Nachträgliche Beiträge - obwohl "keine Angaben"

Beitragssätze, Kassenwahlrecht, Versicherungspflicht, SGB V, usw.

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T.P.2013
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Nachträgliche Beiträge - obwohl "keine Angaben"

Beitragvon T.P.2013 » 01.07.2013, 22:14

Hallo,
ich habe eine Frage bzw. bitte um Tipps zur weiteren Vorgehensweise.
Zur Situation:

Meine Frau ist Nicht-EU-Ausländerin und ist Ende letzten Jahres erstmalig zu mir ins Bundesgebiet nachgezogen.
Ich selbst bin nicht gesetzlich versichert.
Nach einigem Hinundher mit PKVs habe ich mich entschlossen, meine Frau, die versicherungspflichtig ist, freiwillig gesetzlich zu versichern (ohne dass ich "pro forma" meiner Frau einen 451,- EUR-Job besorgt hätte, monatl. Beiträge daher über 260 EUR). Bis dahin hatte ich auch angefallene Behandlungen etc. selbst gezahlt.

Dazu habe ich, nachdem ich mich u.a. hier schlau gelesen habe, im Antrag der GKV bei der Frage zur Vorversicherung das Kreuz bei "ich mache keine Angaben zur Vorversicherung" gesetzt und den Antrag so vollständig und von meiner Frau unterschrieben persönlich eingereicht (Alternativen waren: 1) ich war versichert bei..., 2) ich war nicht versichert, 3) ich mache keine Angaben).

Die Sachbearbeiterin hat dann mit der Begründung, es müssen Angaben zur Vorversicherung gemacht werden, gefragt, ob eine Vorversicherung bestanden hätte. Ich verwies auf das Kreuz bei "Ich mache keine Angaben", woraufhin sie selbst(!) das Kreuz zusätzlich bei "ich war nicht versichert" gesetzt hat.
Promt habe ich eine Berechnung der Beiträge seit Wohnsitznahme meiner Frau in D. erhalten.

Ich habe namens meiner Frau erstmal fristgerecht Widerspruch eingelegt, bisher ohne Begründung, die ich jetzt nachliefern möchte.

Meine Frage dazu:
Natürlich ist das unautorisierte Setzen des Kreuzes nachträglich zusätzlich zum angekreuzten "keine Angaben" unzulässig. Das heißt, die Angaben meiner Frau beinhalten rechtsgültig m.M. nach nur das "keine Angaben".

Gibt es Erlasse oder explizierte gesetzliche Grundlagen dafür, dass meine Frau bei angekreuzten "keine Angaben" nicht zur Nachzahlung für die Zeit vor Versicherungsbeitritt verpflichtet werden kann?
Wo kann ich diese finden bzw. gibt es Formulierungshilfen, um die Widerspruchsabteilung der GKV zu einer Akzeptanz meines Widerspruchs und zur Zurückzahlung der "unter Vorbehalt" gezahlten nachträglichen Beiträge für die Zeit vor Versicherungsbeitritt zu veranlassen?

Danke für Ideen und Infos.

Czauderna
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Beitragvon Czauderna » 02.07.2013, 07:22

Hallo,
eine juristische Frage - so wie ich die Sache sehe kann und darf ein Dritter, in diesem Falle eine Kassenmitarbeiterin nicht eigenmächtig eine Erklärung verändern - kommt meiner Meinung nach schon in die Nähe von Urkundenfälschung, aber wie gesagt, eine juristische Frage.
Im übrigen sagt doch schon die Logik - wenn eine solche Ankreuzmöglichkeit besteht muss sie auch genutzt werden können.
Gruss
Czauderna
Zuletzt geändert von Czauderna am 03.07.2013, 07:25, insgesamt 1-mal geändert.

T.P.2013
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Beitragvon T.P.2013 » 02.07.2013, 15:59

Hallo,
danke für die Antwort.
Das sehe ich auch so, weshalb das nachträgliche Kreuz der SB für mich auch soweit unerheblich ist.

Gibt es, das ist für mich der eigentliche Punkt, irgendwelche gerichtlichen Entscheidungen, Erlasse oder Richtlinien, auf die ich mich beziehen kann, um in der Begründung des Widerspruchs darauf abzuzielen, dass die Forderung für den Zeitraum vor Beitritt in diesem Fall unzulässig ist?

Gruß
T.P.2013

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Beitragvon martin0815 » 02.07.2013, 16:16

muss hier nicht automatisch davon ausgegangen werden das keine Vorversicherung vorliegt, wenn selbst auf Nachfrage keine Angaben gemacht werden, und somit ab dem Datum des Zuzugs automatisch die Versicherungspflicht greift?

aber greift nicht auch die geplante Gesetzesänderung, die hier diskutiert wird: viewtopic.php?t=5723

also zusätzlich im Widerspruch mit Hinweis auf das neue Gesetz auch die Aussetzung der Vollstreckungsmaßnahmen beantragen?

heinrich
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Beitragvon heinrich » 02.07.2013, 19:56

Czauderna Czauderna,

du hast also in 40 Jahren Deiner beruflichen Tätigkeit noch niemals
nach einem Gespräch mit einem Kunden irgendwo ein Kreuzchen gemacht.

