Das Gesetz zur Versicherungspfllicht:

Beitragssätze, Kassenwahlrecht, Versicherungspflicht, SGB V, usw.

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Beitragvon dij » 12.11.2008, 17:43

Rossi hat geschrieben:Dann ist der oben besagte letzte Halbsatz überflüssig.


Wieso? Ist er nicht, denn da gilt: Wer schon hat, der braucht nicht mehr. (Und kann statt dessen gegebenenfalls einen Tarifwechsel nach § 204 VVG k.F. durchführen.)

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Beitragvon Rossi » 12.11.2008, 20:50

Tja, nun denn, dann hat der Rossi wohl nen riesen Brett vor der Birne.

Fest steht, dass der Kunde hier bislang definitiv keinen Vertrag im Sinne von § 193 Abs. 3 VVG vereinbart hat, er wird doch erst jetzt wach und verlangt die Aufnahme im Basistarif.

Würde man Deiner Auffassung folgen, dann muss er rückwirkend einen Vertrag im Sinne von § 193 Abs. 3 VVG ab dem 01.01.2009 verlangen und dann anschliessend den Tarifwechsel in den Basistarif verlangen.

Dann beissen sich aber definitiv die Nr. 2 und Nr. 4 des Absatzes 5 bzw. ist die Nummer 2 überflüssig.


2. allen Personen mit Wohnsitz in Deutschland, die nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig sind, nicht zum Personenkreis nach Nummer 1 oder Absatz 3 Satz 2 Nr. 3 und 4 gehören und die nicht bereits eine private Krankheitskostenversicherung mit einem in Deutschland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmen vereinbart haben, die der Pflicht nach Absatz 3 genügt,


....


4. allen Personen mit Wohnsitz in Deutschland, die eine private Krankheitskostenversicherung im Sinn des Absatzes 3 mit einem in Deutschland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmen vereinbart haben und deren Vertrag nach dem 31. Dezember 2008 abgeschlossen wird,


Nee, dij, einer von uns beiden ist definitiv auf dem Holzweg. Gretchenfrage wer?!?!

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Beitragvon Rossi » 12.11.2008, 20:53

Was sagen den Experte 24 und DKV-Service-Center dazu. Ihr habt doch schon Schulungen hierfür gehabt. Was wurde euch dort verklickert!!

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Beitragvon Experte_24 » 12.11.2008, 21:06

Schulung ? Bin Autodidakt :-)

WAS nun konkret passiert, ist mir eigentlich egal. Ich verkaufe und mache keine Rechtsberatung.

Für mich ist wichtig dem unversicherten Kunden klar zu machen, dass es verdammt teuer wird, wenn nichts unternommen wird.

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Beitragvon Rossi » 12.11.2008, 23:11

Nun denn, ich verbleibe bei der von mir geposteten Auffassung und würde es auch durchziehen.

Aber wie war das noch, "vor Gericht und auf hoher See weiss man nie wo die Reise hingeht"!!!

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Beitragvon dij » 13.11.2008, 02:54

Nee, nee ...

Also stellen wir uns mal jemanden vor, der nicht der GKV zuzuordnen ist (zuletzt privat krankenversichert beispielsweise) und deshalb nicht der dortigen Nr.-13-Versicherungspflicht unterliegt. Er ist auch sonst nicht versichert und unternimmt nichts, um das zu ändern.

Am 15. 9. 2009 erleidet er einen schweren Unfall (aber nicht in Ausübung einer Tätigkeit, bei der er unfallversichert ist; und es gibt auch keinen Schuldigen, den er in Regreß nehmen könnte; usw.), kommt ins Krankenhaus und wird dort akut behandelt. Er nimmt das zum Anlaß, sich nun doch einmal um eine Absicherung zu kümmern, und zwar umgehend. Er stellt also einen Antrag auf Basistarif bei dem Krankenversicherer XY.

Nach § 193 Abs. 4 VVG (Fallgruppe Nr. 2 in Satz 1) muß die XY ihn aufnehmen. Er ist somit im Basistarif versichert. Dafür bezahlt er den seinem Alter entsprechenden Monatsbeitrag, sagen wir 500 Euro; außerdem zahlt er einmalig 3250 Euro gemäß § 193 Abs. 3 (sechs volle Monatsbeiträge und dreimal ein Sechstel eines Monatsbeitrags).

