis stellen aus der Sicht einer Kasse eine Rechtsnorm zur Ablehnung dar, oder wie?!? Nun ja, hat noch nicht einmal 14 Tage gedauert, bis die Kasse das Schwänzchen eingezogen hat.
Zuletzt geändert von Rossi am 01.12.2012, 22:43, insgesamt 1-mal geändert.

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Beitragvon Christa43 » 01.12.2012, 22:42

Hallo Rossi,
nochmals vielen Dank für Deine Hile.

Rossi hat geschrieben:Nun ja, wenn man sich jetzt eine Joke machen will, dann übergibt man das Mandant einem Fachanwalt für Sozialrecht.

Er bekommt dann für die Klamotte 260 Glocken zzgl. Märchensteuer.

Was will man mehr!?

Im Grunde haben Sie ja recht.
Aber wer beschäftigt sich mit solche KV-Sachen und wo findet man den?

Nun wie es auch sei:
Ich werde morgen, am 1. Advent, mich mit Frau F. zusammensetzen und der XXX-Kasse und dem Versorgungswerk entsprechende Mitteilunen machen.
Ganz unbeholfen bin ich ja auch nicht, wenn auch auf einem anderen Sozialrechtsbereich.

Die XXX-Kasse werde ich natürlich auch fragen, nach welcher Rechtsvorschrift für den gleichen Rentenbezug sowohl Beiträge vom Versorgungswerk abgeführt werden müssen und der gleiche Betrag auch für die Beitragshöhe für die freiwillige Mitgliedschaft zugrunde gelegt wird. Immerhin kommt man dann auf einenBeitragssatz von über 30 Prozent.

Zur gegeben Zeit werde ich vom weiteren Verlauf berichten.

Gruß von Christa


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