Bei Deiner KK kommen alle Fragebogen so exakt ausgefüllt zurück , dass dies nicht nötig ist

oder

schickt ihr jeden erdenklichen Fragebogen mit einer ausführichen Begündung zurück, wenn nur ein Kreuzlein fehlt.

Dass Du hier das Wort Urkundenfälschung nennt, finde ich doch erheblich übertrieben.

Wenn eine freiwillige Versicherung beantragt wurde und erst seit Ende letzten Jahres ein Aufenthalt in Deutschland vorliegt (aus einem Nicht-EU-Ausland) kann man doch auf den ersten Blick erkennen, dass die Vorversicherungszeit für eine freiwillige Versicherung NICHT erfüllt ist.

Der Mitarbeiter der KK (evt. Dein Kollege) hat es sicherlich sogar gut gemeint, dass der Versicherungswillige nicht extra einen neuen Bogen (Mitgliedschaftsanzeige nach § 5,1,13) ausfüllen muss, sondern hat den Antrag zur freiwilligen Versicherung in einen 5,1,13 Antrag (richtig Anzeige) umgedeutet.

heinrich
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Beitragvon heinrich » 02.07.2013, 19:58

t.p. 2013

warum war sie denn bereits versicherungspflichtig, wie Du schriebst

und warum denn jetzt nicht mehr.

Und für welche Zeit war dies der Fall

T.P.2013
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Beitragvon T.P.2013 » 02.07.2013, 21:34

Moin,

danke für die Antworten.

Versicherungspflichtig war sie von Anfang an, weil alle Voraussetzungen für die "Kralle" etwa 6 Wochen nach Einreise u.a. mit Erteilung der Aufenthaltsgenehmigung (länger als 1 Jahr gültig, Daueraufenth., keine Verpflichtungserklärung, keine vorherige Beamten- oder selbsständige Tätigkeit etc.) vorlagen. Sie musste also aufgenommen werden.

Und vericherungspflichtig iwar sie durchgehend seit diesem Zeitpunkt und ist sie natürlich auch jetzt noch. Die Mitgliedschaft bei einer GKV ist aber ja, wenn sie nicht durchh eine Arbeit sozialversicherungspflichtig wird, trotzdem ja bei der GKV eine "freiwillige Versicherung", auch wenn sie natürlich tatsächlich nicht freiwillig sondern durch die Versicherungspflichtigkeit erforderlich ist.

Ich seh das mit dem Kreuz der SB auch nicht so eng wegen der Veränderung der Urkunde, obwohl es natürlich unlauter ist, in dem Fragenblock noch eine zusätzliche Angabe zur bereits gemachten ("keine Angaben") anzukreuzen, zumal dies ja ein nicht unwesentliches und für die Vollständigkeit des Antrags absolut unnötiges Kreuz war.

Wie gesagt, ich behandle den Antrag auch bzgl. meines Widerspruchs so, als würde da ausschließlich "keine Angaben" angekreuzt sein, dagegen wird sich die GKV auch nicht wehren können.

Und deswegen meine Frage nach der Begründung meines Widerspruchs - weshalb bzw. aufgrund welcher Bestimmung können keine Beitragsrückstände wegen Nichtversicherung erhoben werden, wenn der Antragsteller zur Vorversicherung erklärt: "Keine Angaben".

Gruß

Rossi
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Beitragvon Rossi » 02.07.2013, 22:07

Niedlich mal wieder hier die Diskussion der Kassenfraktion.

Die Kassenfratkion geht noch immer davon aus, dass die sog. Bürgerversicherung (§ 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V) von einem sog. "Anzeigebogen" abhängig ist.


Wenn man in diesem sog. Anzeigebogen das falsche Kästchen ankreuzt, dann ist leider offensichtich Feierabend?

Meine bescheidene Auffassung dazu; es ist nicht Feierabend. Denn genau mit diesem Ankreuzubogen (falsches Kästchen angekreuzt / ich mache keine Angaben zur Vorversicherung) beginnt der sog. "Amtsermittlungsgrundsatz" für die Kassen.

Ich kann in dieser Konstellation nicht einfach die Klamotte zur Seite legen. Ich (die Kasse) muss vom Amts wegen bestimmen, wie ich jetzt weiter vorgehe. Einfach einen Schlußstrich ziehen geht nicht. Wenn ich es dennoch mache, dann muss ich mich als Kassenmitarbeiter nicht wundern, wenn ich die Beitragsaprüche verwirkt werden.