Für ihn läuft dann eine Wartezeit gemäß den (noch nicht veröffentlichten) Bedingungen für den Basistarif, maximal drei Monate allgemein und acht Monate für bestimmte Bereiche, wie in § 197 Abs. 1 VVG festgelegt. Behandlungen in der Wartezeit reguliert die XY nicht, erst ab Mitte Dezember anfallende Behandlungskosten (in den allgemeinen Bereichen) werden also übernommen, wenn der PKV-Verband die Möglichkeiten voll ausnutzt. – Die Behandlung der Unfallfolgen wird allerdings gar nicht übernommen, da dieser Versicherungsfall bei Abschluß der Versicherung schon eingetreten war; auch dann nicht, wenn die Behandlung länger als die Wartezeit dauern sollte. Hierfür muß er, genau wie bisher, sein Vermögen einsetzen und ist, wenn es aufgebraucht ist, auf Sozialhilfe angewiesen.

Rossi hat geschrieben:Würde man Deiner Auffassung folgen, dann muss er rückwirkend einen Vertrag im Sinne von § 193 Abs. 3 VVG ab dem 01.01.2009 verlangen


Nein, keine Rückwirkung! Er ist dann einfach nicht versichert für die Zwischenzeit.

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Beitragvon DKV-Service-Center » 13.11.2008, 08:50

toll,
was sage ich dazu :-)

z.Z. stehe ich hinter dij, allerdings ist das mit den Wartezeiten noch nicht 100% ig klar. Da es solche Fälle ja nicht geben wird :-) muss ich erst nochmal nachschauen , dann lehne ich mich aus dem Fenster.
Gruß

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Beitragvon Rossi » 13.11.2008, 08:56

Also, die Klamotte mit der Rückwärtsversicherung haut mich komplett von den Socken. Kann niemals teleologische Auslegung des Gesetzes sein. Dann kann man die Versicherungspflicht ab dem 01.01.2009 überwiegend übern Haufen werfen. Sie macht im Ansatz keinen Sinn.

Die Wartezeiten sind völlig okay, in § 195 VVG ist nämlich nichts abweichendes (keine Wartezeiten) geregelt.

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Beitragvon dij » 13.11.2008, 15:38

Rossi hat geschrieben:Also, die Klamotte mit der Rückwärtsversicherung haut mich komplett von den Socken. Kann niemals teleologische Auslegung des Gesetzes sein. Dann kann man die Versicherungspflicht ab dem 01.01.2009 überwiegend übern Haufen werfen. Sie macht im Ansatz keinen Sinn.


Tja, wie gesagt, der Gesetzgeber hätte schärfer durchgreifen können, um die Unversicherten nachdrücklicher in eine Versicherung zu drängen. Hat er aber nicht.

Eine Rückwirkung zu erzwingen, dürfte verfassungsrechtlich auf arg wackligen Beinen stehen. Im Gegensatz zu den Krankenkassen sind die Unternehmen der PKV Grundrechtsträger, und schon die jetzt vorgesehenen Regelungen u.a. zum Basistarif gehen ihnen entschieden zu weit (PKV-Unternehmen reichen Verfassungsbeschwerde gegen Gesundheitsreform ein, Pressemitteilung des PKV-Verbands vom 27. März).

Eine kleine Korrektur noch, der einmalige Zuschlag in meinem obigem Fall wäre rund 83 Euro niedriger, weil der erste Monat nicht mitzählt.

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Beitragvon Rossi » 13.11.2008, 18:25

jooh, dat Ding´n iss doch kalter Kaffee.

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Beitragvon Rossi » 13.11.2008, 23:47

Also nu mal tacheles, dij!

Du willst mir nachfolgendes verkaufen:

Ein Kunde ist bislang nicht versichert, gehört allerdings zum Kundenkreis der privaten KV. Er ist somit definitiv ab Januar 2009 versicherungspflichtig in der PKV.

Er zeigt die Versicherungspflicht jedoch nicht sofort an.

Im Mai 2009 muss er sich einer stationären Behandlung aufgrund einer Krebserkrankung unterziehen.

Im Juni 2009 zeigt er seine Versicherungspflicht der PKV an und verlangt die Aufnahme im Basistarif.







Und nu kommt Dein Ergebnis:


Es handelt sich um eine Rückwärtsversicherung im Sinne von § 2 VVG, obwohl er ja ab dem 01.01.2009 versicherungspflichtig ist.

Da der Versicherungsfall schon eingetreten ist (Krebserkrankung), muss der Versicherer die Kosten für den derzeitigen Krankenhausaufenthalt und die Folgekosten nicht übernehmen.

Fazit; er steht ganz schön übel dar und ist für diese Krankheit nicht versichert.

Auf der anderen Seite zahlt er nicht nur ab Januar 2009 den regulären Beitrag, sondern noch einen Prämienzuschlag - insgesamt das doppelte - und bekommt nichts. Weder für die laufende Behandlung; noch für die folgenden Behandlungen.

Sorry, dij - meines Erachtens - ganz klar die Intention des GKV-WSG nicht verstanden.

In der Präambel zum GKV-WSG steht es schon: In einem modernen Sozialstaat ist es nicht hinnehmbar, dass eine Vielzahl von Bürgern nicht versichert ist


So einen Fall haben wir hier aber, wenn man Deiner Auslegung folgt!!!

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Beitragvon dij » 14.11.2008, 00:16

OK, das Problem ist der Begriff „Versicherungspflicht“, der im Bereich der Sozialversicherung etwas anderes bedeutet als hier im VVG.

Hier erlegt der Gesetzgeber nur dem Einzelnen die Pflicht auf, sich um eine Versicherung zu kümmern. Tut er es nicht, gibt es keinen Automatismus für das Entstehen eines Versicherungsvertrags. Deshalb sind auch Begriffe wie „die Versicherungspflicht anzeigen“ irreführend. Beleg dafür ist etwa, daß es keine Regelungen zur „Zuständigkeit“ eines bestimmten Versicherers gibt.

Ein bißchen deutlicher wird es vielleicht, wenn man nicht das SGB, sondern das PflVG mit der Pflicht-Haftpflichtversicherung für Autohalter zum Vergleich heranzieht. Da heißt es (§ 1): „Der Halter ... ist verpflichtet, ... eine Haftpflichtversicherung ... abzuschließen und aufrechtzuerhalten ...“ – genau die Formulierung des § 193 VVG! Und dann heißt es in § 6 PflVG: „Wer ein Fahrzeug ... gebraucht ..., obwohl für das Fahrzeug der nach § 1 erforderliche Haftpflichtversicherungsvertrag nicht oder nicht mehr besteht, wird ... bestraft.“ Wäre die PflVG-Versicherungspflicht eine Versicherungspflicht im „SGB-Stil“, könnte sich niemand jemals strafbar machen deswegen, schließlich bestünde ja immer automatisch eine, wenn auch vielleicht noch nicht angezeigte, Versicherung. Aber tatsächlich ist es eben nicht so, sondern wenn jemand gegen die gesetzliche Vorschrift verstößt und keine Versicherung abschließt, besteht halt keine.

Im VVG fehlt nur die Strafvorschrift, was auch logisch ist, weil ein nicht Krankenversicherter nur sich selbst (und seine Familie) in Schwierigkeiten bringt. Eine Ordnungswidrigkeit hätte der Gesetzgeber hingegen sicherlich vorsehen können, hat er aber bislang noch nicht.

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Beitragvon dij » 14.11.2008, 00:22

Rossi hat geschrieben:Auf der anderen Seite zahlt er nicht nur ab Januar 2009 den regulären Beitrag


Nein, nein, den zahlt er natürlich erst ab Bestehen der Versicherung, also in meinem Beispiel ab Mitte September.

Die gut 3000 Euro (einmalig!!) sind aus seiner Perspektive eine Art Buße dafür, daß er ein Dreivierteljahr lang die Pflicht vernachlässigt hat, sich zu versichern – ein Dreivierteljahr, in dem er sonst gut 4500 Euro Gesamtbeitrag bezahlt hätte.

Rossi hat geschrieben:und bekommt nichts. Weder für die laufende Behandlung; noch für die folgenden Behandlungen.


Nicht für den Unfall, der schon stattgefunden hat. Aber wird bei ihm im November Krebs diagnostiziert, wird für dessen Behandlung (ab Ablauf der Wartezeit) gezahlt.

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Beitragvon Rossi » 14.11.2008, 00:26

Okay, habe ich natürlich verstanden.

Aber dann kommt die Einschränkung des § 195 Abs. 5 VVG.

Hiernach ist die ausgwählte private Versicherung verpflichtet Schutz im Basistarif anzubieten.

Und genau dort gehen die Wege auseinander!!!

Gibt es eine so ähnliche Vorschrift im Bereich der KFZ-Haftpflichtversicherung? Ich habe sie bislang nicht gefunden, Du?!?!

Die Klamotte hinkt!!

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Beitragvon dij » 14.11.2008, 00:32

Rossi hat geschrieben:Gibt es eine so ähnliche Vorschrift im Bereich der KFZ-Haftpflichtversicherung? Ich habe sie bislang nicht gefunden, Du?!?!


Klar, gibt es! :mrgreen: § 5 PflVG, vor allem dessen Abs. 2: „Die im Inland zum Betrieb der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung befugten Versicherungsunternehmen sind verpflichtet, den in § 1 genannten Personen nach den gesetzlichen Vorschriften Versicherung gegen Haftpflicht zu gewähren.“


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