Lieber Günter; jetzt bitte keine Hiebe. Denn ist meine persönliche Auffassung dazu. Die Kassen müssen leider im Rahmen des Grundsatzes der Amtsermittlung etwas machen. Auch wenn es manchmal sehr schwer fällt. Dies ist mir bekannt.

Czauderna
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Beitragvon Czauderna » 03.07.2013, 07:30

Hallo Rossi, hallo Heinrich
@Rossi - wieso Hiebe - ich habe lediglich darauf hingewiesen, dass ein "Kreuz", welches nicht vom Unterzeichner einer Erklärung gesetzt wurde meiner Meinung nach nicht zulässig ist, vor allem dann, wenn sich daraus ggf. für den Betroffenen ein Nachteil ergibt, egal welcher Art.
@Heinrich - auch wenn du es nicht glaubst, aber das habe ich persönlich noch nie gemacht - wenn ich etwas ergänzt oder verändert habe, dann immer zusätzlich mit Datum und meiner Unterschrift (Handzeichen) und ggf. noch den Vermerk "nach Rspr. mit Versicherten" - und wieder gilt - ich schreibe für mich !.
Gruss
Czauderna

T.P.2013
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Beitragvon T.P.2013 » 03.07.2013, 16:35

Moin,
danke für Eure Anregungen dazu.
Ich werde dann den Widerspruch so begründen, dass nur das Kreuz bei "keine Angaben" maßgeblich ist und die KK entsprechend ihrer Regularien das Amtsermittlungsverfahren einleiten möge.
Zudem werde ich vorsorglich beantragen, bei negativem Bescheid die Vollstreckung auszusetzen mit Hinweis auf die demnächst sich ändernde Rechtslage.
Danke soweit,
Gruß

martin0815
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Beitragvon martin0815 » 03.07.2013, 17:30

könntest auch noch bis Freitag warten, da soll das neue Gesetz durch den Bundesrat, und wenn es da durch ist, fehlt nur noch die Unterschrift des Präsidenten, also weis man ab Freitag dann genaues... obwohl rechnen ja auch alle damit das es so durchgewunken wird....

CTG
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Beitragvon CTG » 04.07.2013, 20:27

Ich muss hier Czauderna zustimmen. Egal was die KAsse denkt, glaubt, meint oder gern hätte. Kreuzt jemand ein Kästchen an und unterschreibt dies darf es nicht einfach verändert werden. Und ja, strikt juristisch gesehen sind wir im Bereich der Urkundenfälschung.
Einfach woanders ein Kreuz setzen, vor allem gegen Willen des Kunden ist absolut nicht drin. Das die Praxis natürlich zum Teil anders aussieht ist eine andre Sache. Wenn man sich darüber dann natürlich nicht beschwert...
Aber hier liegt die Sache ja anders.

Dipling
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Beitragvon Dipling » 05.07.2013, 13:59

Das Gesetz u.a. zum Schuldenerlass der bisher Nichtversicherten hat den Bundesrat passiert und tritt zum 01.08.2013 in Kraft:


http://www.pressrelations.de/new/standard/result_main.cfm?pfach=1&n_firmanr_=108810&sektor=pm&detail=1&r=538260&sid=&aktion=jour_pm&quelle=0

T.P.2013
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Beitragvon T.P.2013 » 26.02.2014, 23:31

Hallo zusammen,

ich gebe jetzt mal ein Feedback mit dem Ausgang der Angelegenheit:

Ich habe dann, die Anregungen hier aufnehmend, im Juli noch einen Widerspruch gegen die nachträgliche Berechnung der "säumigen" Beiträge eingelegt.
Begründung grob: Willenserklärung der Antragstellerin unautorisiert verändert, dem erforderlichen Amtsermittlungsgebot nicht nachgekommen.

Zugleich habe ich darum gebeten, die formale Vollstreckung des möglichen negativen Widerspruchsbescheids so lange auszusetzen, bis das Schuldenerlassgesetz greift.

Bis Dezember kein Bescheid, ich habe natürlich die Füße erstmal stillgehalten.

Ende Dezember habe ich dann tatsächlich einen Bescheid darüber bekommen, dass mir die in Rede stehenden Beitragsschulden erlassen werden aufgrund des Beitragsschuldengesetzes.

Ich hatte zwar noch mit Problemen gerechnet, da ich ja nicht tatsächlich die Beiträge schuldete, sondern nur formal, da "unter Vorbehalt" gezahlt.

Ende Januar dann ist aber tatsächlich die Rücküberweisung der von mir unter Vorbehalt gezahlten Beiträge auf mein Konto erfolgt.

Also alles gut (was ich tatsächlich nicht so, relativ, problemlos erwartet hatte).

Möchte dies nur als Feedback und Ergebnis mitteilen und den hier beteiligten Foristen für die sehr hilfreichen Beiträge danken.

Also: Dank und Anerkennung!

Gruß


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